
Ihre Zeit und ihre Zuwendung schenken die Frauen seit 45 Jahren den psychisch kranken Menschen: Mit ihren regelmäßigen Besuchen bei den Langzeitpatienten in den Bezirks-Pflegeheimen auf dem Schlossgelände von Werneck (Lkr. Schweinfurt) sind die ehrenamtlichen Helferinnen des Sozialdiensts katholischer Frauen (SkF) nicht nur für die Patienten da. Sie bereichern mit ihren Diensten auch sich selbst.
Berührungsängste kennen die zehn Frauen nicht, die sich alle 14 Tage im Schlosshof von Werneck treffen, um am Nachmittag die Kranken zu besuchen. Es sind meist ältere, aber auch jüngere Menschen, die wegen einer chronisch psychiatrischen Erkrankung ihr Leben nicht mehr selbstständig bewältigen können und Pflege brauchen. Im Albert-Schweitzer-Haus und bislang auch im Haus Erthal, beides Einrichtungen des Bezirks Unterfranken, werden diese Menschen betreut.

Viele von ihnen bekommen keinen Besuch mehr, weil es keine Verwandten mehr gibt oder sie wegen ihrer Erkrankung "vergessen" wurden, erklärt Doris Engelhardt, die Geschäftsführerin des Sozialdienstes in Schweinfurt. Umso nötiger ist der Besuchsdienst.
Der SkF hat ihn vor fast 50 Jahren eingerichtet, damit die psychisch Kranken Abwechslung in ihrem Alltag, soziale Begegnungen und persönliche Gespräche erfahren. Und vor allem Momente der Freude, des Lachens, des gemeinsamen Singens. Kurz: des Menschseins.
Es kann lange dauern, bis die Patienten Vertrauen haben
Seit stattlichen 42 Jahren besucht beispielsweise Christine Wagenhäuser aus Schonungen regelmäßig die Pflegeeinrichtung auf dem Wernecker Schlossgelände. "Mit einer Angehörigen, die längere Zeit hier war, bin ich damals immer im Park spazieren gegangen", erzählt sie. Dabei sei sie oft von Patienten angesprochen worden, die Ansprache suchten. Nach der Gesundung ihrer Angehörigen habe sie sich vorgenommen, sich zu engagieren und per Zufall die Annonce des SkF gesehen, sagt Wagenhäuser. Der Sozialdienst suchte damals Ehrenamtliche.
"Am Anfang war der Besuch hier für mich schon sehr anstrengend", denkt sie zurück. "Aber es war und ist auch so schön. Und man erfährt so viel Dankbarkeit".
Dass es lange dauert, bis die Patienten Vertrauen zu den Besucherinnen fassen, ergänzt die Schweinfurterin Brigitte Pfeuffer, die schon seit 41 Jahren ins Albert-Schweitzer-Haus kommt. "Und man darf nichts erwarten", schiebt Sabine Finke nach, die sich seit 2005 engagiert. "Wir richten uns bei dem, was wir machen, nach den Personen."
Nichts erwarten, einfach da sein: "Jeder hier hat seine eigene Geschichte"
Manche Patientinnen und Patienten würden von früher erzählen, von ihrem Beruf, ihrem Auto oder einem Urlaub, sagt Christine Wagenhäuser. "Viele genießen es, wenn man einfach neben ihnen sitzt und ihre Hand hält", schildert Karin Kern. "Jeder hier hat seine eigene Geschichte", sagt Inge Weigand, Ansprechpartnerin der Besuchsgruppe.
Gemeinsam mit Wagenhäuser geht Weigand in die geschlossene oder geschützte Abteilung des neu gebauten Albert-Schweitzer-Hauses zu den Bewohnern. Diese sind mit richterlichem Beschluss hier.
Bereits im Flur sitzt eine Patientin teilnahmslos auf dem Sofa. Die beiden Besucherinnen nehmen sie mit aufmunternden Worten mit in den Aufenthaltsraum. Hier sitzen die meisten der 26 älteren Patienten dieser Station, jeder und jede wird mit Namen und Handschlag begrüßt. Manche lassen sich herzlich umarmen.
Es wird gespielt, ein bisschen geturnt, im Flur auf und abgegangen
Eine Frau winkt und ruft laut, als die beiden Laienhelferinnen kommen. "Sie erkennt uns gleich", freut sich Christine Wagenhäuser. Das sei nicht bei allen Bewohnern der Fall. Die beiden Besucherinnen erzählen ganz offen von sich, fragen die Patienten nach Ereignissen oder Personen, nehmen sie an der Hand oder gehen mit ihnen, oft mit Rollator, im Flur auf und ab. Sie nehmen sie ernst - und hören zu.

"Früher, im Altgebäude, wurde in einem Nebenraum auch viel geraucht", erinnert sich Christine Wagenhäuser. Das sei jetzt weniger geworden und mit dem kleinen Innenhof im neuen Haus viel besser zu handhaben.
Mit zwei Patientinnen unternimmt Inge Weigand kleine Turnübungen im Sitzen: mit den Händen, den Fingern oder den Füßen. Sie verpackt ihre Anleitungen in kleine Geschichten von der Apfelernte, ermuntert die Frauen, nicht locker zu lassen. "Aber viele Patienten wollen einfach ihre Ruhe haben."
Besuche in der offenen Pflegestation - und in der geschützten Abteilung
Ein Stockwerk höher, in einer offenen Pflegestation mit auch jüngeren psychisch Kranken, spielen die anderen SkF-Besucherinnen an zwei Tischen "Mensch ärgere dich nicht". Man plaudert zwischen den Würfen, die Frauen regen die Mitspieler zum Mitdenken an. Sie wissen, was ihnen guttut, was sie spielen möchten und was nicht, mit wem sie am Tisch sitzen wollen und mit wem nicht.

Für das Pflegepersonal ist der Besuch der SkF-Laienhelferinnen eine Entlastung. Die Besucherinnen nehmen auch an den Festen oder Geburtstagen, die das Personal arrangiert, teil. Und sie begleiten die Bewohner auch auf ihrem letzten Gang, bei ihrer Beerdigung.