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Werneck
Fastnachts-Urgestein Hans Driesel: In der Tiefe eines jeden Menschen steckt ein Narr
Mit dem Kulturpreis der Deutschen Fastnacht ist Hans Driesel ausgezeichnet worden. Wie er auf heitere Art Karnevalskultur und Literatur vermittelt.
Hans Driesel aus Werneck ist mit dem Kulturpreis der Deutschen Fastnacht ausgezeichnet worden. Besonders ist für ihn die Harlekin-Maske, die die Figur in der Hand trägt.
Foto: Anand Anders | Hans Driesel aus Werneck ist mit dem Kulturpreis der Deutschen Fastnacht ausgezeichnet worden. Besonders ist für ihn die Harlekin-Maske, die die Figur in der Hand trägt.
Silvia Eidel
 |  aktualisiert: 15.07.2024 15:51 Uhr

Ein handgeschnitzter Moriskentänzer mit der Maske des Arlecchino (Harlekin) in der Hand ergänzt seit kurzem die private Fastnachts-Sammlung von Hans Driesel. Die gebückte Holzfigur eines mittelalterlichen, akrobatischen Gauklers ist ein Geschenk des Bundes Deutscher Karneval an den neuen Kulturpreisträger der Deutschen Fastnacht. Denn der 84-jährige gebürtige Schweinfurter verkörpert alles, was Fasching und Karneval ausmacht, und beeindruckt darüber hinaus als Literat, Rezitator, Sprachbewahrer und Schauspieler.

"Jetzt hat’s mich auf die alten Tage getroffen", sagt der agile Wahl-Wernecker lächelnd nach seiner Rückkehr aus Köln, wo ihm bei einem Festakt im historischen Rathaus der elfte Kulturpreis verliehen wurde. Ein besonderes, erhebendes Ereignis, "wohl das größte in meinem Leben", meint Hans Driesel.

Wobei er selbst seit über 60 Jahren immer wieder andere beeindruckt. Mit seinem Sinn für Humor erkletterte der damals 23-Jährige 1961 die Bütt bei der "Schwarzen Elf" der Kolpingfamilie Schweinfurt und ließ sich dort schnell von politischen Reden faszinieren.

Fastnacht ist mehr als Pappnasen und Konfetti

Als Sitzungspräsident agierte er 26 Jahre lang bis 1996 und vertiefte sich, "bei aller Gaudi damals", immer mehr in die Kulturgeschichte der Fastnacht. Die viel für ihn mehr ist als Pappnasen und Konfetti. Ihn interessierte das "ursprünglich christliche Schwellenfest zwischen den Freuden des Lebens und der Zeit von Ostern, dem Jenseits", gesteht er.

Auf der Suche nach den Ursprüngen und Auswirkungen von Fasching, nach dem "Narrenwesen, das tief in uns steckt", begeisterte er sich im Lauf der Jahre für die europäische Kulturgeschichte und Literatur vom Mittelalter bis zur Gegenwart, von Goethe bis Brecht, von Hans Sachs bis Victor Hugo. "Ich bin neugierig auf alles", sagt er.

Auftritte im Fernsehen und Einsatz für das Fastnachtsmuseum

Sein Unterhaltungskönnen, seine Vortragskunst und sein umfassendes Wissen führten ihn nicht nur ab 1988 zur BR-Fernsehsendung "Fastnacht in Franken" und als Moderator zu ZDF-Karnevalssendungen. Auch das Deutsche Fastnachtsmuseum in Kitzingen gestaltete er schon ab 1979 aktiv mit und ist bis heute dessen stellvertretender Leiter und künstlerischer Beirat. "Zweimal die Woche fahre ich nach Kitzingen", erzählt der 84-Jährige, vom Wohnort Werneck aus nicht gerade der nächste Weg. "Aber es macht immer noch Riesenspaß."

Weil der gelernte Kaufmann und spätere Öffentlichkeitsarbeiter bei SKF in Schweinfurt aber "einen missionarischen Tick" hat, wie er selbst lachend gesteht, wollte er seine Erkenntnisse weitergeben. Das tat der "kulturelle Tausendsassa" – so tituliert von Schweinfurts Landrat Florian Töpper bei der Verleihung der Kreis-Ehrenurkunde – , indem er die Hans-Sachs-Theatergruppe und die Kleinkunstbühne "Schrotturmkeller" in Schweinfurt gründete, bei den Schweinfurter Stadtpfeifern dabei war oder nach wie vor den Wernecker Kulturfrühling bereichert.

Wie man Faust jungen Menschen schmackhaft macht

"Kultur beginnt und endet mit der Sprache", darauf legt Driesel Wert. Er versteht es, auf heitere Art Literatur zu vermitteln, andere mitzureißen, Erwachsene wie Schülerinnen und Schüler. "Wenn man bei Fausts Gretchenszene einen Witz einstreut, dann hat man die jungen Leute gewonnen", weiß er von seinen unzähligen Auftritten in den Schulen in ganz Unterfranken.

Auch im Duett mit seiner Frau Hildegard und anderen Partnern bestreitet Hans Driesel bis heute viele Veranstaltungen. "Etwa 100 Themen habe ich parat", sagt der Kulturschaffende. Sei es, bei "Lippenbekenntnissen" den Kuss wissenschaftlich und literarisch zu betrachten, sei es, Schillers Wallenstein szenisch zu gestalten.

"Es ist faszinierend, wie facettenreich das Leben ist", sagt er und verweist darauf, dass er bei aller, meist ehrenamtlichen Arbeit auch immer eine Bereicherung für sich selbst erfährt. "Man bekommt viel zurück", weiß er von den Begegnungen mit interessanten Menschen. Denn "es gibt noch mehr so Spinner wie mich", lacht er über sich selbst.

Driesel setzt auf Karneval mit literarischem Niveau

Für die Wiederbelebung eines "literarisch-satirischen Karnevals" setzt sich Hans Driesel im Bund Deutscher Karneval ein – erfolgreich, wie es auch in der Laudatio des Mainzer Fastnachters Peter Krawietz bei der Preisverleihung hieß. Bei aller Kritik dürfe Wortwahl und Ausdrucksweise ein bestimmtes Niveau nicht unterschreiten, so sein Credo. Andere Ehrungen, wie die Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland oder der Sprachbewahrer-Preis, würdigten bereits Driesels Mühen.

Einige Projekte plant der junggebliebene Kulturpreisträger noch: etwa einen Simplicissimus-Abend im Museum Otto Schäfer in Schweinfurt oder literarische Nachmittage. "Es bleibt noch ein bisschen spannend", sagt er lächelnd.

 
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  • Adolf Schön
    Glückwunsch Hans, Du hast das redlich verdient.
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