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Schweinfurt
Fahrradstandort Schweinfurt: Überflieger auf zwei Rädern
Die Branche boomt. Bei Winora läuft es "besser". Für Pexco ist ein Umsatz von 500 Millionen Euro nicht mehr ein "sehr sportliches", sondern ein "sehr realistisches Ziel".
Blick in die Gläserne Fahrradfabrik von Winora und Haibike in Sennfeld.
Foto: Gerd Landgraf | Blick in die Gläserne Fahrradfabrik von Winora und Haibike in Sennfeld.
Gerd Landgraf
Gerd Landgraf
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:26 Uhr

Zu dem um 16 bis 18 Prozent gewachsenen Fahrradgeschäft in Deutschland sagt Christoph Mannel, Geschäftsführer der Winora Group in der Sennfelder Max-Planck-Straße 6: "Bei uns läuft es besser." Zur Max-Planck-Straße hin zeigt der Fahrradhersteller in der erst im März eingerichteten Gläsernen Fabrik hinter den großen Fenstern, was er macht und was er kann. 14 hochqualifizierte Mitarbeiter lassen dort erleben, wie Rahmen, Räder und vieles mehr zusammenfinden, wie die Elektronik eingestellt wird und die Endkontrolle abläuft, ehe von hier jährlich 10 000 Räder des gehobenen Preissegments ganz ohne Plastik und umweltfreundlich ausschließlich in Kartonagen verpackt werden. 

Teuer, aber den Preis wert

200 Meter weiter in Richtung Sennfeld präsentiert Mannel den Showroom und dort, was auf dem Markt gefragt ist. "Eigentlich alles", so der Geschäftsführer, aber wohl vor allem das Mountainbike mit Motor. Gleich im Eingangsbereich ist das neue ALLMTN ausgestellt, das dafür steht, was mit Carbon & Co heute alles möglich und mit 10 000 Euro zwar teuer, aber seinen Preis wert ist. Hochwertige Komponenten versprechen maximalen Fahrspaß, ganz egal ob bergauf oder bei der Abfahrt. Verbaut sind ein starker Yamaha-Motor, die Adler-Schaltung von Sram, ein Akku mit 600 Wattstunden oder etwa auch die großzügige Federung am Heck (160mm). 

Pressegespräch im Showroom mit Christian Malik, Christoph Mannel und Pressereferentin Jasmin Schejbal.
Foto: Gerd Landgraf | Pressegespräch im Showroom mit Christian Malik, Christoph Mannel und Pressereferentin Jasmin Schejbal.

Gerade zehn Jahre sind vergangen, als die Sennfelder als Pioniere mit dem E-MTB von Haibike auf den Markt kamen. Anfangs wurden sie belächelt. Der Sportler brauche keinen Motor, war man sich einig. Doch Winora hatte den richtigen Riecher. Bestückt ist der Showroom aber nicht nur mit Produkten der Marken Winora und Haibike. Zur Accell  Group (niederländische Holding) gehören weitere Marken, für die Sennfeld auch in Sachen Vertrieb oder etwa beim Marketing tätig ist, darunter Ghost, Batavus, Green's, Lapierre  und Koga sowie die Fahrradkomponenten, das Zubehör und die Kleidung der Hausmarke XCL.

Strom kommt vom Dach

Für Green's und Batavus wird alsbald eine eigene Halle mit einer Ausstellungsfläche von 700 Quadratmetern auf dem Betriebsgelände gebaut. Auf das Dach kommt eine Photovoltaikanlage, die vor allem die Förderbänder des hauseigenen Großhandels für Fahrradteile (E.Wiener BikeParts GmbH) antreiben soll. Reduzieren will man damit am Standort die CO2-Emissionen um 23 Prozent.

Zum Jubiläum zehn Jahre E-Mountainbike kam das AllMTN auf den Markt.
Foto: Gerd Landgraf | Zum Jubiläum zehn Jahre E-Mountainbike kam das AllMTN auf den Markt.

