Regale, ein Bett und ein Kleiderschrank sowie ein eigener Kühlschrank: Im Sankt Raphaelsheim am Haugerring 9 in Würzburg finden wohnungslose Frauen seit Januar 2022 nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern auch intensive Unterstützung.
"Frauenobdach Plus" nennt sich das besondere Modellprojekt, für das die Stadt Würzburg mit den Oberzeller Franziskanerinnen kooperiert. Das Besondere: Die sozialpädagogische Begleitung der untergebrachten Frauen geht deutlich über die Grundleistungen hinaus, zu denen jede Kommune verpflichtet ist. Mit 51 000 Euro wird das Modellprojekt aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert. Zudem gibt es finanzielle Unterstützung in Höhe von 23 000 Euro aus der Stiftung Obdachlosenhilfe Bayern. Diese Mittel werden unter anderem für die Ausstattung der Unterkunft sowie für Freizeitangebote, medizinisches Material oder auch die Schulung Ehrenamtlicher verwendet.
Schon vor zwei Jahren hob die Stadt Würzburg das Thema Obdachlosigkeit ganz oben auf die Agenda. Mit zunehmender Wohnraumnot sei auch die Zahl derer gestiegen, die zeitweise ohne ein Dach über dem Kopf leben, "auch, weil sie dem Wettbewerb auf dem Markt nicht standhalten können", so die Sozialreferentin der Stadt Würzburg, Hülya Düber. Es sei ihr deshalb ein großes Anliegen, dass die Stadt Würzburg sich in diesem Bereich nachhaltig für die Zukunft aufstelle.
Die ideale Kooperationspartnerin gefunden
Auf der Suche nach Kooperationspartnern kam das Kloster Oberzell ins Gespräch, zumal sich eine passende Immobilie abzeichnete, das Sankt Raphaelsheim, das im Besitz der Oberzeller Franziskanerinen ist. "Wir sind froh für, die vulnerable Personengruppe obdachloser Frauen in Würzburg eine Partnerin gefunden zu haben, die sich in diesem Metier auf Expertise und Erfahrungen berufen kann", so Düber. Die Situation der betroffenen Frauen werde durch die fachliche Begleitung deutlich verbessert.
Die Kongregation vermietet zwei Stockwerke an die Stadt, die sogenannten Verfügungswohnraum bereitstellen muss. Bisher, so Düber, waren Frauen und Männer in der städtischen Notunterkunft in der Sedanstraße in Würzburg zwar in getrennten Wohnbereichen, aber in einem Gebäudekomplex untergebracht. Dies sei für viele Frauen aufgrund ihrer Lebensgeschichte problematisch gewesen. Im Sankt Raphaelsheim stehen nun für wohnungslose Frauen 19 Einzelzimmer und zwei separate Wohneinheiten zur Verfügung. Es gibt Gemeinschaftsküchen, Aufenthalts- und Büroräume. Eigentlich, erklärt Düber, sollte eine Unterbringung nur vorübergehend erfolgen, die angespannte Lage des Wohnungsmarktes der Stadt Würzburg habe aber leider meistens einen längerfristigen Aufenthalt zur Folge.
Ein Platz in der Mitte der Gesellschaft
Betreiberin der Unterkunft, und somit verantwortlich für die ordnungsrechtliche Unterbringung sowie sicherheitsrechtliche Belange, ist die Stadt Würzburg. Für die grundlegende sozialpädagogische Begleitung, zu der jede Kommune verpflichtet ist, beauftragte die Stadt den Fachbereich Frauen der Oberzeller Franziskanerinnen.
"Ich bin stolz und froh, dass wir mitten in der Stadt neuen Wohnraum für obdachlose Frauen schaffen konnten. Denn alle Menschen sollen in der Mitte unserer Gesellschaft einen Platz haben. Für besonders Bedürftige einzustehen, ist eine zentrale kommunale und kirchliche Aufgabe", sagte Generaloberin Schwester Katharina Ganz bei einem Ortstermin und bedankte sich bei Vertretern und Vertreterinnen der Stadt Würzburg für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen Monaten.
