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Schwebheim
"Es ist fünf vor zwölf": Was die Branche rund um Holzverarbeitung und Forstwirtschaft in der Region sauer macht
Den Wald umbauen zu müssen wegen des Klimawandels, darüber sind sich Holzwirtschaft und Bund einig. Warum ist der Weg dahin so schwierig?
Wie geht es weiter für Waldbesitzer und holzverarbeitende Unternehmen? Vertreter der Branche sehen die Zukunft kritisch. Bei einem Treffen im Sägewerk Karl Alt in Schwebheim wurden Probleme und Forderungen diskutiert.
Foto: René Ruprecht | Wie geht es weiter für Waldbesitzer und holzverarbeitende Unternehmen? Vertreter der Branche sehen die Zukunft kritisch. Bei einem Treffen im Sägewerk Karl Alt in Schwebheim wurden Probleme und Forderungen diskutiert.
Katja Beringer
 |  aktualisiert: 15.07.2024 14:24 Uhr

Immer mehr stillgelegte Flächen, immer mehr Restriktionen, "Bürokratiemonster" aus Brüssel oder Berlin, die Betrieben und Lieferanten das Leben schwer machen würden und der Klimawandel, der schon jetzt spürbar die Qualitäten senkt: Die Stimmung unter den Teilnehmern des Laubholzgesprächs im Sägewerk  Karl Alt in Schwebheim wirkt nach außen hin locker – und ist doch angespannt.

Der Bundesverband der Säge- und Holzindustrie, das Sägewerk Karl Alt in Schwebheim und Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber (CSU) haben zum Termin eingeladen. Gekommen sind 20 Vertreter der Branche, der Forstbetriebe der Region, Bürgermeister und Waldbesitzer.

"Es ist fünf vor zwölf", sagt Sägewerks-Geschäftsführer Stephan Alt. Es ist "schon nach zwölf", legt Alexander Bergmann, Vorsitzender der Forstwirtschaftlichen Vereinigung Unterfranken, nach. Da sei zum einen eine neue EU-Verordnung, die ab 2025 gilt. Um entwaldungsfreie Lieferketten geht es – eine Verordnung, die im Grunde für Produzenten aus Gebieten gedacht ist, wo Wälder für Sojakulturen niedergewalzt werden. Und doch auch in Deutschland umgesetzt werden muss. "1000-prozentig", fürchtet der Hofheimer Bürgermeister. "Für kleine Waldbesitzer ist das nicht zu bewerkstelligen."

Was das neue Waldgesetz der Bundesregierung bringen soll

Kaum weniger schwer im Magen liegt Vertretern der Forstwirtschaft wie ihm die zweite Novellierung des Waldgesetzes. Der Entwurf aus dem Bundesumweltministerium sei die "Abkehr von der Freiwilligkeit", sagt Bergmann – mit Vorgaben ohne Ende bis ins letzte Detail und angedrohten Sanktionen. Was man brauche, seien gute Programme, die Waldbesitzer fördern.

Aktuell sieht es dafür schlecht aus, geht man nach Julia Möbus vom Bundesverband der Deutschen Säge- und Holzindustrie. Sei doch der Waldklimafonds den Haushaltskürzungen im Bund zum Opfer gefallen. Dem gegenüber stehe eine Politik, die den nötigen Umbau der Wälder nicht schneller mache. Im Gegenteil. Laut Möbus steht das Bestreben, immer mehr Naturschutzgebiete zu den ohnehin schon zahlreich vorhandenen Flächen zu schaffen, dem klar entgegen. Denn auch in diesen Wäldern müsse der Bestand umgebaut werden, um für die Folgen des Klimawandels gerüstet zu sein.

Hatten zusammen mit dem Bundesverband der Deutschen Säge- und Holzindustrie, vertreten von Julia Möbus (rechts im Bild) zum Laubholzgespräch eingeladen: Sägewerks-Geschäftsführer Stephan Alt und Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber.
Foto: René Ruprecht | Hatten zusammen mit dem Bundesverband der Deutschen Säge- und Holzindustrie, vertreten von Julia Möbus (rechts im Bild) zum Laubholzgespräch eingeladen: Sägewerks-Geschäftsführer Stephan Alt und Bundestagsabgeordnete ...

