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Werneck
Ein Tag im Kindergarten Werneck: Was Erzieherinnen und Erzieher leisten
Der Tag im Kindergarten ist sehr abwechslungsreich. Unser Autor hat sich im KiGa Marienau Werneck umgeschaut. Was er erlebt hat und welchen Einfluss Corona auf die Kindergärten hat.
Gespannt hören die Kindergartenkinder einer Geschichte über den Herbst zu, die ihnen Reporter Aurelian Völker vorliest. Kurz danach unterbricht Gruppenleitung Daniela Maxhuni-Bleiweis die Geschichte, damit die Kinder raten können, wie sie weiter geht.
Foto: Anand Anders | Gespannt hören die Kindergartenkinder einer Geschichte über den Herbst zu, die ihnen Reporter Aurelian Völker vorliest.
Aurelian Völker
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:34 Uhr

Keinen Streit mehr. Einen Regenbogen sehen. Endlich wieder auf den Spielplatz oder in den Wald gehen. Oder selbst Apfelmus herstellen. Das sind nur einige der Wünsche, die sich die Kinder des katholischen Kindergartens Marienau in Werneck für diesen Herbst gewünscht haben. Am häufigsten hatten aber auch die Kleinen einen Wunsch, den sich wohl auch alle Großen wünschen: „dass Corona endlich weggeht“.

Im Wald waren die Kinder inzwischen, leckeres Apfelmus haben sie auch schon selbst gemacht – und zumindest ein Wunsch geht an einem Mittwoch im Oktober in Erfüllung: kein Streit in der Gruppe. An diesem Tag bin ich zu Gast im Kindergarten, um zu erfahren, wie der typische Alltag im Kindergarten abläuft. Doch einen typischen Tag gibt es für Kinderpfleger und Erzieherinnen gar nicht. Denn zum einen ist jeder Tag anders. Und zum anderen kommen immer unvorhersehbare Ereignisse dazwischen. Erzieherinnen und Erzieher müssen "flexibel und spontan" sein, sagt Daniela Maxhuni-Bleiweis, die stellvertretende Kindergartenleitung.

Tägliches Ritual: Mama am Fenster winken

Es ist kurz nach 7 Uhr. Die ersten Kinder trudeln in ihre Gruppen ein. "Ich will in die Bauecke", sagt ein Kind, nachdem es sich von seiner Mama verabschiedet hat und in den Raum rennt. Doch bevor es so weit ist, folgen viele Kinder erst einem Ritual: den Eltern noch einmal vom Fenster aus winken. Dafür dürfen die Kleinen sogar aufs Fensterbrett steigen. So wird am Morgen fleißig gewunken und der ein oder andere Hand-Luftkuss verteilt.

Fotoserie

Im Laufe des Morgens füllt sich der Kindergarten, mit den 126 Kindern, die sich auf vier Kindergartengruppen und zwei Kleinkindgruppen aufteilen. Viele Kinder schauen mich mit großen Augen und einem Blick an, der dahinter die Frage "Wer ist der fremde Mann?" vermuten lässt. Andere Kinder wissen schon, dass "Herr Völker" zu Besuch kommt. Die Freude ist ihnen anzumerken, sie haben zahlreiche Fragen.

Die Vorfreude ist riesengroß, als es nach draußen geht. Doch bevor die Kinder ins Freie dürfen, ziehen sie sich ihre Matschhosen und Gummistiefel an.
Foto: Anand Anders | Die Vorfreude ist riesengroß, als es nach draußen geht. Doch bevor die Kinder ins Freie dürfen, ziehen sie sich ihre Matschhosen und Gummistiefel an.

Gezielte Angebote für die Kinder

Flugzeuge fliegen durch den Raum. Polizisten laufen auf der Ritterburg. Dinosaurier fahren mit dem Piratenschiff. Gleichzeitig wird gemalt oder gepuzzelt. Zwei Kindern wächst der Bauklotzturm bis zum Hals, für sie ist er "aber immer noch nicht groß genug". Doch plötzlich rennen alle zum Fenstern, denn ein Junge hat draußen etwas entdeckt: "Ein Eichhörnchen!", ruft er. Großes staunen. Und dann kommt ein weiteres den Baum hinab. "Zwei auf einmal hab ich noch nie gesehen", freut sich ein Mädchen.

Die Glocke klingelt. Das ist das Zeichen, aufzuräumen. Denn dann steht etwas Neues an, etwa der Morgenkreis. In der Schatzinselgruppe gibt es heute keinen Morgenkreis, stattdessen findet im großen Foyer ein gezieltes Angebot statt. Die Kinder bringen ihre Stühle mit und bilden einen Stuhlkreis. Was dort immer gemacht wird? "Spiele", "spannende Sachen", "Musik hören", "ein Buch lesen", lauten die Antworten der Kinder. Und "singen", aber das ist wegen Corona derzeit nicht möglich.

Alles dreht sich um den Herbst

Thema heute: Der Herbst. Auf dem Boden liegt eine runde, braune Decke. Die Kinder erzählen, was sie alles kennen, das rund ist: "ein Fußball", "ein Topf", "die Sonne" oder "ein Bulldog-Reifen". Sie malen mit beiden Händen Kreise in der Luft. Und was ist braun? "Stühle", "die Erde", "Baumstämme" – und "ein Bulldog-Reifen, nachdem er durch den Dreck gefahren ist", lauten die Antworten der Kinder.

