
Seit Jahren wird über neue Wohnmobilstandorte in Gerolzhofen diskutiert. Im Stadtgebiet gibt es mit dem Parkplatz an der Grund- und Mittelschule an der Ecke Schallfelder Straße/Lülsfelder Weg bislang nur eine Fläche, die über eine Ver- und Entsorgungsstation für Strom, Wasser und Abwasser sowie Toiletten verfügt. Zusätzlich existieren Stellflächen auf dem Parkplatz an der Berliner Straße.
Geht es nach der Gesellschaft "Regio Tourismus Marketing", bietet die Stadt weitaus mehr Potenzial für diese Touristen. "Für Kommunen ist das eine echte Chance, und Gerolzhofen ist eine schöne und grüne Region", meint Experte Christopher Feuerlein. Der Reisemobilexperte stellte dem Stadtrat seine Ideen vor, wie die Stadt an dem Wohnmobil-Boom partizipieren könnte.
Feuerlein kennt die Branche gut, weil er zugleich Geschäftsführer von Alpacacamping ist. Das im Oberschwarzacher Marktgemeindeteil Mutzenroth angesiedelte Unternehmen ist einer der bekannten Anbieter gerade für kleine Stellplätze in der freien Natur. Über 4000 private Wohnmobilstellplätze sind auf dem Online-Portal zu finden.

Warum ist Reisemobiltourismus so attraktiv?
Gerolzhofen könnte neue Zielgruppen erschließen, die laut dem Fachmann recht kaufkräftig sind (44 Prozent verdienen mehr als 3000 Euro netto); sie würden zwar meist nur einige Tage, dafür aber gleich mehrmals im Jahr verreisen. Nach seinen Berechnungen geben Wohnmobilisten 100 Euro pro Tag aus. Zugleich könnte man mit offiziellen Flächen in der freien Natur das Wildcampen eindämmen. Eine Konkurrenz zu Ferienwohnungen, Pensionen und zur Gastronomie sieht er nicht.
Wie sieht das grundsätzliche Konzept aus?
Bei einer Analyse von "Regio Tourismus Marketing" haben sich sechs Favoriten herauskristallisiert. Fünf sind als Einzelstellplätze in der freien Natur aufgelistet, die nicht für einen längeren Aufenthalt geeignet sind, sondern für ein bis zwei Übernachtungen.

Zusätzlich soll ein weiterer Stellplatz mit Ver- und Entsorgungsstation ausgebaut werden: Feuerlein empfahl dem Stadtrat dafür den Parkplatz an der Berliner Straße, der jetzt schon Stellmöglichkeiten für Wohnmobile im nördlichen Bereich bietet, aber nicht über eine derartige Station verfügt. Vorteil dieses Platzes: die Nähe zum Freizeitbad Geomaris und zur Altstadt.
Welche fünf Naturstellplätze sind in Gerolzhofen denkbar?
Als geeignet für Natur-Stellplätze erscheinen Feuerlein die Grünflächen am Reit- und Fahrvereingelände sowie am Pavillon des Weinbauvereins unweit der Gertraudiskapelle; auch am Areal des Hundevereins und am Sportheim Rügshofen sind Wohnmobilplätze möglich; ebenso geeignet erscheint ihm eine baumbestandene Wiese in der Verlängerung zur Kaplan-Jäger-Straße, die zur Wohnbebauung an der Bibrastraße angrenzt. Diese nennt er eine "kleine Oase".

Wie könnten diese Plätze gebucht werden?
Die Buchung soll über die Internetseite von Alpacacamping und eine "digitale Landing-Page" erfolgen. Dort könnten Touristen zugleich Zusatzinformationen zum Beispiel zum Geomaris, zu Winzern und zur Gastronomie erhalten. Einen Vertrag mit dem Unternehmen muss die Stadt nicht abschließen, teilte Feuerlein auf Nachfrage von Martin Zink (Freie Wähler) mit. Auch wäre eine Buchung nicht nur im Internet, sondern auch an einem Kassenautomaten möglich.

