
Eigentlich wollte die Stadt nach Aufhebung der städtischen Baumschutzverordnung im Jahr 2018 mit einem 2019 aufgelegten Fonds den Erhalt von privaten Bäumen und Begrünungsmaßnahmen im Stadtgebiet sicherstellen. 20.000 Euro werden seitdem jährlich bereitgestellt, um fachgerechte private Pflegemaßnahmen zu unterstützen. Nach fünf Jahren zeigt sich nun aber, dass die Förderung kaum genutzt wird. Bislang seien lediglich zwei Zuschüsse ausgezahlt worden, berichtete Ordnungsreferent Jan von Lackum dem Stadtrat. Auch die 2022 erstellte Informationsbroschüre und die Bewerbung des Förderprogramms hätten zu keiner steigenden Nachfrage geführt.
Woran liegt's? "Die Anforderungen sind zu hoch", hat von Lackum im Gespräch mit den Bürgerinnen und Bürgern festgestellt. So muss die Pflegemaßnahme von einer anerkannten Baumpflegefirma durchgeführt und der Baum vorher erst einmal begutachtet werden. Darüber ist ein sogenanntes "Kontrollprotokoll entsprechend der Baumkontrollrichtlinie" anzufertigen. Eine Begutachtung aber reicht nicht aus, der Antragssteller muss der Stadt drei Vergleichsangebote vorlegen. Viele Firmen winken da gleich ab. Der Aufwand ist zu groß, sodass sie gar kein Angebot abgeben.
Was also tun? "Die Förderrichtlinie ist überarbeitungsbedürftig", meint von Lackum. Da sie auf fünf Jahre begrenzt worden war und Ende Juni 2024 außer Kraft treten würde, beschloss der Stadtrat nun, die bestehende Richtlinie um zwei Jahre zu verlängern und in dieser Zeit das Regelwerk gemeinsam mit dem Naturschutzbeirat der Stadt Schweinfurt zu überarbeiten, um es attraktiver zu gestalten.
Nur ein "Tropfen auf dem heißen Stein"
Für Stadträtin Ulrike Schneider (Zukunft./ÖDP) war das Anlass, neuerlich ein leidenschaftliches Plädoyer für die Wiedereinführung einer Baumschutzverordnung zu halten. Die Förderrichtlinie sei nur ein "Tropfen auf dem heißen Stein", sie könne bei weitem nicht den Verlust der Baumschutzverordnung abfedern. "Wir haben Hunderte von Bäumen verloren." Es gebe Straßenzüge, da sei regelrecht Tabula Rasa gemacht worden, sagte Schneider.

Auch in anderen Stadtratsfraktionen wächst die Erkenntnis, dass in Zeiten des Klimawandels mehr für den Baumschutz getan werden muss, um das urbane Mikroklima zu verbessern. "So wie bisher darf es nicht weitergehen", sagte SPD-Fraktionssprecher Johannes Petersen. Die Förderrichtlinie sei ein Versuch gewesen, nach Wegfall der Baumschutzverordnung die Bäume in der Stadt zu schützen. "Aber es war viel zu wenig." Ob eine überarbeitete Richtlinie nun ausreiche, sei fraglich. "Wir halten eine Baumschutzverordnung für sinnvoll", appellierte Petersen an das Gremium, "zukunftsgerichtet" zu denken.
Die Freien Wähler fordern ebenfalls, die Baumschutzverordnung neu aufzulegen. "Der Stadtrat muss endlich aufwachen", meinte Sprecher Stefan Labus.
Auflagen der Förderrichtlinien werden einfacht
Die Grünen indes begrüßen es, dass die Förderrichtlinie nicht gleich eingestampft, sondern mit dem Naturbeirat überarbeitet wird. "Vielleicht sollte man zuvor aber erstmal den Menschenverstandsbeirat einschalten", konnte sich Fraktionssprecher Holger Laschka eine süffisante Kritik an der "akademisierten Baumpflege" nicht verkneifen. Als anerkannter Baumpfleger kann seiner Ansicht nach nämlich auch ein Gärtner gelten. Zudem sei es für Antragsteller nahezu unmöglich, bei so niedrigen Fördersummen drei Angebote von Fachbetrieben zu bekommen.
Die Förderrichtlinie zur Gewährung von Zuschüssen für Erhaltungsmaßnahmen an privaten Bäumen wird nun erst einmal bis zum 30. Juni 2026 verlängert und in dieser Zeit überarbeitet. Vorab beschloss der Stadtrat auf Antrag von Holger Laschka, dass auch ein ausgebildeter Gärtner als anerkannte Fachkraft gilt und dass ein Angebot zur Gewährung eines Zuschusses ausreicht.
Eine Verwaltung muss auch Ihre eigene Daseinsberechtigung schaffen
Und wer hat das erfunden? Diejenigen, die sich heute so gerne über eine "überbordende Bürokratie" beschweren.