99.000 Hektar Wald müssten jährlich umgebaut werden

Man müsse jetzt handeln, um weitere Schäden zu verhindern. Heißt: Die Bäume einschlagen, die keine Chance haben, sowie nachpflanzen und nicht warten, bis Trockenheit und Schädlingsbefall sich weiter auf die Qualität auswirken. 99.000 Hektar Wald müssten laut Möbus pro Jahr in Deutschland umgebaut werden. Gelungen sei dies bisher auf 22.000 Hektar im Jahr. Ihr Fazit: "Wir müssen schneller werden. Je langsamer wir sind, desto mehr Schadholz wird anfallen". Das Ziel sei klar: "Der Wald der Zukunft wird vor allem Laubwald sein."

Mit ihrer Haltung gegen eine großflächige Ausweitung von Schutzgebieten und dem im Koalitionsvertrag der Bundesregierung festgehaltenen Einschlagstopp in alten Buchenwäldern steht Möbus nicht alleine. Auch die Vertreter aus der Branche und Forstwirtschaft stimmten dem bei dem Treffen in Schwebheim geschlossen zu.

Weisgerber: "Das Thema Nationalpark Steigerwald ist vom Tisch"

Ihr Appell geht an die Politik, an diesem Tag ist das Anja Weisgerber, umweltpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Sie unterstützt die Forderung und punktet auch mit einer Nachricht zum Thema Steigerwald-Nationalpark. Der sei quasi vom Tisch, sagt Weisgerber. Im Koalitionsvertrag der Landesregierung sei ein dritter Nationalpark in Bayern ausgeschlossen worden. Sie selbst befürworte den Naturpark und das Trittsteinkonzept, eine Förderung der Waldbesitzer, eine nachhaltige Bewirtschaftung, sagt Weisgerber. Was sie nicht will: pauschale Flächenstillegungen. "Nur ein bewirtschafteter Wald ist ein nachhaltiger." Die Opposition werde sich dafür einsetzen. Zustimmendes Kopfnicken in der Runde.

212.000 Arbeitsplätze hängen an der deutschen Forst- und Holzwirtschaft

Die Branche ist ein oft unterschätzter Wirtschaftsfaktor. Laut Möbus stellen in der Bundesrepublik über 25.000 Unternehmen in der Forst- und Holzwirtschaft 212.000 Arbeitsplätze. Schon jetzt bekommt man die Folgen des Klimawandels zu spüren. Der Anteil von Schadholz steigt und wird das in den nächsten Jahren auch weiter tun. 

Holz, sagt Sägewerksbetreiber Stephan Alt, "ist der beste Rohstoff, den wir haben". Einer, der laut Verbandsvertreterin Möbus, viel kann. Nicht nur beim Bau, wo Holz helfe, CO2-intensive Rohstoffe zu ersetzen und Kohlendioxid langfristig zu speichern. Innovative Projekte zeigen, dass der Rohstoff Potenzial hat. Cellulose könnte in Zukunft in Autos, Flugzeugen, in der Kosmetik eingesetzt werden.

Das Sägewerk Alt aus Schwebheim liefert in alle Welt

Sägewerks-Chef Alt sieht – wie Verbandsvertreterin Möbus – viele Probleme auf die Branche zukommen. Ein Punkt ist die Versorgungssicherheit. Alt bezieht das Holz aus einem Umkreis von 200 Kilometern. 15.000 Festmeter Laubholz verarbeitet seine Firma im Jahr. Verkauft wird weltweit, 60 Prozent des Umsatzes macht das Sägewerk in Deutschland. Mengenmäßig geht das meiste nach Asien – und kommt von dort nicht selten zurück, zum Beispiel als Möbel.

 
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  • Florian Tully
    Holz für die Region - anscheinend eher Steigerwaldbäume für China. Lesen wir da richtig , unser Wald wird zur Holzfabrik reduziert? Wald ist nicht nur Holz. Spielt Artenschutz, Wasserrückhaltung, Klimaschutz durch Kühleffekte und Kohlenstoffspeicherung, Naherholung, etc. keine Rolle? Ach so, es wird ja (Zitat) "das mengenmäßig meiste nach Asien " (China) exportiert! Politikerinnen und Politiker sollten gut überlegen was für die Menschen existenziell wichtig ist.
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  • Hans Müller
    Sehr geehrter Herr Tully,

    wieso behaupten Sie, dass "Artenschutz, Wasserrückhaltung, Klimaschutz durch Kühleffekte und Kohlenstoffspeicherung, Naherholung etc." bei einem bewirtschafteten Wald keine Rolle spielen?
    Können Sie das mit Fakten belegen und begründen?

    Sie schreiben "lesen wir da richtig"!
    Da möchte ich Sie auf einen kleinen Irrtum hinweisen, der Ihnen bei der Lektüre unterlaufen ist.
    Herr Alt bezieht Holz AUS der Region im Umkreis von 200 Km und Sie schreiben FÜR die Region!
    Also wenn lesen, dann schon, wie Sie selbst schreiben, richtig lesen!