Durch das Engagement der Leiterin des Fachbereichs Frauen, Karola Herbert, konnte das Betreuungskonzept "Obdach Plus" iniitiert werden. Außer Wohnraum und Grundversorgung gibt es für die wohnungslosen Frauen Gesprächsangebote, Freizeitgestaltung, Hilfe in der Haushaltsführung und bei der Körperhygiene, Training im Umgang mit PC und sozialen Medien, medizinische Beratung und einiges mehr.
Es handelt sich um ein freiwilliges Angebot für die Frauen
Wie die Generaloberin berichtete, teilen sich vier Mitarbeiterinnen die Vollzeitstelle für diese intensive Begleitung. Ihr wesentliches Ziel: zu den untergebrachten Frauen Kontakt herstellen, ihr Vertrauen gewinnen, Beziehungen aufbauen und ihnen eine Perspektive bieten. Wichtig sei aber auch, dass nichts erzwungen werden soll. "Es handelt sich um ein für die Frauen freiwilliges und niederschwelliges Angebot", so Katharina Ganz.
Die erfahrenen Sozialpädagoginnen helfen den Frauen auch nachhaltiger bei der Wohnungssuche oder planen gemeinsame Essensangebote, um das Sozialverhalten zu stärken – alles Hilfestellungen, um wieder ein Leben an einem festen Wohnort aus eigener Kraft zu ermöglichen. Denn: "Nur über den Aufbau von Beziehung kann Veränderung einsetzen", betonte Karola Herbert. Oftmals sei das Vertrauen in Bezugspersonen bei den Betroffenen verletzt worden. Mietschulden, Arbeitsplatzverlust, Entlassung aus der Justizvollzugsanstalt, psychische Erkrankung, Sucht oder schwere Schicksalsschläge führten dazu, dass Menschen obdachlos werden. "Daher bedarf es ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen", so Herbert.
Erfreut zeigte sich die Generaloberin auch, dass mit Susanne Göckelmann eine sehr erfahrene Sozialpädagogin die Betreuung der Bewohnerinnen übernimmt. Die langjährige Mitarbeiterin leistet die Basisbegleitung der Frauen vor Ort und arbeitet eng mit der städtischen Fachstelle Wohnungsnotfallhilfe zusammen.
Zusammenleben mit Studentinnen und Schwestern der Kongregation
Außer den wohnungslosen Frauen leben im Sankt Raphaelsheim noch Studentinnen. Geplant ist auch eine Wohngemeinschaft von Oberzeller Schwestern mit Gleichgesinnten. Die Ordensfrauen werden die Atmosphäre des Hauses mitprägen und wollen sich ehrenamtlich mit ihren Begabungen einbringen.
Das Modellprojekt "Frauenobdach Plus", so hebt die Generaloberin hervor, stehe ganz im Zeichen von Antonia Werr, der Würzburgerin, die 1855 die Kongregation der Oberzeller Franziskanerinnen gründete. Gemäß ihres Sendungsauftrages soll Frauen in benachteiligenden Lebenssituationen zur Seite gestanden werden, was auch Karola Herbert betont: "Wir begegnen den Frauen mit Respekt und Wertschätzung und wollen ihnen eine Chance bieten."
Obdachlosen Frauen verdanken gleich sechs "Herrschaften mit Obdach" ein Gruppenbild für die Zeitung. Das ist clevere PR. Da könnte sich eine bis vor kurzem obdachlose Frau in ihrer Unterkunft ein bisschen wie "missbraucht" vorkommen. Warum nicht ein Bild von einer Bewohnerin in ihrer neuen "Unterkunft" , unscharf oder von hinten ?
Diesen Kommentar finde ich überzogen. Wieso PR? Die Damen verkaufen doch nichts. Und vielleicht möchte die von Ihnen voprgeschlagene obdachlose Frau gar nicht in die Zeitung, auch nicht unscharf publiziert...
In meinen Augen ist das ein sehr sinnvolles Projekt, allen Förder*innen ein Kompliment für die gute und leider notwendige Arbeit!