
Genauso wie das gallische Dorf in den Asterix-Heften, das sich gegen die Römer auflehnt, leistet auch die "Schwarze Elf" Widerstand. Nicht gegen die Römer, sondern gegen das Virus und dagegen, dass die Pandemie im zweiten Jahr landauf und landab fast alle Faschingsaktivitäten lahmlegt. "Es ist vor allem auch für den Verein wichtig, dass etwas stattfindet, damit nichts auseinanderbricht", so Marius Ludwig, einer der beiden stellvertretenden Präsidenten zur Entscheidung des Faschingsvereins, seine Prunksitzungen mit 150 statt wie üblich 600 Gästen durchzuführen.

Das bedeutet viel Aufwand und wenig wirtschaftlichen Erfolg, aber es sei ein Zeichen, so Matthias Paul, der zweite stellvertretende Präsident der Schwarzen Elf, kurz vor dem Start der Prunksitzungs-Premiere am Samstag in der Schweinfurter Stadthalle. "Wir haben alles neu gedacht, im Saal, vor und hinter der Bühne", ergänzt Marius Ludwig, noch bevor das erste Helau ertönt. Alle Akteure sind geimpft, lassen sich zusätzlich täglich testen, so Präsidentin Martina Schlereth.
Jede Gruppe hat ihre eigene Umkleide. Hinter den Kulissen herrscht natürlich Maskenpflicht, die meisten kommen geschminkt und fix und fertig für die Bühne in die Halle. Der Gastraum ist mit Laufwege-Pfeilen markiert, die, egal wie oft man sie läuft, nicht in eine Bar führen. Denn eine solche gibt es nicht, "wir wollen feiern, nicht saufen", so Vizepräsident Adi Schön.
Der Elferrat ist – Abstand muss sein – nur ein Fünferrat und hat seinen Platz an der Seite der Halle, "um auf der Bühne Atemlast herauszunehmen", wie Sitzungspräsident Ludwig Paul dem Publikum erklärt. Ach ja, das Publikum. Geimpft mit Test oder geboostert ist die Devise. Manche Geboosterte bringen einen Test mit, den es eigentlich nicht gebraucht hätte.

Auf dem Weg zu ihren Plätzen merkt man den Leuten noch an, wie ungewohnt es geworden ist, in einer geschmückten Halle mit gedeckten Tischen gemeinsam einen geselligen Abend zu verbringen. Nach knapp zwei Jahren Pandemie sind wir in dieser Hinsicht wohl alle etwas eingerostet. An ihren "Sitzinseln" mit Abstand zur nächsten Gruppe angekommen, ist von da an eigentlich nichts anders als beim Besuch in Café oder Restaurant, mal abgesehen von ersten zaghaften Helau-Rufen, die Bekannten über Tischreihen hinweg zugerufen werden.
"Pack mers widder", dieses Motto hat die Schwarze Elf für ihr abgespecktes, aber doch fast vier Stunden langes Sitzungsprogramm gewählt. "Es muss ja weiter gehen", bringt ein Gast das Sitzungsmotto mit anderen Worten zum Ausdruck. Als die "Quartettos" mit "Mendocino" und "Rote Lippen soll man küssen" musikalisch in den Abend einsteigen, liegt Vorfreude in der Luft.

So eine Pandemie hat nichts Gutes, für ein Bühnenprogramm bietet sie aber jede Menge Themen und Steilvorlagen. Im Humor verpackt bleibt der ganze Wahnsinn immer noch Wahnsinn, aber er wird erträglicher. Fabian Wahler weckt zum Auftakt als "Faschings-Motivationstrainer" die noch zarten Feier-Geister in den Gästen, teilt aber auch kräftig gegen die "Narren da draußen" aus. Leuten, die glauben, eine Impfung könne ihre DNA verändern, rät er, dies als Chance zu betrachten.

Auch die Schweinfurter Stadtpfeifer mit ihrem Obristen Peter Kuhn nehmen die Querdenker aufs Korn. Im zweiten Teil des Programms wird Kuhn, Schwarze-Elf-Urgestein und Meister des geschliffenen Worts, als "Bundesgärtner" auf der Bühne stehen. Ein Gärtner, der sich nicht nur mit den roten, grünen und gelben Pflänzlein seiner "Bundesgartenschau" auskennt, sondern auch weiß, wann "gespritzt" werden muss. "Besser künstlich einen Schutz erworben, als natürlich dran gestorben."
Aber nicht nur Aluhüte & Co, bekommen an diesem Abend ihr närrisches Fett ab. Die junge Maxim Modlinger berichtet aus ihrem Klassenzimmer vom Unterricht zwischen Frieren und Lüften. Louis Majewski und Franzi Klee sind als "Gänse vom Baggersee" neidisch auf die Schweinfurter Stadttauben, die gut gefüttert werden. Und sie haben aus der Vogelperspektive ausgemacht, dass die Steigerwaldbahn "in Donnersdorf am Eck" hängengeblieben ist.

Jonas Paul hat die "Vogelhochzeit" launig zur politischen "Ampelhochzeit" umgedichtet und empfiehlt im Hinblick auf die zu erwartende Legalisierung die Kuppel des Reichstags als Gewächshaus für den Marihuana-Anbau.
Doris Paul hat die Online-Shopping-Welle aufs Korn genommen, nach dem Motto "Wenn Paketboten gleich an der Haustür impfen würden, wäre das Land in drei Tagen durchgeimpft". Manfred Göbel und Thomas Spath spürten den Tücken eines Arztbesuches in Corona-Zeiten nach. Das Team vom"Narrenschiff" riet zum Urlaub in Deutschland, denn auch "Sofambique" und "Fluruquay" haben ihre Reize.

Mit dem CoKoFuG (coronakonformes Faschingsorden Umhängegerät) hatte "Hausmeister" Helmuth Backhaus ein Gestell gebastelt, in dem sich die Akteure kontaktlos ihre Orden selbst umhängen konnten. So holte sich nicht nur der unterfränkische Präsident der Föderation europäischer Narren Heiko Förster seinen Orden ab, sondern auch Faschings-Verantwortliche von Fastnacht in Franken und des bayerischen Rundfunks, die sich in Schweinfurt anschauen wollten, wie Prunksitzung in Coronazeiten geht und sich freuten dabei zu sein.
Mit ihrer Show "Jungle Fever" zeigte die Turner-Gruppe, dass sie nach der Zwangspause nicht eingerostet ist. Die Mädchen der verschiedenen Tanzgruppen erhielten viel Beifall für ihren Showblock "Let me entertain you". "Endlich wieder auf einer Bühne stehen", diese Freude war allen, die diesen Abend gestalteten, förmlich ins Gesicht geschrieben.

"Ein bisschen Spaß muss sein", auch wenn dies im Moment nur "mit gebremsten Schaum" möglich ist. Dieser Anspruch ist aufgegangen, gelang es doch an diesem Abend der Pandemie mit viel Aufwand ein paar Stunden Normalität und Lebensfreude abzuringen. "War doch mal wieder richtig schön", sagt ein Mann beim Hinausgehen in die Januarnacht zu seiner Frau. Und damit ist alles gesagt.

Weitere Sitzungen: 28.1., 29.1., 30.1., 4.2., 5.2., 6.2., jeweils 20 Uhr. Kartenbestellung bei Martina Schlereth, Telefon (0151) 50744257 und über die Homepage www.schwarze11.de