Hoffen und Bangen, von einer Woche zur nächsten - so beschreiben Jutta und Klaus Auer die zurückliegenden Monate. Sieben Monate lang, ab November 2020 hatten sie ihre Fitness Lounge in Gerolzhofen wegen der Corona-Pandemie schließen müssen. Seit 2. Juni gilt für sie, wie für alle Fitness-Studios, dass sie dank gesunkener Inzidenz-Zahlen wieder öffnen dürfen. Es gelten zwar noch Auflagen, etwa das Tragen von Masken auf den Laufwegen innerhalb der Studios, doch mittlerweile müssen Besucher wenigstens keine negativen Corona-Tests mehr vorlegen. Von Normalbetrieb, berichten die Inhaber, könne aber noch lange nicht die Rede sein.
Auf rund die Hälfte des Betriebs aus Vor-Corona-Zeiten schätzen die Auers das, was derzeit an Kunden kommt. Trotz eines Appells zu Beginn der Pandemie, ihnen die Treue zu halten, "haben wir auch sehr viele Kunden verloren", blicken die beiden auf die monatelange Zwangspause zurück. Dabei hatten sie während des Lockdowns darauf verzichtet, die monatliche Mitgliedsgebühren abzubuchen. Und für Juni, den ersten Monat nach Wiedereröffnung, hatten sie wegen anfänglicher Umstände und Einschränkungen für ihre Kunden nur ein Viertel der regulären Monatsgebühren verlangt. Erst ab Juli wird wieder die volle Monatsgebühr fällig.
Alle Mitarbeiter sind weiter mit dabei
Das Ehepaar hatte die Fitness Lounge erst im Oktober 2017 übernommen. Anfang 2020, als sich das Corona-Virus erstmals ausgebreitet hat, waren sie wirtschaftlich "gerade über dem Berg", wie sie sagen. Was dann in den folgenden Monaten auf sie zukam, glich stellenweise einem unternehmerischen Albtraum. Umso erfreuter sind sie, dass jetzt wieder alle 18 Mitarbeiter an Bord sind und sie sogar noch eine zusätzliche Kraft einstellen können.
Ihre Kunden hatten sie während der zurückliegenden Monate regelmäßig per E-Mail und SMS über den Stand der Dinge auf dem Laufenden gehalten. Zugleich haben sie die Zeit genutzt, ihr Fitness-Studio an die aktuellen Anforderungen in Sachen zusätzlicher Gesundheitsschutz und Hygiene anzupassen. So gibt es nun eine neue Klimaanlage, die Aerosole aus der Luft filtert, ein Drehkreuz ermöglicht den kontaktlosen Zugang ins Studio und an der Theke gibt es einen zweiten Check-In-Schalter, um Warteschlangen zu vermeiden.
"Weit mehr als nur eine Mucki-Bude"
Was die Inhaber vielleicht noch länger beschäftigen wird als die Corona-Pandemie, ist der Umgang der Politik mit ihrer Branche. "Es hat weh getan, als Fitness-Studio als 'körpernahe Dienstleistung' in einer Reihe mit Bordellen eingestuft zu werden", sagt Klaus Auer mit Blick auf die Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung und betont: "Wir wünschen uns die Anerkennung, weit mehr zu sein als eine Mucki-Bude." Sie verstehen sich viel eher als Teil des Gesundheitssystems. Was ihn und seine Branchen-Kollegen zudem sauer aufstößt, sind verspätet ausbezahlte staatliche Hilfsgelder, die am Ende bei ihnen nicht einmal in der erst angekündigten Höhe angekommen sind.
Dies berichteten die beiden der Landtagsabgeordneten Barbara Becker (CSU), die sich Anfang dieser Woche während eines Besuchs im Fitness-Studio einen Eindruck von deren Lage gemacht hat. Das Inhaber-Ehepaar hatte sich an mehrere Politiker gewandt, doch Becker, sagen sie, sei die einzige gewesen, die sich bei ihnen gemeldet hat. An der Gesamtlage kann Becker freilich ebenfalls wenig ändern, doch die Abgeordnete zeigte sich vor Ort offen, die Erfahrung der Betroffenen nicht nur mitzunehmen, sondern diese auch in ihre Arbeit im Gesundheitsausschuss des Landtags einfließen zu lassen – an einer Stelle, die durchaus großen Einfluss über den Umgang mit der Corona-Pandemie hat.
Dass es den beiden weiteren Fitness-Studios in Gerolzhofen während des Lockdowns ähnlich erging, ergibt eine Nachfrage dieser Redaktion bei den dortigen Betreibern. Bis zu einem Viertel seiner Kunden habe er während der vergangenen Monate verloren, schätzt Dominik Wagenhäuser, der Geschäftsführer des Vitalo Fitness- und Sportcenters. Zwar sei der Neustart Anfang Juni zunächst verhalten angelaufen, doch mittlerweile laufe der Betrieb wieder relativ gut, "für den Sommer eher sogar besser als in den Vorjahren", berichtet er.
Fitness-Studio verzeichnet viele Neuinteressierte
Er führt dies auf einen gewissen Nachholeffekt zurück, den viele seiner Kunden derzeit hätten. Er hofft: "Die Mehrheit wird wieder kommen." Was ihn zusätzlich optimistisch stimmt, ist der Umstand, dass er aktuell viele Neuinteressierte verzeichnet, ohne dass er dafür extra geworben hätte. Auch Wagenhäuser hat die Corona-Pause genutzt, um sein Fitness-Studio zu renovieren.
Nicht nur renoviert, sondern großzügig erweitert hat der E-Werk Healthclub in Gerolzhofen, der nach einem Umzug ab Anfang Juli in der Adam-Stegerwald-Straße auf dem früheren Gelände von Mercedes Pfister zu finden sein wird. Inhaber Achim Kaufmann hat dort mit 1200 Quadratmetern dann dreimal mehr Fläche als bisher.
Im Herbst folgt eine zusätzliche Physiotherapie-Praxis
Die Erweiterung hat mit Corona nur indirekt zu tun. Kaufmann wollte sich ohnehin vergrößern. Doch habe ihm die Pandemie gezeigt, dass man sich für die Zukunft gut aufstellen muss: Das Angebot an Flächen und Abständen sei bewusst großzügig ausgelegt, das neue Konzept beruhe auf dem eines Therapiezentrums, das die Angebote eines "normalen" Fitness-Studios integriert, und ab Oktober wird es unter demselben Dach auch noch eine Physiotherapie-Praxis geben.
In der engen persönlichen Betreuung seiner rund 400 Kunden sowie dem Angebot von Online-Kursen und -Seminaren sieht Kaufmann auch den Grund, weshalb er es sich erlauben konnte, während der Schließung weiter die regulären Monatsbeiträge in voller Höhe einzuziehen. Er habe dadurch keinen einzigen Kunden verloren, sagt er. Und jetzt, vor dem Start am neuen Standort, habe er bereits rund 100 Neuanmeldungen. Die Belegschaft wachse ab September dank zweier Azubis von sieben auf neun Mitarbeiter.