Vor der Bescherung Weihnachtsstimmung, gemeinsam singen: Für viele Schweinfurter ist das eine schöne und liebgewonnene Tradition. Seit 1946 musiziert der Evangelische Posaunenchor an Heiligabend am Marktplatz. Coronabedingt war zwei Jahre Pause. Was gibt es Neues? Was erwartet die Zuhörer? Leiter Wolfhart Berger, seit 1958 beim Chor, erzählt.
Heiligabend, kurz vor 18 Uhr. Der Marktplatz ist gut gefüllt, die Stimmung ist wunderbar, und wenn es ein paar Flocken schneit, ist es wie im Bilderbuch. Aber auch ohne Schnee, und bei ekligem Nieselwetter: Das Konzert des Evangelischen Posaunenchores gehört für viele zur perfekten Einstimmung auf die Bescherung. Genauso wie das Lied "Adeste fideles", auf Deutsch "Herbei o ihr Gläub'gen" zum Einstieg.
Zum Auftakt spielt der Chor immer "Adeste fideles"
Wolfhart Berger, der den Chor seit 1983 leitet, findet das Lied zum Anfang nicht nur so passend, weil der Text die Leute einlädt, zu kommen. Es sei auch perfekt für die Musiker und Musikerinnen, sich einzuspielen. "Wir sind eine Laiengruppe, das Musizieren soll ja auch Spaß machen." Im Laufe des Konzerts folgt dann auch ein anspruchsvollerer Satz, von Bach, zum Beispiel. Es soll halt für jeden etwas dabei sein.
Gut 35 Minuten dauert das Konzert in der Regel, vorher wird noch aufgebaut. Und natürlich auch geübt. "So eine gute Stunde stehen wir schon draußen", sagt Berger. Mit der Zeit weiß jeder, welche Kleidung die beste ist, wenn's kalt ist. Der Dirigent muss die Arme bewegen können, die Bläser die Brust zum Atmen.
Warum der Dirigent weiße Handschuhe trägt
Heuer trägt Wolfhart Berger übrigens weiße Handschuhe. Das hat einen ganz praktischen Grund. Der Chor steht nicht auf einer Bühne, es gibt keine Beleuchtung von oben. "Wir stehen irgendwo auf dem Marktplatz." Wahrscheinlich in der Nähe des Rückert-Denkmals. Sollte das Wetter schlecht sein, es regnen, wird der Chor am Durchgang zum Rathaus stehen.
Der Chor arbeitet daher heuer mit Pultbeleuchtung. Damit die 19 Musikerinnen und Musiker die Einsätze ihres Dirigenten auch sehen können, zieht er die weißen Handschuhe an. "Das sind so Sachen, die man lernt. "
Der Chor freut sich sehr auf den Auftritt, sagt Berger. Immer wieder haben Leute gefragt: "Spielt ihr heuer wieder?" Das Konzert zieht die Leute an. Einmal waren laut Zeitungsbericht 2000 Menschen da. Wieviel heuer kommen werden? Berger hat mal 400 Liedzettel drucken lassen, zum Mitsingen. Seiner Erfahrung nach ist die Zahl der Zuhörer, die aus vollem Herzen mitsingen, im Laufe der Jahre größer geworden.
Im Programm: Bekanntes und immer eine Weihnachtsschnulze
Für das Programm gibt es natürlich eine Erfolgsrezeptur. Bewährtes und Neues. "Stille Nacht" ist immer dabei. Oft gespielt werden "O Du fröhliche", "Tochter Zion", "Es ist ein Ros entsprungen". Und immer dabei: "Eine Schnulze ", sagt Wolfhart Berger. Diesmal wird das "Winter Wonderland" sein.
Sein erstes Weihnachtskonzert hat er übrigens 1959 am Marktplatz gespielt. Ein Jahr zuvor hat er als Neunjähriger mit Flügelhorn angefangen. Der große Bruder Günther war im Posaunenchor, das hat ihn angespornt, erzählt er. Mit dabei auch wieder Bruder und Posaunist Günther Berger, der seit 1956 keinen Auftritt versäumt hat. Damals war der frühere Lehrer 16 Jahre alt.
Wenn die Besucher beseelt nach dem Konzert nach Hause gehen und sich auf ruhige Feiertage freuen, hat der Chor schon einen Einsatz hinter sich, in der Justizvollzuganstalt in der Hadergasse. "Wir machen Heiliger Morgen und Heiliger Abend."
Konzerte für die Patienten und Patientinnen im Leopoldina und im Josefskrankenhaus
Am ersten Weihnachtsfeiertag spielt der Chor dann nach den jeweiligen Gottesdiensten im Krankenhaus St. Josef und im Leopoldina-Krankenhaus. Die Konzerte werden in die Krankenzimmer übertragen.
Deswegen wird an Heiligabend auch nicht zu ausgiebig gefeiert. Am nächsten Tag sind ja Auftritte. "Wenn man Posaune oder Trompete spielt, muss man ausgeruht sein." Und dann, nach den Konzerten in den beiden Kliniken, beginnt auch für den Evangelischen Posaunenchor die stille Zeit.
Wie wird's weitergehen? Das ist auch eine Frage, die den Posaunenchor beschäftigt. Das älteste Mitglied, Günther Berger, ist 82. "Die Jüngsten sind so um die 30." Wolfhart Berger und der Chor würden sich freuen, wenn neue Blechbläser und Blechbläserinnen dazukommen würden. Infos und Kontakt unter www.posaunenchor-sw.de