Typisch Franken? Bratwurst, Fachwerk, Dialekt, Kirchweih, Wein und Bier werden da wohl am häufigsten genannt. Doch was davon ist Klischee, was Wirklichkeit? Antworten auf diese Fragen will jetzt die Bayerische Landesausstellung "Typisch Franken?" geben. In der Orangerie im mittelfränkischen Ansbach beleuchten zahlreiche Exponate und Mitmachstationen das Besondere an der Region und die kulturgeschichtliche Vielfalt Frankens. Zweieinhalb Jahre haben die Verantwortlichen die Schau geplant und konzipiert. Ausstellungschef Rainhard Riepertinger vom Haus der Bayerischen Geschichte in Augsburg erklärt, welche zehn Dinge besonders typisch für Franken sind.
1. Die Bratwurst: das fränkische Nationalgericht
"Eine Ausstellung über Franken ohne Bratwurst ist unvorstellbar", sagt Historiker Rainhard Riepertinger. Ganz unabhängig davon, ob man selbst Bratwürste mag oder nicht – sie gehören zu Franken dazu. Das Spannende: "Jede Region hat ihre eigene Bratwurst." So ist die herkunftsgeschützte "Nürnberger Bratwurst" neun Zentimeter lang, wird aus feinem Schweinebrät hergestellt und in Schafsdarm abgefüllt. Mit zwölf bis 16 Zentimeter ist die normale "Fränkische Bratwurst“ deutlich größer, sagt Riepertinger. Die Schau geht auf die Verschiedenheit der Bratwürste in Ober-, Mittel- und Unterfranken ein. Wo es die beste Bratwurst gebe, das müsse aber jeder selbst herausfinden, sagt der Ausstellungsmacher.
2. Die Reichsstädte: kulturgeschichtliche Vielfalt
Egal ob Nürnberg, Rothenburg ob der Tauber, Schweinfurt, Weißenburg, Dinkelsbühl oder Bad Windsheim - Franken ist und war geprägt von seinen Reichsstädten, sagt der Ausstellungsleiter. "Bereits im Mittelalter steigen diese sechs Städte zur Reichsstadt auf und profitierten fortan vom Schutz des kaiserlichen Wappens." Frei von den Zwängen der feudalen Ordnung entwickelten sich die Städte schnell zu kulturellen Zentren, in denen das Bürgertum stolz seine Unabhängigkeit mit stattlichen Bauten zum Ausdruck brachte und in denen die Wirtschaft prosperierte. "Typisch fränkisch ist genau diese kulturgeschichtliche Vielfalt", sagt Riepertinger. Charakteristisch für Franken war im Mittelalter und der frühen Neuzeit die "Kleinstaaterei".
3. Der Adel: die Markgrafen von Ansbach
Der Adel hat die fränkische Region von jeher stark geprägt – und prägt sie immer noch. Allein 200 mittelalterliche Burgen sind hier bekannt. Und etwa ein Viertel aller Burgen und Schlösser in Franken sind noch in Privatbesitz und werden von ihren Eigentümern, die meist immer noch dem Adel angehören, bewohnt. In der Ausstellung geht es unter anderem um die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. "Wir wollen zeigen, wie die Markgrafen damals das Leben in Ansbach geprägt haben", sagt der Historiker. "Und wir werfen auch einen Blick auf den um 1440 gegründeten Schwanen-Orden, ein für die damalige Zeit sehr spannender Orden - denn dem durften damals auch weibliche Mitglieder beitreten."
4. Die Fürstbischöfe: geistliche und weltliche Herrscher
Fürstbischöfe waren nicht nur ranghohe geistliche Führer, sie besaßen als Herrscher über ein eigenes Territorium auch politische und militärische Macht. Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation standen sie im Rang von Reichsfürsten. Franz Ludwig Freiherr von und zu Erthal war von 1779 bis zu seinem Tod 1795 Fürstbischof von Würzburg und Bamberg. "Er nannte sich sogar Herzog von Franken", sagt Riepertinger. Es sei zwar nur ein Titular-Fürstentum gewesen, aber so zeigte er seine Macht und vor allem seinen Machtanspruch. Wie sehr die Gegenden um Bamberg und Würzburg vom Katholizismus geprägt waren, auch das ist Thema der Landesausstellung.
5. Das Bäderwesen: chic und mondän
Bad Kissingen war im 19. Jahrhundert ein echtes Weltbad: "Die Prominenz der ganzen Welt traf sich hier zur Kur, angefangen vom Zaren bis hin zur Kaiserin Sisi", sagt Riepertinger. Auch Otto von Bismarck, der erste deutsche Reichskanzler, kam 15 Mal zur Kur in das unterfränkische Städtchen. "Morgens Steak, abends Eis, dazu reichlich Champagner – der stressgeplagte Otto von Bismarck litt an Übergewicht, Gastritis und Gicht", sagt er. Auf seinen Kuren ließ Bismarck sich jedes Mal publikumsträchtig wiegen. Die original Bismarck-Waage wird in der Ausstellung gezeigt, sie ist eine Leihgabe des Museums Obere Saline in Bad Kissingen. "Es war ein Spektakel. Und wer das öffentliche Wiegen des Reichskanzlers auf der Waage an der Salinenpromenade verpasste, konnte die Ergebnisse in der Zeitung lesen."