Beim Personal wurde auf 450 Mitarbeiter aufgestockt, wobei das Plus auch auf die Umwandlung von Leiharbeitern in Festangestellte zurückgeht. Engpässe bei der Auslieferung gibt es trotzdem, auch weil Teile aus Fernost nicht rechtzeitig kommen, weil Cargo-Flieger und Containerschiffe ausgebucht sind. Dies sei gut für den Produktionsstandort Europa, sagt Christian Malik, Manager Global Innovation Center Sports, der sich weniger Abhängigkeit von Asien erhofft.

Corona habe das Fahrradgeschäft beschleunigt, meint Mannel. Gekommen wäre diese Entwicklung jedoch auf jeden Fall. Auch werde sie nach der Pandemie anhalten, denn das E-Bike sei nicht nur von der Kundschaft für die Freizeit, den Arbeitsweg und als Transporter, sondern auch von der Politik als Teil der Verkehrswende erkannt. Und so gibt es jetzt auch Lastenräder von Winora (und sechs weiteren Marken des Konzerns). 

Beschäftigte zahlen nur die Versicherung

Wie die eigenen Produkte ankommen, darüber informiert auch das Personal, das sich aus der Kollektion des Vollsortimenters jedes beliebige Bike, also mit und ohne Motor, aussuchen kann und dafür nur die Versicherung bezahlt. Weit über die Hälfte der Mitarbeiter nutzt bereits das Angebot und wird alsbald Christoph Mannel sagen können, ob die von diesem gesehenen Trends zu leichten Motoren, zu Lastenrädern, dem Fahrrad mit im Rahmen integrierten Akku, Kabeln und Beleuchtung, wie auch der Trend hin zum Riemen- und ebenfalls wartungsarmen Nabenantrieb Zukunft haben.

Seit 2020 gehört die Pexco zur Pierer Mobility AG.
Foto: Gerd Landgraf | Seit 2020 gehört die Pexco zur Pierer Mobility AG.

"Pexco entwickelt sich hervorragend", sagt einen Steinwurf entfernt beim Firmenbesuch in der Schweinfurter Rudolf-Diesel-Straße 35 Susanne Puello, die Geschäftsführerin des erst im Juli 2017 gegründeten Unternehmens. Die Marken Husqvarna Bicycles (hochwertige E-Bikes aller Kategorien) und R Raymon (Vollsortimeter, Räder mit und ohne Motor) seien längst auf dem Markt angekommen und von Anfang an auf Wachstumskurs, welchen zwar Corona beschleunigt, ab nicht ausgelöst habe.

Gestärkt ist die Marktposition von Pexco jetzt aus aus dem österreichischen Mutterkonzern (Pierer Mobility AG) durch eine Verzahnung mit dem spanischen Motorradproduzenten GasGas, der auch E-Bikes herstellt. Dieser Schritt steht für die Vision von Pexco als Innovationsträger in der Zukunftswelt der E-Mobilität mit Fahrzeugen bis 45 Stundenkilometern. In dieses Spektrum passen die E-Bikes (Motorunterstützung bis 25 km/h, aber auch das S-Pedelec bis 45 km/h) wie auch der E-Roller und künftig noch vieles mehr.

Beschaffung als Herausforderung

"Nach nicht einmal vier Jahren wird Pexco (75 Mitarbeiter am Standort, keine eigene Fertigung) heuer einen Umsatz von 200 Millionen Euro erreichen", so Puello. 2025 soll dann die Grenze zur halben Milliarde geknackt werden. Das Kernproblem sei dabei nicht die Akquise der Kundschaft, sondern die Beschaffung der Teile für die Fahrradproduktion. Nicht nur Rahmen, Lenker oder Kurbeln, sondern auch Schrauben und Muttern, einfach alles, werde weltweit unter Bedarf produziert. Dank langfristiger Planung sei Pexco jedoch bislang "ganz gut durchgekommen und hat gut geliefert". Noch zwei Jahre werde es diese Probleme bei der Beschaffung geben – eine "gewaltige Ausgabe", die viel Kraft binden werde und wohl auch Neuerungen zwar nicht ausschließe, aber mitunter abbremsen wird.

