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SCHWEINFURT
Der Baumschutz ist gefällt
Ab 1. Juli 2018 hat Schweinfurt keine Baumschutzverordnung mehr. Einfach drauf los fällen geht aber nicht, weil ab 1. März bis in den Herbst hinein Baumfällungen wegen des Vogelschutzes nur in Ausnahmefällen möglich ist. Die Stadt setzt nun auf verstärkten Baum- und Grünschutz in (neuen) Bebauungsplänen.
Foto: Gerd Landgraf | Ab 1. Juli 2018 hat Schweinfurt keine Baumschutzverordnung mehr. Einfach drauf los fällen geht aber nicht, weil ab 1.
Hannes Helferich
Hannes Helferich
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:14 Uhr

Schweinfurt gehört ab 1. Juli 2018 zu den Städten und Kommunen ohne eine Baumschutzverordnung. Die CSU-Fraktion hat – wie nach dem gescheiterten Bürgerentscheid zu erwarten war – mit ihrer Mehrheit am Donnerstag im Bau- und Umweltausschuss die Aufhebung der Verordnung mit ihren sieben Stadträten sowie den Stimmen von OB Sebastian Remelé und Christiane Michal-Zaiser (prosw) beschlossen. Dagegen stimmten SPD (2), Grüne, Linke und Schweinfurter Liste (je 1). Das letzte Wort hat zwar noch der Stadtrat am 27. Februar, angesichts der Mehrheitsverhältnisse ist aber mit keiner Kehrtwende zu rechnen.

Der Abstimmung vorangegangen war ein letzter leidenschaftlicher Appell vor allem von Thomas End (SPD) und Ulrike Schneider (SWL) an die CSU, angesichts des Klimawandels und mit Blick auf die beim Bürgerentscheid erreichte Mehrheit pro Schutzverordnung doch noch einer vom Baumschutzbündnis erarbeiteten modifizierten Satzung zuzustimmen. End blätterte dabei weit zurück, erinnerte an die 1988 einstimmig verabschiedete erste Baumschutzverordnung, die trotz einiger verärgerter Bürger 20 Jahre lang flexibel und bürgernah vollzogen worden sei.

SPD-Stadtrat End wirft CSU-Kollegen Köhler eine Trotzreaktion vor

Erst 2009 habe sich der Stadtrat erneut damit beschäftigen müssen, weil der Geltungsbereich um Neubaugebiete ergänzt wurde. An einer Verordnung festzuhalten, sei aber erneut beschlossen worden, mit allerdings nur noch 24:19 Stimmen, räumte End ersten Gegenwind ein. 2017 dann sah die Stadtverwaltung wegen der seit 1988 veränderten Rechtsprechung eine Anpassung als gegeben an. Die Neufassung des Rathauses habe Rüdiger Köhler (CSU) aber nicht gereicht, so End weiter. Deshalb habe er eine eigene Satzung erarbeitet, die aber wegen Rechtsfehlern nicht akzeptiert wurde.

Köhler habe daraufhin die Aufhebung der Baumschutzverordnung beantragt, „möglicherweise eine Trotzreaktion“, unterstellte ihm End: „Sie wollten doch eine Verordnung, Ihr Umschwenken mit der Begründung der Bürgergängelung ist für mich nicht nachvollziehbar“, warf End Köhler an den Kopf. 1988 seien die Erkenntnisse und das Bewusstsein in Sachen Klimaschutz noch nicht so ausgeprägt gewesen wie heute, weshalb dieser „Schritt zurück“ umso erstaunlicher sei. „Das verstehen wir nicht, daran beteiligt sich die SPD auch nicht“, kündigte End das Nein zur Beschlussvorlage an.

Schneider scheitert auch mit einer „letzten Bitte“

Ulrike Schneider (SWL) dankte – wie wenig später Frank Firsching (Die Linke) – End für seine nachdenklichen Worte. Die Hauptinitiatorin des Bürgerentscheids vermied bis dahin allerdings jede persönliche Attacke, äußerte nur eine „letzte Bitte“ an die CSU, doch noch der vom Baumschutzbündnis erarbeiteten neuen Verordnung zuzustimmen. Diese reglementiere Privatgärten weniger, setze Bauträgern aber klare Grenzen. Auch Reginhard von Hirschhausen (Grüne) und Firsching begründeten ihr Nein mit der sich in all den Jahren bewährten Verordnung. Firsching bedauerte, dass der Bürgerentscheid am Quorum scheiterte, das er eine „willkürlich festgelegte Zahl“ nannte.