Mit welchen Kosten müsste die Stadt rechnen?
Laut Christopher Feuerlein wäre zunächst nur der Ausbau des Parkplatzes an der Berliner Straße eine größere Investition, wobei diese sich nach seiner Kostenschätzung mit rund 25.000 Euro im Rahmen hält. Zudem wären vorbereitende Arbeiten des Bauhofs nötig. Bei den Naturstellplätzen müssten manche Plätze lediglich etwas befestigt und Schilder aufgestellt werden.

Welche Einnahmen kann die Stadt erzielen?
Die Stadt kann die Stellplatzgebühren selbst festlegen. Bei 20 Belegtagen pro Jahr und Platz rechnet Feuerlein mit Einnahmen für die Stadt aus der Vermietung der Einzelstellplätze in der Natur von 16.800 Euro. Er geht dabei von einer Gebühr von 15 Euro pro Fahrzeug/Nacht aus. Für die Berliner Straße (mit 14 Plätzen) schlägt er 14 Euro vor. Dort könnten, bei einer Belegung von jeweils 40 Tagen, zusätzlich rund 58.800 Euro in die Stadtkasse gespült werden.
Durch gute Bewertungen auf Internetportalen sind in den Folgejahren aber höhere Buchungszahlen erreichbar. Alpacacamping selbst bekäme bei jeder Onlinebuchung 25 Prozent (Naturplätze) beziehungsweise 2,90 Euro (Berliner Platz) von der Stellplatzgebühr.

Wer würde die Stellplätze betreuen?
Stadtrat Arnulf Koch (CSU) hatte danach gefragt, ob sich der Bauhof um die Stellplätze kümmern müsste und weitere Kosten auf die Stadt zukämen, zum Beispiel für Müllentsorgung sowie Pflege der Plätze. Der Tourismus-Experte hält dafür Kooperationen mit Vereinen für ideal. Sie könnten bei den Gebühren mitprofitieren und so neue Einnahmen generieren. Erste Gespräche mit Vereinen laufen bereits.
Können auch Wohnwagen die Stellplätze nutzen?
Prinzipiell wäre das möglich. Jedoch hält Feuerlein das Rangieren am Parkplatz an der Berliner Straße für schwierig. Die meisten Kommunen böten zu "99 Prozent" keine Wohnwagenstellplätze an, sondern setzen voll auf Wohnmobile.

Was würde mit dem bisherigen Stellplatz an der Schule passieren?
"Man muss ihn nicht abschaffen", stellte Feuerlein hierzu fest. Es reiche, den Platz an der Grund- und Mittelschule auf digitalen Plattformen nicht mehr zu bewerben. Dann würden die Touristen automatisch die neuen Stellplätze anfahren.
Wie beurteilen die Stadträte das Konzept?
Durchweg positiv. Markus Reuß (CSU) sieht es als "große Chance, dass Gerolzhofen da mitspielt". Auch zweiter Bürgermeister Erich Servatius (SPD) begrüßt das Vorhaben, ebenso Günter Iff (Freie Wähler). Gut nennt auch Kerstin Krammer-Kneissl (Geo-net) die Pläne, sie äußerte jedoch ihre Bedenken im Hinblick auf die Plätze am Pavillon und an der Kaplan-Jäger-Straße. "Die sind zwar schön, aber man muss nicht alles machen, was schön ist."
Wie geht es jetzt weiter?
Falls schon 2025 mehr Wohnmobil-Touristen kommen sollen, muss der Stadtrat sich sputen. Christopher Feuerlein nannte Dezember als spätesten Termin für eine Entscheidung, damit die Umsetzung rechtzeitig bis zum Start in die neue Saison zu schaffen ist. Bürgermeister Thorsten Wozniak (CSU) kündigte einen zeitnahen Beschluss an, "damit wir im Frühjahr beginnen können".