Zwei große Ausstellungsräume hat die Pexco – für die Modelle von Husqvarna und R Raymon (Foto).
Foto: Gerd Landgraf | Zwei große Ausstellungsräume hat die Pexco – für die Modelle von Husqvarna und R Raymon (Foto).

Seinen Aktionsraum hat Pexco ausgeweitet. Ursprünglich auf den deutschsprachigen Raum fokussiert, ist man heute europaweit und auch auf dem Wachstumsmarkt in USA präsent. Als Trend ist das urbane Radeln erkannt, bei dem sich erneut Husqvarna (auffälliges Design, hoher Bekanntheitsgrad, "einfach eine gigantische Marke") und R Raymon ("extrem hoher Absatz auch im Non-E-Bike-Bereich und ansonsten mit dem Yamaha-Motor exzellent aufgestellt") ergänzen würden.  

Auf den angestammten Positionen

In der Rudolf-Diesel-Straße überreichte Susanne Puello gleich zwei Visitenkarten, die sie als Geschäftsführerin von Pexco (Puello eMobility Crossover Company) sowie als Managing Director der Pierer E-Bike GmbH ausweisen. Anfang 2020 war die als Familienunternehmen gegründete Pexco in die Pierer Mobility AG (7000 Mitarbeiter) überführt worden. Die beiden Geschäftsführer Susanne und Felix Puello arbeiten seither weiter auf ihren angestammten Positionen und eng mit zwei Vorständen des Pierer Konzerns (dazu gehören etwa die Motorradmarken KTM, Husqvarna und GasGas) zusammen.

 
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Kommentare
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  • vollmilch
    In den Fällen, in denen das Jobrad über Entgeltumwandlung funktioniert (z.B. öffentlicher Dienst) profitieren von dem Modell der Fahrradhändler (das Fahrrad wird immer zum Listenpreis ohne Rabatte verkauft), die beteiligte Leasingfirma und die Fahradversicherer (eine Versicherung ist in der Regel verpflichtend abzuschließen). Das ganze geht zu Lasten der Sozialversicherungen die weniger Beiträge erhalten, was wiederum zu höheren Beiträgen für alle führt. Ein Lob an jeden Arbeitgeber, der das Modell durchschaut, seine Verantwortung erkennt und es trotz Druck durch schlecht informierte Mitarbeiter nicht einführt!
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  • ba.stark@web.de
    Da gebe ich Ihne recht.

    Und ganz wichtig: Eine Entgeltumwandlung senkt das steuer- und sozialversicherungspflichtige Brutto. Dies hat zur Folge, dass weniger Rentenbeitrag und logischerweise später auch weniger Rente gezahlt wird.
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  • austroewer
    Nur die Stadtverwaltung Schweinfurt kommt mit dem "Jobrad" nicht weiter!!!!
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    die Erwartungen an Jobrad und Konsorten sind oftmals höher als das was letztlich dabei herausspringt! Die Ersparnis entspricht am Ende nicht den Erwartungen. Viele kaufen sich 5000,- € teure E-Bikes die dann gar nicht oder kaum genutzt werden; am Ende noch ausgelöst werden und anschließend im Keller vergammeln.

    Lohnen tut sich die Sache hauptsächlich für die, die eh permanent mit dem Rad unterwegs sind und für die sich ein sündhaft teures Rad lohnt.

    Alle anderen Wenigfahrer kommen mit einem 500,- € Rad ohne Jobrad und Konsorten günstiger weg.

    Interessant wird es bei Jobrad und Konsorten auch wenn man den Arbeitsplatz wechselt, in den meisten Fällen muss dann das Fahrrad zum hohen Preis ausgelöst werden.

    Letztlich bleibt es aber immer eine Art Kauf auf Raten mit etwas Rabatt. Dadurch tätigen viele einen Abschluss obwohl es sich für sie nicht lohnt.
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