Köhler oder irgendein anderes Mitglied der CSU-Fraktion hatten sich bis dahin mit keinem Wort geäußert. Dennoch kam es wenig später mitten im Abstimmungsprozess zum Eklat.

Es wird ein Förderfonds „Baumerhalt“ eingerichtet

Der von der Stadtverwaltung erarbeitete Beschlussvorschlag enthielt neben der Aufhebung der Verordnung vier weitere Punkte. Das Rathaus hatte unter anderem eine Forderung des Naturschutzbeirates berücksichtigt, der einen Fördertopf zum Erhalt von Bäumen sowie für Begrünungsmaßnahmen mit künftig jährlich 20 000 Euro verlangt hatte. Außerdem sollen in allen neuen Bebauungsplänen mit Hilfe „grünordnerischer Festsetzungen verstärkt kleinklimatische und ökologische Gesichtspunkte berücksichtig werden“.

Umweltreferent Jan von Lackum hatte die zu beschließende Vorlage erläutert. Das Datum 1. Juli 2018 begründete er mit dem bis dahin in Kraft tretenden Bebauungsplan fürs neue Wohngebiet Askren Manor, in dem der Baumschutz dort explizit geregelt ist. Da nun alle Wortmeldungen erledigt waren, rief der OB zur Abstimmung auf. Punkt 1, die Aufhebung der Baumschutzverordnung, ging mit 9:5 Stimmen durch.

Köhler und Schneider geraten aneinander

Zum Thema Fonds meldete sich nun aber Schneider zu Wort. Der Fördertopf von 20 000 Euro war ihr zu wenig, umfasse lediglich die bisher geleisteten Ausgleichszahlungen. Der Fonds müsse deutlich aufgestockt werden. Schneider stellte einen Änderungsantrag, was den bisher wortlosen Köhler auf den Plan rief. Er stellte einen Antrag zur Geschäftsordnung, der OB habe die Abstimmung eingeleitet, Schneiders Wortmeldung komme zu spät, eine Antragstellung sei nicht mehr möglich.

Der OB folgte diesem Argument, setzte die Abstimmung fort. Dem Fonds (mit 20 000 Euro jährlich), der Höhergewichtung der Bebauungspläne und der Empfehlung des Rathauses, bei Altfällen noch nicht geleistete Ersatzpflanzungen nicht mehr durchzusetzen, stimmten dann alle zu. Auch Schneider, die – das sei noch erwähnt – zuvor schon beim Tagesordnungspunkt Klimaschutzkonzept gehörig mit Köhler aneinander geraten war (Bericht folgt).

 
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  • G. S.
    Mann kann hoffen, dass es wirklich die letzte Bitte der Frau Dr. Schneider war. Dann hört endlich das Wichtigtuerei-Spektakel im Stadrat mal auf.

    Insgesamt muss man sich dien Realitätsverlust mal auf der Zunge zergehen lassen. Ein gewähltes demokratisches Gremium beschliesst. Eine Minderheit an Bürgern will eine Änderung herbeiführen. Im Bürgerentscheid ist nicht einmal ein Fünftel der Wahlberechtigten für eine Änderung des Stadtratsbeschlusses. Allein dies in einen moralischen Sieg umzudeuten, ist ein Ausdruck völliger Verblendung. Wenn es wesentlich die Menschen berührt hätte, wären mehr hingegangen und hätten abgestimmt. So sind mehr als vier Fünftel für den Stadtrat bzw. mit dessen Entscheidung zufrieden.

    Was mich brennend interessieren würde: Wer von den ach so grünen Baumschutz-Aktivisten Lebt auch privat den Umweltschutz, in dem er eine Solaranlage am Dach hat, ein E-Auto fährt, u.ä.. Ich wette, diese Leute kann man locker an einer Hand abzählen.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Danke
    Endlich ist dieses leidliche Thema vorbei und ich kann mit meinem Baum in meinem Garten machen was ich will.
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  • R. S.
    Bravo,endlich hört die beformundung der Bürger auf
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