Seit zweieinhalb Jahren sitzt Barbara Becker als Abgeordnete im Bayerischen Landtag. Sie holte das Direktmandat im Stimmkreis Kitzingen für die CSU. Eine Zwischenbilanz zur Halbzeit der Amtsperiode.
Die 51-Jährige kam als Quereinsteigerin 2008 zur CSU und im Herbst 2018 in den Landtag. Netzwerke in der Partei und in München musste sie erst aufbauen. Sie begann ihr Amt von den Hinterbänken aus. Noch immer bezeichnet sie sich als "Lernende". Nicht immer fiel Becker ihr Wechsel von der Unternehmerin zur Abgeordneten leicht. Als Selbstständige habe sie Themen erarbeitet, angepackt, umgesetzt. Als Politikerin muss sie auf den richtigen Zeitpunkt warten, den passenden Ansprechpartner und Verbündete finden. "Gute Kontakte in die Ministerien sind wichtig", hat sie gelernt. Diese zu knüpfen, fällt ihr als Mitglieder der größeren Regierungspartei allerdings leicht.
Überhaupt kann sich Becker auf eine funktionierende Partei-Infrastruktur verlassen. Im Landkreis ist die CSU allerorten vertreten, hat Geschäftsstelle, Kreis- und Ortsverbände. Und ihr Abgeordnetenbüro zu Hause in Wiesenbronn wird von ihren Mitarbeitern professionell gemanagt. Das hält den Rücken frei und öffnet Türen, weckt aber auch Begehrlichkeiten unter den Parteifreunden. Schließlich ist Becker auch CSU-Vorsitzende im Landkreis Kitzingen.
Erste Bewährungsprobe im Landkreis ging schief
Als solche war ihre erste Bewährungsprobe die Landratswahl 2020. Mit ihrem Votum ging Neuling Timo Markert als Herausforderer von Tamara Bischof (Freie Wähler) an den Start – und fiel tief. Ihr Plan, nach Jahren der Abstinenz einen ernsthaften CSU-Gegenkandidaten zu präsentieren, ging nicht auf.
In der Landtagsfraktion hat Becker ein professionelles Politik-Umfeld, von dessen Effizienz und Arbeitstempo sie beeindruckt ist und in dessen Konzert sie gerne mitspielt. Dort profitiert sie vom Erfahrungsschatz und den Kompetenzen ihrer Fraktionsmitglieder.
Becker kann über den eigenen Schatten springen: "Man muss auch mal Ego oder Parteibuch zurückstellen", sagt sie mit Blick auf Kollegen in ihrer Fraktion und außerhalb. "Man muss auch gönnen können." Dazu passt, dass sie die Zusammenarbeit mit den Freien Wählern in der Regierung als "unaufgeregt, pragmatisch und geräuschlos" einschätzt. Die Wähler wüssten, wer wofür stehe.
Becker sagt über sich, sie stehe nicht gern im Vordergrund, gehöre eher zu den stillen Mitgliedern in der Fraktion. Aber sie setzt mit ihren Themen Akzente und versucht, dafür Mitstreiter zu finden.
Das Arbeitstempo des Parlaments empfindet Becker als hoch. Anfangs hatte sie 14-Stunden-Tage und eine Sechs-Tage-Woche, um sich einzuarbeiten, Vorlagen zu lesen und an Sitzungen teilzunehmen. Die Belastung sei inzwischen etwas zurückgegangen, aber ihr Arbeitstag beginnt weiterhin um 6.30 Uhr und dauert oft bis in den Abend hinein.
Becker ist froh, dass Söder in München bleibt
Über Markus Söders Kanzler-Ambitionen sagt Becker: "Ich mag ihn sehr und bin froh, dass Bayern ihn jetzt weiterhin hat." Ihrer Einschätzung nach sei der Ministerpräsident in der Corona-Krise gereift. Insofern sei seine Kandidatur eine wünschenswerte Alternative im konservativen Lager gewesen. Die CSU-Fraktion im Bundestag habe Söder unbedingt als Kanzler-Kandidaten haben wollen.
In München falle Söder durch seine akribische Arbeit und Vorbereitung auf: ein "Aktenfresser". Über seine Initiative, die Trockenheit in Nordbayern zum Thema zu machen, freut Becker sich. Sie skizziert einen Aktionsplan, der von regionalen Wasserbeschaffungs- und aufbereitungsverbänden über Bewässerungsprojekte bis zu einer denkbaren Pipeline vom regenreichen Süden in den regenarmen Norden reicht.
Die CSU-Abgeordnete begleitet auch die Entscheidung über den Standort eines Naturparkzentrums: "Natürlich unterstütze ich alles, was dem Landkreis nutzt", positioniert sie sich. Aber sie weiß auch, dass die Entscheidung von allen Beteiligten getroffen wird, nicht im Landtag und nicht im Landkreis.
Auch den barrierefreien Ausbau der Bahnhöfe in Kitzingen und Dettelbach will sie vorantreiben. "Ich kämpfe dafür, dass wir in den Ausbauplan der Bahn reinkommen", sagt sie, wohl wissend, dass die beiden Bahnhöfe in der Priorität hinten liegen. Weitere Vorhaben Beckers sind es, ein Klimaforschungsinstitut und Start-up-Unternehmen im Landkreis anzusiedeln. Für 2023 strebt sie eine Wiederwahl an.