Die Passion 2024 in Sömmersdorf ist Geschichte: 18 Vorstellungen in zwei Monaten, Regengüsse und Hitzewellen, Emotionen und Spannung auf der Freilichtbühne und begeisterte 28.500 Zuschauer. Standing Ovations begleiteten auch die letzte Aufführung am vergangenen Sonntag. Für 400 Schauspieler endete eine anstrengende Zeit.
Am Tag nach der Abschlussvorstellung klingt nicht nur die Stimme des Jesus-Darstellers Tobias Selzam etwas angegriffen. Mit ihm sind sein Bruder Christoph, der Händler Datan, mit seinen Kindern sowie viele andere Schauspieler und Helfer ans Bühnengelände zum Aufräumen gekommen, einige noch sichtbar müde. "Ein paar Stunden Schlaf" habe er nach der Abschlussfeier schon bekommen, grinst Tobias Selzam. Am alten Sportplatz weit außerhalb des Dorfes, in "Emmaus", wurde die Nacht durchgefeiert.
Bart wurde bei der Schlussfeier unter Jubel abrasiert
"In Emmaus endet unsere Geschichte nach der Auferstehung, und Emmaus heißt Quelle oder Ort vor Jerusalem, wo gemeinsam getrunken wird", ergänzt Norbert Mergenthal. Der Co-Vorsitzende des Vereins Fränkische Passionsspiele und einer der beiden Kajaphas-Darsteller gibt am Catering-Gelände bereits Anweisungen. Der Bart ist schon ab, traditionell wurde er bei der Schlussfeier unter dem Jubel der Sömmersdorfer abrasiert.
"Es war einfach eine traumhafte Zeit", blickt er zurück. "Woche für Woche war ein Geschenk", meint er sichtlich berührt. Zu erleben, wie die Gemeinschaft funktioniert, wie alles zusammenhält, wie jeder ehrenamtlich mit anpackt, das sei wunderbar.
Dickes Lob von Bayerns Innenminister Herrmann
Das Feedback der Zuschauer gibt ihm recht: Von der professionellen, leidenschaftlichen Leistung der Schauspieler, über das Bühnenbild, die Musik und den Gesang bis zum kulinarischen Angebot, dem einladenden Ambiente und der Verkehrsregelung gab es nur Lob. Bayerns Innenminister Hermann schickte nach seinem Besuch sogar noch einen Dankesbrief, in dem er die spürbare Leidenschaft der Sömmersdorfer hervorhebt. Und dass das Passionsspiel zu Recht als "Immaterielles Kulturerbe Bayerns" ausgezeichnet ist.
Die moderne Inszenierung der Regisseure Silvia Kirchhof und Kai Christian Moritz gefiel auch den meisten geistlichen Würdenträgern. "Gestern war Weihbischof Paul Reder mit dem emeritierten Bischof Hofmann hier. Sie waren begeistert, wie die Passion bei uns gezeigt wurde, etwa auch mit den Frauen am Abendmahlstisch", erzählt Mergenthal.
Wettertechnisch war die Spielsaison "für uns Schauspieler eigentlich immer feucht", meint er ironisch: Entweder es war heiß und alle mussten schwitzen oder es regnete. Auch am letzten Tag musste die Vorstellung wegen Starkregens unterbrochen werden. Das Publikum, das unter dem Dach trocken saß, nahm es gelassen hin.
Steinige Vorbereitungszeit und Probleme mit der Technik
Im Rückblick verweist der Co-Vorsitzende auf eine "steinige Vorbereitungszeit". Entspannung sei bei ihm erst eingetreten, als am 18. Juni, wenige Tage vor der Premiere, durch den gerichtlichen Vergleich mit klagenden Nachbarn klar war, dass 18-mal gespielt werden darf.
"Durch die limitierten Proben hat es aber zwei bis drei Vorstellungen gedauert, bis die Technik auch richtig saß", weiß Mergenthal angesichts von Rauschen oder Ausfällen bei den Mikros. Seinem Tonmeister Joachim Lutz zollt er dennoch höchsten Respekt.
Unter anderem mussten die 32 Mikrofone gewechselt und an andere Sprechrollen weitergegeben werden. "Mal sprach da ein lautes, mal ein leises Kind". Knapp 100 Kinder tummelten sich auf der Bühne, 37 davon in Sprechrollen. Eigentlich waren nur zehn vorgesehen, aber um kein Kind zu enttäuschen, durften alle einige Sätze sagen. "Sie waren so begeistert", weiß der Co-Vorsitzende, "sie sind unsere Zukunft".
Neue Hymne: "Eine Geschichte, ein Dorf, eine Leidenschaft"
Selbst die neue "Hymne" der Sömmersdorfer, "Eine Geschichte, ein Dorf, eine Leidenschaft", wird von den Kleinsten schon im Kindergarten und in der Schule gesungen. Und auch die Großen bekommen die Melodie und den Text aus der Feder des musikalischen Leiters Christian Stapff nicht mehr aus dem Kopf: "Gemeinschaft auf der Bühne zu erleben, das ist unsere Passion, das ist Sömmersdorfer Tradition".
Während vor der Bühne die Utensilien abgebaut werden, sind in der Innenbühne zwei Friseurinnen am Werk. Ina Seufert, die Kamelhändlerin, und Ashley King, die Pferdeführerin, schneiden den ganzen Tag lang die Haare und Bärte.
Thomas Rüth, der Apostel Simon, ist gleich an der Reihe. "Einerseits ist da Erleichterung, dass die Saison vorbei ist, weil sie schon lang war", meint er. "Andererseits aber auch viel Wehmut, weil es eine intensive, schöne Zeit war. Wenn man so lange am gleichen Ziel arbeitet, dann schweißt das zusammen. Es macht Spaß, wenn alle dabei sind."
Nach den Aufräumtagen bleibt für die Verantwortlichen noch viel Arbeit. So muss beispielsweise Elisabeth Trott die besonderen Kostüme waschen oder zur Reinigung bringen und wieder einsortieren. Sie schleudert gerade das Jesus-Kostüm aus. "Durch den Regen gestern ist es so dreckig", sagt sie.
Nach vorne, zur nächsten Passion, blickt nun Vorsitzender Mergenthal. "Wir warten erst mal auf die Baugenehmigung des Landratsamtes und sehen dann, wie es weitergeht".
Was ich allerdings etwas platt fand, war der Schluss, wenn Jesus mit den Emmaus-Jüngeren unterwegs ist - und sich dann einfach kommentarlos das Kostüm auszieht, sich an Tisch setzt und es ins Gespräch am Tisch mündet
Da fehlte mir irgend ne Überleitung, Themenaufnahme - so wie ihn die Jünger beim Brotbrechen in ihrer Mitte erkannt haben - so ist er auch jetzt bei uns am Tisch, in unserer Mitte …
Das hätte es rund gemacht - so war das ein sehr abrupter und unzusammenhängender Schluss. Das war beim letzten Mal besser gelöst.
Aber das ist Jammern auf sehr hohem Niveau, eine tolle Leistung! Danke!