6. Der Dialekt: wo das P ein B ist
Natürlich darf in solch einer Ausstellung der fränkische Dialekt nicht fehlen: Heißt es nun "Knörzla" oder "Gnezla", "Baggala" oder gar "Ranfterl"? An einer Hörstation ist das Endstück vom Brotlaib ein Thema. Das letzte Stück wird in Franken je nach Region völlig unterschiedlich bezeichnet. Doch was genau ist Fränkisch? "Unter Fränkisch werden die Dialekte Ober-, Mittel- und Unterfrankens verstanden, die sich deutlich vom Altbairischen und vom Schwäbischen unterscheiden", sagt Riepertinger. Gemeinsam sei allen, dass die Buchstaben "P" und "T" quasi nicht existieren. In der fränkischen Lautsprache fielen diese beiden Konsonanten komplett weg.
7. Wein und Bier: das Lebensgefühl
Allein in Oberfranken gibt es 170 Brauereien. Nirgendwo sonst in Europa findet man eine so große Dichte an Brauereien wie in Franken, daher darf ein Blick auf dieses Nationalgetränk in der Ausstellung nicht fehlen. Aus Gerste, Hopfen, Hefe und Wasser wird in Traditions-Brauereien sowie in kleineren und kleinsten Haus-Brauereien fränkisches Bier gebraut. Unterfranken dagegen ist eng mit dem Weinanbau verbunden. Woher kommt die Weinsorte Müller-Thurgau? Was hat es mit dem Bocksbeutel auf sich? Auch diese Fragen möchte die Landesausstellung zu beantworten.
8. Die Kirchweih: eine eigene Jahreszeit
"In vielen Orten in Franken ist die Kirchweih eine eigene Jahreszeit und hat einen hohen Stellenwert", sagt Riepertinger. Die Kirchweih – in Franken vielerorts "Kärwa" genannt – gehört fest zum fränkischen Brauchtum. Ursprünglich wurde dabei die Einweihung einer Kirche oder der Namenstag des Heiligen, dem die Kirche geweiht ist, gefeiert. Daraus haben sich meist mehrtägige Volksfeste entwickelt. Viele dieser alte Bräuche sind auch heute noch erhalten. Dazu gehören das Kirchweihbaumklettern in Gunzenhausen (Lkr. Weißenburg-Gunzenhausen) oder der Etwashäuser Kirchweihumzug in Kitzingen. Bei der Gochsheimer Kirchweih im Landkreis Schweinfurt steht dagegen der historische Plan-Tanz im Vordergrund.
9. Das Selbstverständnis: Franken oder Bayern
Natürlich geht es auch um das Verhältnis zwischen Bayern und Franken. "Immer wieder hört man von einem Gefühl der Benachteiligung. Daher haben wir versucht, dieses Thema aufzugreifen und historisch zu hinterfragen", erklärt der Historiker. Es gebe tatsächlich diese Unzufriedenheit mit München. Woher kommt diese? Als vor 200 Jahren die fränkischen Gebiete nach und nach an Bayern fielen, gab es keinen einheitlichen fränkischen Staat, sondern nur einen losen Bund von Herrschaftsgebieten. Rührt diese Unzufriedenheit daher? Riepertingers Fazit: "Eine bewusste Benachteiligung Frankens durch die Altbayern ist auf vielen Gebieten nicht erkennbar."
10. Der Fasching: Brauchtum und Quotenbringer
"Fastnacht in Franken", die Prunksitzung des Fastnachtsverbands Franken und gleichnamige Sendung des Bayerischen Rundfunks aus Veitshöchheim, ist mittlerweile jedem ein Begriff. Ist Fasching also typisch fränkisch? "Mittlerweile vielleicht ja", sagt Riepertinger. In der Rhön werden auch heute noch besondere Fastnachtsbräuche gepflegt, auch das erfährt man in der Bayerischen Landesausstellung. So staffieren sich die Männer in Weisbach, einem Ortsteil von Oberelsbach (Lkr. Rhön-Grabfeld), zu Fastnachtsumzügen mit Holzmasken, Buchszweigen und blauen Kitteln aus. Die Masken mit schwarzen Mandelaugen und gezwirbeltem Bart, roten Lippen und runden Bäckchen gehen wohl auf ein alttestamentliches Volksschauspiel des 19. Jahrhunderts zurück und werden "blaue Jüden" genannt, so Riepertinger.
Auch klar, dass ein staatlicher Historiker "eine bewusste Benachteiligung Frankens durch die Altbayern" nicht erkennen will. Da sollte er sich einfach mal die fadenscheinige Erklärung durchlesen, weswegen etwa das Herzogenschwert nicht nach Würzburg gebracht werden kann...
Die eher Zurückhaltende aber ehrliche Freundlichkeit.