    Richtig ist, dass ein bewirtschafteter Wald viel mehr kann als ein sich selbst überlassener Nationalpark, allein schon deshalb, weil er uns mit dem nachwachsenden Rohstoff Holz versorgt, was ein Nationalpark nicht kann!

    Ich bin gespannt welche Argumente Sie vorbringen, was ein NP mehr kann als ein bewirtschafteter Wald.

    Ich sage nur Trittsteinkonzept!
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  • Jutta Bandorf
    Hallo Herr Müller,
    Ja, Holz ist ein nachwachsender Rohstoff - doch er wächst immer langsamer nach.
    natürlich haben Sie recht - auch die bewirtschafteten Wälder sind für Wasserrückhalt, Klimaschutz, Kühlung, als Naturraum und Naherholungsgebiet enorm wichtig: Sie sind in Ihrer Funktion wichtiger als nur das Holz. Infolge von Klimaänderungen (Hitze, Dürre, Starkregen, Stürme) stehen die Wälder immer mehr unter Stress. Die Grundwasserspiegel sinken, die Verdunstungsraten steigen, auch aus den Wäldern wird das Regenwasser viel zu schnell weggeleitetet, anstatt zu versickern- das sind sehr ungünstige Entwicklungen, die dazu führen, dass Holzzuwachs immer langsamer erfolgt. Das heißt: Wälder schonen und stärken, wir brauchen sie
    Ich komme aus dem Handwerk(Schreinerei) und finde es nicht sinnvoll unser wertvolles Holz, das hier bei uns seine Klimafunktion erfüllen könnte, nach China zu exportieren und als Billigmöbel zu reimportieren. Der globalisierte Handel sollte reduziert werden
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  • Hans Müller
    Der globale Handel sollte in der Tat reduziert werden!

    Noch wird der Wald, jedenfalls im Steigerwald, nachhaltig bewirtschaftet.
    Deshalb erfüllt er seine Klimafunktion.
    Da spielt es zunächst keine Rolle wohin das Holz verkauft wird.
    Dass der Transport in sich noch Klimaschädlich ist, ist zu berücksichtigen.

    Der Wald erfüllt auch seine Funktion als Wasserspeicher, aber bei Starkregen ist jedes Waldsystem auch einmal gesättigt.

    Da möchte ich das Amazonasgebiet anbringen.
    Wenn der Wald alles Wasser speichern könnte, dann dürfte es den wasserreichsten Fluss der Welt eigentlich nicht geben.

    Wichtig ist, dass man alle Anforderungen die an einen Wald gestellt werden auch dem Wald machen lässt.

    Ein Nationalpark und Flächenstilllegungen erfüllen nur einen kleinen Teil davon.
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  • Florian Tully
    Die Fa. Alt wird auch von den bayrischen Staatsforsten beliefert, die fleißig mit dem Slogan "Holz für die Region " werben ....
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  • Hans Müller
    Und jetzt frage ich Sie lieber Herr Tully, die Firma Alt ist doch in unserer Region oder nicht?
    Immer schon sachlich bleiben.
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  • Hans Müller
    Im übrigen, es steht noch Ihre Begründung aus lieber Herr Tully.
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  • Willi Rößner
    Die Holznutzung ist klimafreundlich, weil andernfalls klimaschädliche Stoffe wie Öl, Kunststoff, Stahl, Beton usw. verwendet werden müssen. Bewirtschaftete Wälder sind deshalb ökologischer als unbewirtschaftete. Die nachhaltige Forstwirtschaft im Steigerwald ist „gut für Klima, Wald und Mensch“. Das praktizierte Trittsteinkonzept wurde von der UN mit der international anerkannten höchsten ökologische Qualität als TOP 10 Projekt ausgezeichnet. Ideologisch begründete Restriktionen sind schädlich und werden von der Bevölkerung abgelehnt.
    Grüne und SPD, die für einen Nationalpark votieren, wurden im Steigerwald nur noch mit einem Stimmenanteil von zusammen 14,9 % in den Landtag gewählt (AFD 20,9 %). Die Regierungsparteien erreichten dort mit 57,1 % fast die vierfache Stimmenzahl.
    Der „Nationalpark“ ist mit fast vierfacher Mehrheit abgewählt. Oder wie im Artikel ausgedrückt: Das "Thema Steigerwald ist vom Tisch".
    Nicht Landwirtschaft, auch nicht die Forstwirtschaft ständig gängeln!
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