Am besten man bringt eigene Behälter zum müllfreien Einkaufen im Unverpackt-Laden in Werneck mit. Oder man erwirbt vor Ort, im neuen "Weltkind", Gläser, Boxen und Baumwollbeutel zum Transport der Waren. Biologisch und vorwiegend aus der Region sind die verpackungsfreien Lebensmittel und Non-Food-Artikel, vegetarisch und vegan die Speisen im angeschlossenen Bistro. Ein Secondhand-Shop im Obergeschoss des sanierten Sandsteinhauses komplettiert das nachhaltige Projekt.
"Ihr könnt komm!" Die fränkisch-liebevolle Einladung der "Weltkind"-Genossenschaft als Betreiber der drei Bereiche fruchtet: Nach monatelanger Umbau- und Vorbereitungszeit ist am Eröffnungstag in dem ehemaligen Feige-Haus in der Julius-Echter-Straße 11# viel los. Erprobte Unverpackt-Einkäufer wie Frank Gutmann sind darunter, die ihre mitgebrachten, leeren Gläser auf der Waage zunächst wiegen, beschriften und dann befüllen.
"Solche Läden gibt es bei uns nur in Würzburg oder Bamberg", weiß der Schwemmelsbacher. Er kauft schon bisher regionale und biologische Lebensmittel. Das umweltschonende Angebot ohne Verpackungsmüll überzeugt ihn. "Es geht um Nachhaltigkeit und darum, wie wir die Welt an unsere Kinder weitergeben", meint er und nickt seiner Tochter Sina zu, die eifrig die Gläser beschriftet.
Viele Neugierige bestaunen in dem 45 Quadratmeter großen Raum das vielfältige Angebot mit etwa 400 Produkten vor allem von Bio-Landwirten und Erzeugern aus der Region. Schicke Schütten aus Glas und Metall voller Nüsse, Nudeln, Getreide, Müsli oder Mehle schmücken die Wände. Sie rahmen saisonales heimisches Gemüse, Obst und Salate ein, die mitten im Raum zum Zugreifen einladen.
Reinigungsmittel gibt es zum Abfüllen aus Kanistern
Fleisch und Wurst gibt es hier nicht. Im Kühlschrank stehen Bio-Milch und –Joghurt. Ein Weinregal bietet eine Auswahl heimischer Bio-Winzer. In einer Nische daneben gibt es zum Abfüllen aus Kanistern Reinigungsmittel aller Art, aber auch Kosmetika einer Würzburger Firma.
Hinter der Theke, einem alten Küchenschrank, sind diverse Brotlaibe und Brötchen der Greßthaler Bäckerei Wolz drapiert. An der Käsetheke schneidet Anna Rheude ein Stück Hartkäse ab. Die Ernährungsberaterin und frühere Wirtschaftsingenieurin leitet in Vollzeit den Unverpackt-Laden. "Mir geht es um die Sinnhaftigkeit bei dem, was ich tue", erklärt sie.
Angestellt ist sie mit fünf Teilzeitkräften und einigen Minijobbern bei der Weltkind-Genossenschaft, die mittlerweile über 200 Genossen zählt. "Es können aber gerne noch mehr werden", erklärt Maria Oestreicher, Diplom-Kauffrau im (Un-)ruhestand. Sie bildet gemeinsam mit dem Schraudenbacher Bio-Landwirt und Grünen-Kreisrat Udo Rumpel den Vorstand.
Entwachsen ist das gemeinsame Engagement aus dem Verein "Nachhaltiges Werntal", den Rumpel und seine Frau Beate mit einigen Mitstreitern 2020 gründeten. Es geht ihnen um Bewusstseinsbildung, um weniger Plastik, um Nachhaltigkeit, um die Stärkung der biologischen Landwirtschaft, um die Umwelt schlechthin. Aber auch um die Wiederbelebung der Orte, um Einkaufsmöglichkeiten, um einen Treffpunkt.
Historisches Sandsteingebäude sollte abgerissen werden
In Christian Leber fand sich ein Käufer des maroden Sandsteinhauses, das die Gemeinde einst für eine bessere Ausfahrt auf die Bundesstraße 26 abreißen wollte. Er sanierte das historische Gebäude und vermietet es jetzt an die im November 2021 gegründete Genossenschaft.
Umbau und vor allem die Einrichtung für Laden, Bistro und Secondhand-Shop dauerten länger als geplant. Lieferschwierigkeiten, Handwerker-Knappheit, aber auch coronabedingte Ausfälle verzögerten den Eröffnungstermin. "Das Geländer für die Terrasse sollte gestern noch montiert werden, aber der Handwerker musste absagen", entschuldigt Udo Rumpel.
Die Terrasse ergänzt das Bistro mit den Vintage-Möbeln im hinteren Teil des Feige-Hauses mit seinen gut 20 Sitzplätzen. Selbstbedienung ist hier angesagt. Tom Schroer verantwortet die gastronomische Alternative mit den vegetarischen und veganen Gerichten. Täglich wechselnde Kuchen und Snacks kocht er mit Christoph Kruppa aus regionalen, biologischen Produkten. "Wir versuchen, verschiedene internationale Geschmacksrichtungen mit der Heimat zu verbinden". Natürlich könne das Essen in Mehrwegbehältern auch mitgenommen werden.
Das Zusammenspiel von Bistro und Laden besteht nicht nur im gemeinsamen Einkauf von Gemüse beim Sennfelder Bio-Gärtner. Geplant ist, Produkte aus dem Laden in der Bistro-Küche zu verarbeiten, bevor sie nicht mehr verwendbar sind. "Bei uns wird nichts weggeworfen", sagt Anna Rheude.
Ebenso originell wie Laden und Bistro ist im Obergeschoss der Secondhand-Shop gestaltet. "Wir haben ein paar Schreiner in unseren Reihen, die haben das gebaut", freut sich Udo Rumpel über die ehrenamtlichen Weltkind-Genossen. Alte Möbel verhelfen den Räumen zum besonderen Flair. Sehr gut erhaltene, hochwertige Damen-, Herren- und Kinderkleidung sowie Spielzeug findet sich hier. "Auch das ist Nachhaltigkeit".
Weil das Unverpackt-Projekt "kein Hobby, sondern ein wirtschaftliches Unternehmen" ist, wie Rumpel unterstreicht, muss jetzt Umsatz generiert werden. Aber die Kombination von Laden, Bistro und Secondhand macht ihn sicher, dass das "Weltkind" laufen lernt.