
Schon jetzt investiert die Bundesagentur für Arbeit Schweinfurt pro Jahr einen zweistelligen Millionenbetrag in die Qualifizierung. Nicht nur von Arbeitssuchenden. Auch Beschäftigte von Unternehmen profitieren von Beratung und Unterstützung – und nicht zuletzt die Arbeitgeber. Denn auch sie können über die Agentur für Arbeit ihre Beschäftigten fit machen für die modernen Aufgaben. Das Stichwort: Transformation, sagt Thomas Stelzer, Leiter der Bundesagentur in Schweinfurt.
Schon seit 2020 läuft das Projekt. Seit April 2024 hat es neuen Schub bekommen. Jetzt gibt der Bund noch mehr Geld für Qualifizierungsmaßnahmen – für die Weiterbildung selbst und als Arbeitsentgeltzuschuss. Je nach Größe des Betriebs können 25 bis 100 Prozent der Lehrgangskosten übernommen werden. Doch ist das den Betroffenen auch bewusst? Arbeitgebern wie Arbeitnehmern?
Größte Veranstaltung der Agentur für Arbeit Schweinfurt 2024
Die Frage könnte Ausgangspunkt für die erste Bildungsmesse in Schweinfurt gewesen sein. Es ist die größte Veranstaltung der Agentur für Arbeit Schweinfurt 2024. Ein Marktplatz, der Menschen aus Main-Rhön zusammen bringen sollte: aus Unternehmen, Bildungseinrichtungen, Menschen, die sich verändern wollen, aber noch nicht wissen, wie und in welche Richtung, Menschen, die Arbeit suchen.

Das Konzept, so scheint es, ist aufgegangen. Der Andrang in der Stadthalle Schweinfurt war groß, die Gespräche waren intensiv. Nicht nur an den Ständen der Bildungseinrichtungen – von der Handwerkskammer über Pflegefachschulen oder die Stadt Schweinfurt bis hin zur Sicherheitsfachschule. Auch Arbeitgeber und Arbeitssuchende kamen ins Gespräch.

Wie Olga Korableva. Die Programmiererin, die 2018 von Russland nach Schweinfurt kam, will nach ihrer Elternzeit wieder durchstarten, sucht Möglichkeiten, sich beruflich auf den neuesten Stand zu bringen, aber auch mehr. Ihre Bewerbungsmappe hat sie für den Besuch der Bildungsmesse gleich einmal mitgenommen. Mit Erfolg. Ein Bewerbungsgespräch hat sie sicher.

Auch Alexandra von Repel und Michaela Walters sind nicht nur hier, um sich über das Weiterbildungsangebot in der Region zu informieren. Es geht um netzwerken, mit Bildungsträgern persönlich in Kontakt zu kommen. Schließlich finden Unternehmen auch über sie Personal, das so dringend gebraucht wird. Dass die beiden in der Personalabteilung der Trips Group Grafenrheinfeld arbeiten, dem Unternehmen, aus dem die aktuelle IHK-Präsidentin kommt, ist Zufall bei dieser kleinen Umfrage unter den Teilnehmenden.
IHK-Präsidentin: Lösungen suchen, statt Mängel beklagen
Dass sie hier sind, sicher nicht. IHK-Präsidentin Carolin Trips weiß um die Möglichkeiten, wie Unternehmen bei der Qualifizierung von Beschäftigten unterstützt werden. Und die Chancen, die es für beide Seiten gibt – Arbeitgeber wie Arbeitnehmer. Diese Chancen zu nutzen, Lösungen zu suchen, statt Mängel zu beklagen, das ist ihr zentraler Appell an diesem Tag.

Die Qualifizierungsoffensive sieht nicht nur sie positiv. Auch Diana Bayer findet das Programm "mega", hat schon erste, gute Erfahrungen gemacht. Bayer ist Personalreferentin der Helfrich Ingenieure Projektierungsgesellschaft in Oerlenbach; Weiterbildung ist ein großes Thema. Einziges Manko: der hohe bürokratische Aufwand, um Mitarbeitende in die Qualifizierungsoffensive zu bekommen. Trotzdem, es lohne sich, sagt Bayer.
Dass sich der Besuch der Messe für ihn lohnen wird, hofft Johannes Schrodt aus Theres. Der 59-Jährige ist nicht arbeitslos, doch die Kündigung liegt schon auf dem Tisch. Schrodt ist auf der Suche nach etwas Neuem, fragt auch bei Bildungsträgern nach, ob sie eine freie Stelle haben. Er sei breit aufgestellt, habe schon viel gemacht, sagt er. Yvonne Röll vom Integrationsfachdienst gfi kann ihm leider nichts anbieten. Und so geht es weiter, Kontakte knüpfen. Um Weiterbildung geht es ihm nicht, dafür sei er zu alt, meint Schrodt.

Bei Olga Chabanenko ist das anders. Sie sucht einen neuen Beruf. In der Ukraine war sie Werbungsleiterin, hatte mit Promotion zu tun, wie sie erklärt. Jetzt will sie etwas ganz anderes machen, vielleicht in Richtung Grundschulkindbetreuung. Beraterin Martina Großmann von der Fachakademie für Sozialpädagogik in Haßfurt hat sie neugierig gemacht. Die Bildungsmesse sieht sie als Orientierungshilfe, sagt Chabanenko, die aus der Ukraine geflüchtet ist. Heute lebt sie in Schweinfurt, will hier bleiben.
Mit ihr ist ein ganzer Kurs des BSI (Bildungs- und Schulungs-Instituts) Schweinfurt zur Bildungsmesse gekommen. Wie die Ukrainerin absolvieren auch die andern hier einen Sprachkurs. Viele Menschen, die an diesem Tag zur Bildungsmesse kommen, haben Migrationshintergrund. Auch das, sagt Agentur-Chef Stelzer, ist ein Thema im Arbeitsamtsbezirk Schweinfurt, zu dem Schweinfurt, die Rhön, Bad Kissingen und die Haßberge gehören.
Es gehe auch um Integration. Aber nicht nur. Von der Qualifizierungsoffensive können allgemein jene profitieren, die Arbeit suchen. Oder Angst haben, ihren Job zu verlieren, ihre Möglichkeiten ausloten wollen. Angesichts des angekündigten Personalabbaus in der Großindustrie ein aktuelles Thema.