Marcus Müller nutzt den gesamten Tanzboden, als er die gut zehn Kilogramm schwere Gaufahne kreisen lässt. Der Oberelsbacher ist der 1. Gaufähnrich des Trachtenverbands Unterfranken und darf als Erster bei der Eröffnung des Gautrachtenfestes am Samstagmittag im Festzelt auf dem Volksfestplatz einmarschieren.
Stolz trägt er das tannengrüne Banner mit dem unterfränkischen Wappen durchs Zelt und bringt es vor der Bühne unter dem Beifall der Festgäste zum Schwingen. Nicht alle Fähnriche trauen sich so eine Show-Einlage zu. Dazu braucht es viel Übung.
20 Trachtenvereine aus ganz Unterfranken waren zum 9. Unterfränkischen Gautrachtenfest nach Schweinfurt gekommen. Und auch wenn der Festzug wegen der schlechten Wetterprognosen abgesagt worden war, die Trachtler ließen sich die Stimmung nicht vermiesen. Im Festzelt wurde getanzt, gesungen und das fränkische Brauchtum gefeiert. Eine Augenweide die schicken Trachten der Frauen, Männer und Kinder, ein Höhepunkt die Ehrentänze der Vereine.
"Es ist nicht die Hauptaufgabe von uns Trachtlern, auf einer Bühne unser Brauchtum zu präsentieren", stellte 1. Gauvorsitzende Inge Burkhard-Vatterodt in ihrer Festansprache klar. Nein. Den Trachtlern geht es hauptsächlich darum, dass Bräuche wie Tracht, Musik, Tanz und Sprache nicht in Vergessenheit geraten. Und das funktioniere nur, wenn die Tradition auch gelebt werde. "Die Tracht ist bei uns Trachtlern ein Bestandteil in unserem Leben." Beim Gautrachtenfest, das jährlich an wechselnden Orten stattfindet, könne man diese trachtlerische Brauchtumspflege erleben, sagte Burkhard-Vatterodt.
In der Tat: Ob Jung oder Alt, Klein oder Groß – die Vertreterinnen und Vertreter der unterfränkischen Trachtenvereine marschierten stolz in ihren Trachten auf und sangen mit Inbrunst ihre Trachtenhymne, in der es am Ende heißt: "... du Tracht dir bleib ich treu".
Schweinfurts Oberbürgermeister will Fränkisch lernen
Oberbürgermeister Sebastian Remelé appellierte an alle Trachtenvereine, das fränkische Brauchtum und die fränkische Tracht weiter aufrechtzuerhalten und in die nächste Generation zu tragen. Er freue sich, "dass wir Franken wieder dieses Selbstbewusstsein entdeckt haben". Augenzwinkernd versprach er gar, einen eigenen Beitrag zu leisten und bis zum Ende der Veranstaltung den fränkischen Dialekt zu lernen.
Landrat Florian Töpper zeigte sich stolz, dass vor allem "der Landkreis Schweinfurt dieses Festzelt mit seinen Trachtenvereinen bespielt". Sie seien Beleg, wie lebendig das Brauchtum auf den Dörfern sei. Und es sei "schön zu spüren, dass es weitergeht", meinte Töpper mit Blick auf die kleinen Mädchen und Buben in ihren schmucken Trachten.
Landtagsabgeordnete Martina Gießübel (CSU) aus Grafenrheinfeld, die in ihrer fränkischen Heimattracht zum Gautrachtenfest gekommen war, appellierte, die Heimatkultur weiter zu bewahren. Gerade im Freistaat Bayern genieße Brauchtum und Heimatpflege einen hohen Stellenwert.
Bezirkstagspräsident Stefan Funk sagte, der Bezirk sei ein großer Förderer der Trachtenvereine. Auch er unterstrich die Bedeutung der Brauchtumspflege und in diesem Zusammenhang das ehrenamtliche Engagement in den Vereinen, das dafür notwendig sei.
Ehrung für langjähriges Engagement in der Jugendarbeit
Wie wichtig die Jugendarbeit ist, betonte Elfi Graß vom Vorstand der Bayerischen Trachtenjugend. Gemeinsam mit Gau-Jugendleiterin Melanie Cmiel ehrte sie Gerda Büschel und Susanne Rieß vom Sennfelder Trachtenverein für ihr langjähriges Engagement in der Jugendarbeit mit der Ehrennadel in Gold. Gerda Büschel ist seit über 27 Jahren unter anderem als Tanzleiterin und Ausbilderin der Planpaare tätig. Susanne Rieß begann vor 29 Jahren als Sing- und Tanzleiterin, studiert die Plantänze ein und ist zuständig für das Fertigen der Bänderhauben.
Brauchtum und kulturelles Erbe schweißen Generationen zusammen. Das belegt die Kindertanzgruppe der Sennfelder, die beim Gautrachtenfest ihr Können zeigte. Zwischen 30 und 40 Mädchen und Jungen tanzen hier regelmäßig mit. Zu den Jüngsten gehört die vierjährige Elina. Beim Gautrachtenfest hatte sie ihren ersten großen Auftritt in der Festtagstracht: auf dem Kopf die Bänderhaube mit dem Myrte-Kränzchen, um die Schultern das Seidentuch mit Goldbrosche und über dem Plisseerock die bunte Seidenschürze.
Die Tradition des Volkstanzes hat in Franken eine sehr lange Geschichte. Stampfer, Schlamperer oder Kreuzpolka sind typisch fränkische Volkstänze. Den ganzen Nachmittag über gab es Vorführungen. Sogar ein oberbayerischer Schuhplattler wurde gezeigt.
Die "Spessartwäldler", der Gebirgstrachtenverein aus Heimbuchenthal, ließ die Lederhosen krachen und eine Dirndl-Dreherin dazu ihren weiten Rock fliegen. Im oberbayerischen Dirndl präsentierten sich auch die Weinhoheiten aus dem Gau Unterfranken, allen voran Schweinfurts Weinprinzessin Julia. Mit dabei auch ein angehender Weinprinz in Lederhosen.