Die fränkischen Passionsfestspiele in Sömmersdorf, die Sennfelder und Gochsheimer Friedens-, Freude- und Kirchweihfeste und nun die Mainfähre in Wipfeld eint im Landkreis Schweinfurt eine Auszeichnung: Die Aufnahme in das Bayerische Landesverzeichnis als Immaterielles Kulturerbe.
Doch was bedeutet das? Die Auszeichnung würdigt im Rahmen eines "UNESCO-Übereinkommens" den Erhalt des kulturellen Erbes durch gelebte Traditionen, die einer Gemeinschaft das Gefühl der "Identität und Kontinuität" geben. Im Gegensatz zum materiellen Kulturerbe (Bauwerke, Kunst und Kulturlandschaften) sind diese allerdings nur im "Moment des Tuns" sichtbar; im Tanz, im Gesang und der Schauspielkunst, bei der Pflege von Brauchtum, der Überlieferung von Wissen und dem Ausüben traditioneller Handwerkstechniken. Im Fokus stehen die Menschen, die ihre Traditionen und Werte, ihr Wissen und Können von Generation zu Generation aktiv weitergeben und optimieren.
Fährenfestival am Wochenende
Seit März ist nun bekannt: Auch der Betrieb der Mainfähren in Obereisenheim, Fahr und Wipfeld, die am kommenden Wochenende (16/17.Juli) ihr traditionelles Fährfestival mit einem bunten Programm feiern, wurden in das Landesverzeichnis als Immaterielles Kulturerbe aufgenommen. Eine hohe Auszeichnung und schöne Wertschätzung, stellt Wipfelds Bürgermeister Tobias Blesch erfreut fest. Erst kürzlich hat er mit seinen Bürgermeisterkollegen und Fährleuten in der Nürnberger Kaiserburg die Auszeichnung von Heimatminister Albert Füracker entgegen genommen.
Die Historie der Wipfelder Fähre ist lang, sehr lang, denn heute wie damals ist die Fähre ein unverzichtbares Transportmittel – ein verbindendes Element, eine schwimmende Brücke über den Main und eine Attraktion, die alljährlich Touristen wie Einheimische zu Fuß, mit dem Rad, dem Auto oder dem landwirtschaftlichen Gefährt nutzen und genießen.
Schon im 15. Jahrhundert wird eine Fähre bei Wipfeld erwähnt
Bereits früh ergänzte eine Fähre die ursprünglich etwa 60 Meter breite Furt zwischen Wipfeld und dem Kloster St. Ludwig auf der anderen Mainseite. Wie die Wipfelder Chronik verrät, berichten die Sal- und Rechnungsbücher, sowie die Niederschrift der Dorfordnung schon im späten 15. Jahrhundert von einer Fähre; seit wann es sie gibt, ist leider nicht überliefert.
Im Laufe der Jahrhunderte wurde der Betrieb der Mainfähren zwar immer wieder optimiert, sorgte aber stets nach altem Brauch vom Holzfloß, über das sogenannte fliegende System mit Kettenzug, Seilmastfähre bis hin zur modernen Motorfähre für eine Verbindung zwischen den beiden Ufern des Mains.
1969 erwarb die Gemeinde Wipfeld das Fährrecht und den Fährbetrieb. Allerdings musste das alte Fährboot 1974 endgültig aus dem Verkehr gezogen werden, und so kaufte die Gemeinde bereits im gleichen Jahr eine gebrauchte, gut 25 Jahre alte Motorwagenfähre. Die gewährleistete zwar eine sichere Überfahrt, erwies sich aber auch als extrem reparaturanfällig, und so stellte das Wasser- und Schifffahrtsamt 1985 nach einer Leckage den Fährbetrieb ein. Da eine Reparatur zu kostspielig gewesen wäre, beschloss der damalige Gemeinderat die Anschaffung einer neuen Fähre. Und die überquert nun seit 1986, gebaut von einer Volkacher Firma, ganzjährig den Main.
Nach mehreren kleineren und auch größeren Reparaturen musste die Fähre 2017 einer umfangreichen Revision unterzogen werden – eine elektrohydraulische Steuerung wurde dann 2018/19 eingebaut.
Vom drohenden Aus mancher Mainfähren ist die Wipfelder Fähre übrigens nicht betroffen. Ab 2030 ist für den Betrieb ein geschlossener Stahl-Schiffskörper mit vier Kammern vorgeschrieben und darüber verfügt die Wipfelder Fähre.
Damit hat sie gleich zweimal Glück. Denn wie es schon Bürgermeister Tobias Blesch 2021 bei einem Interview feststellte, wäre sie ohne diesen geschlossenen Schiffskörper im Juni letzten Jahres nach einem Unfall "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gesunken". Damals rollte nämlich ein großer Traktor mit Anhänger rückwärts von der Fähre und versank im Main – passiert ist weder dem Landwirt noch dessen Hund etwas; die Fähre allerdings lag zur Reparatur und einer vorgezogenen Revision wochenlang auf dem Trocknen.