Theatererfahrung bringen einige der Vierbeiner schon mit: Kamel Sigi stand bereits in Oberammergau auf einer Passionsspielbühne. Und auch die Esel Lilli und Elsa kennen die Sömmersdorfer Freilichtbühne bereits von früheren Gastspielen. Die tierischen Mitspieler bei den Fränkischen Passionsspielen sorgen beim Publikum für Staunen und Entzücken. Sie erfordern aber auch jede Menge Arbeit und Zuwendung von den ehrenamtlichen Betreuern.
Am sogenannten Eselspfad hinter der Bühne warten Sabo und Sigi auf ihren großen Auftritt in der Herodes-Szene. Die beiden Kamel-Hengste sind prächtig mit Bändern und Decken geschmückt. Helmut und Ina Seufert, als Händler gekleidet in orientalische Gewänder, werden sie gleich auf die Bühne führen. Tochter Naomi hat bereits auf Sabo Platz genommen, um hinüber zum Palast des Königs Herodes zu reiten.
Tierisches Engagement ist Herzenssache
Als Pferdehalter und Pferdezüchter kennt sich Helmut Seufert mit großen Tieren gut aus. Der Gochsheimer Inhaber eines Pferdehofs kümmert sich mit hohem Einsatz um die zahlreichen Vierbeiner. Er selbst hat Sömmersdorfer Wurzeln: Sein Vater Alfred war einst der Eselführer bei der Passion gewesen, hatte früher auch den Hohepriester Kajaphas gespielt und seinen Helmut als Kind zu den Passionsspielen mitgenommen. Weshalb dieser sich noch immer verbunden fühlt mit dem Dorf und seinem besonderen Schauspiel. "Eine Herzenssache", erklärt er zu seinem tierischen Engagement.
Wie in der Spielsaison 2018 so sollten auch jetzt zwei Kamele auf der Freilichtbühne mitspielen, lautete der Wunsch der neuen Regisseure Silvia Kirchhof und Kai Christian Moritz. Deshalb lieh der Passionsspielverein von einem Gnadenhof bei Landsberg am Lech die beiden Wüstenschiffe aus.
"Wir haben sowohl eine Haftpflichtversicherung für die Kamele abgeschlossen, als auch eine Lebensversicherung", erklärt Co-Vereinsvorsitzender Norbert Mergenthal. Im Heimatstall hatte ein Tierarzt zudem ein Attest zum Gesundheitszustand der Tiere erstellt. Auch mit dem hiesigen Veterinäramt ist der Aufenthalt abgesprochen, erklärt er.
Eine Zelthütte als Unterkunft für Sigi und Sabo
Als Unterkunft haben Sigi und Sabo am Rand des Dorfes auf einer Wiese eine Zelthütte bekommen. "Wir füttern sie mit Gras, Heu, Mineralfutter, Gerstenschrot und trockenen Brötchen", erklärt Helmut Seufert. Und als Leckerli gibt es manchmal auch eine Karotte obendrauf.
Relativ entspannt wirken die Kamele auf der Freilichtbühne, sie könnten aber auch mal spucken oder zur Seite treten, weiß Seufert. Damit sich die Tiere wohlfühlen, hat die Familie ihren Auftritt oft geübt. Fast täglich wurden die Schwielensohler zum Bühnengelände geführt und bekamen dort auch Kraftfutter. "Der Ort ist für sie positiv belegt", lächelt der Pferdezüchter. Anfangs sei Sabo noch etwas zickig vor seinem Auftritt gewesen. Aber mittlerweile kenne er das Procedere und lasse sich gut führen.
Den hohen Zeiteinsatz für die Proben und 18 Vorstellungen in dieser Spielsaison verbucht Helmut Seufert unter "Familienzeit", zumal er dann viel mit Frau und Kindern zusammen ist.
Prächtiger Anblick untermalt von den Klängen einiger Fanfarenbläser
Kurz vor seinem Auftritt als Kamelführer ist der Tierliebhaber ein weiteres Mal gefragt: Er reitet als römischer Herold Liberius auf die Bühne, um den Auftritt des Statthalters Pontius Pilatus anzukündigen. Ein Raunen geht dann jedes Mal durch das Publikum. Schließlich bietet sich ein prächtiger Anblick, noch dazu untermalt von den Klängen einiger Fanfarenbläser. Dass die kräftige braune Kaltblüterstute Vevi sich dabei relativ ruhig verhält, ist zum einen deren Gemüt, aber auch der Übung und dem Tierverständnis Seuferts zuzuschreiben.
Wer tagsüber in Sömmersdorf unterwegs ist, kann zudem gelegentlich beobachten, wie drei Schafe an der Leine spazieren geführt werden. Sie sind für die Spielzeit aus Vasbühl ausgeliehen, um der Händlerszene im Tempel und der Szene im beschaulichen Bethanien eine besondere Note zu verleihen. Auch sie müssen an ihren Auftritt und die Menschen gewöhnt werden.
Das gilt auch für die drei Esel Lilli, Elsa und Alfred, die vom Ferienhof Lindleshof im Landkreis Rhön-Grabfeld ausgeliehen sind. Für knappe vier Monate haben sie am Anwesen der Familie Kurt Stark im Altort Quartier bezogen.
Um sie auf ihren Auftritt beim triumphalen Einzug Jesu in Jerusalem vorzubereiten, werden sie fast täglich von einem ganzen Esel-Team durchs Dorf spazieren geführt. Zuvor werden sie immer sauber gestriegelt. "Das ist so eine Art Ritual geworden, bevor sie die Halfter, die Decken und Gurte angelegt bekommen", erklärt Stefan Stark. Er spielt einen der beiden Johannes-Darsteller, den Lieblingsjünger Jesu, der den Esel führt. "Es ist wichtig, dass sie uns gut kennen."
Eine ganze Schar Mitspieler kümmert sich um die Grautiere, vor allem aber Stefans Eltern Ruth und Kurt Stark und seine Schwester Lisa. Ihr sechsjähriger Sohn Benno ist stolz darauf, dass er auf der Eselin Elsa nach dem Einzug Jesu von der Bühne reiten darf.
Infos und Karten: www.passionsspiele-soemmersdorf.de