Für ihre Gruppe hat sich Kindergartenleitung Gaby Brand ein gezieltes Angebot zum Thema Herbst überlegt. Zum Abschluss durften die Kinder auf ihren Zeichenblöcken viele herbstliche Blätter malen.
Foto: Anand Anders | Für ihre Gruppe hat sich Kindergartenleitung Gaby Brand ein gezieltes Angebot zum Thema Herbst überlegt. Zum Abschluss durften die Kinder auf ihren Zeichenblöcken viele herbstliche Blätter malen.

Dann lässt die Kindergartenleitung Gaby Brand einen bedeckten Korb rumgehen, in dem die Kinder etwas fühlen sollen, das ebenfalls braun sein kann. Es raschelt. "Das sind Tannenzapfen", flüstert mir ein Junge ins Ohr. Als der Korb bei ihm ankommt und er gefühlt hat, ändert er seine Meinung. Es müssen Blätter sein. Die meisten haben das Blatt erfühlt oder am Rascheln erkannt. "Das war wohl zu einfach", sagt Brand. Zwei Kinder dürfen Wind spielen und die Blätter verteilen. Dann darf jedes Kind auf seinem Zeichenblock Blätter malen.

Regen macht den Kindern nichts aus

Bei den Kindern der Blumenwiese ist inzwischen Essenszeit. Kinder mit Bären, Einhörnern, Dinosauriern, Prinzessinnen und Kürbissen auf ihren Klamotten suchen sich mit ihrem Rucksack einen Platz am Tisch, nachdem sie ihre Hände gewaschen haben. Die Themen am Tisch sind auch beim Essen vielfältig. Die Kinder erzählen mir von Urlauben, dem Wunsch nach Haustieren, von Geburtstagsfeiern und Übernachtungspartys oder von ihren Zahnlücken. Der "magische Teller", gefüllt mit Obst, leert sich beim Essen "wie durch Zauberhand".

Großes Gewusel im Gang. Die Kinder sind aufgeregt. Es geht nach draußen, Matschhosen und Gummistiefel werden angezogen. Die Kinder helfen sich dabei gegenseitig. "Wir sind jeden Tag draußen, außer bei Sturm und Gewittern", sagt Brand. Den Kindern macht Regen überhaupt nichts aus, aber auch das pädagogische Personal stört das schlechte Wetter nicht. "Wir haben ja passende Kleider", so Brand.

Zunächst werden die Blätter zusammengekehrt, dann auf den Anhänger des Tretbulldogs geladen. Langweilig wird den Kindern nie, sie finden immer eine Beschäftigung. 
Foto: Anand Anders | Zunächst werden die Blätter zusammengekehrt, dann auf den Anhänger des Tretbulldogs geladen. Langweilig wird den Kindern nie, sie finden immer eine Beschäftigung. 

Heute haben die Kinder Glück. Die Sonne kommt raus, es ist wärmer, als gemeldet. Einziger Wer­muts­trop­fen: Der große Garten ist aufgeteilt, die Kinder einer Gruppe dürfen sich wegen "dem blöden Corona" nicht mit anderen Gruppen mischen. Immerhin darf draußen gesungen werden. Herbstlieder erklingen.

Vielfältige Aufgaben als Erzieherin

Auch während des Lockdowns gab es Musik, das Kasperle, oder Geschichten für die Kleinen. Denn die Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen haben auf YouTube Videos hochgeladen. Zahlreiche Gedichte, Fingerspiele und Lieder auswendig zu können, gehört für das pädagogische Personal dazu. Zudem sind sie Sänger und Gitarrenspieler. Im Alltag müssen sie aufpassen, helfen, trösten und auch mal einen Streit schlichten. Und wenn es nur Gabys kalte Hände sind, die Wunder wirken, nachdem sich ein kleiner Junge angestoßen hat, weint, und ein bisschen blutet. Ein schöner Beruf – die überwiegend gute Laune der Kinder steckt an. Aber auch ein verantwortungsvoller Beruf. Denn Elternsprechstunden, Beurteilungen und Beobachtungsbögen ausfüllen gehört ebenfalls dazu.

Anzeige für den Anbieter YouTube über den Consent-Anbieter verweigert

"Es gibt fast keinen Bereich, in den ich nicht reingeschnuppert habe, sei es handwerklich oder hauswirtschaftlich", sagt Maxhuni-Bleiweis. "Man plant jeden Tag, hat ein bisschen Struktur, aber fast immer kommt es ein bisschen anders." Eigentlich ist man immer in Action, selbst beim Sitzen auf den kleinen Kindergartenstühlen, an die man sich wohl gewöhnen muss. Aber das Kinderlachen entschädigt dafür.

Heute darf ich den Kindern eine Geschichte vorlesen. Es geht auch darin um den Herbst. Er möchte nicht kommen, weil sich die Menschen über ihn beschweren, da er nass und windig sei. Mittendrin unterbricht mich Maxhuni-Bleiweis. Dann sind die Kinder gefordert. Sie dürfen raten, wie die Geschichte weitergeht. Und sie haben recht: Am Ende vermissen die Menschen den Herbst – und er lässt sich doch noch dazu überreden, zu den Menschen zu kommen.

Einen Tag Kind sein

"Mamaaaaaa!" Die Wiedersehensfreude ist riesengroß, als die Kinder von ihren Eltern, Großeltern, Onkeln und Tanten abgeholt werden. Auch Gaby Brand verabschiedet sich von ihren "Schätzen", wie die Gruppenleiterin der Schatzinsel ihre kleinen Abenteurer gerne nennt. "Tschüss Gaby", rufen die Kinder und winken ihr zu.

Das gemeinsame Essen gehört ebenfalls dazu. Davor werden aber selbstverständlich die Hände gewaschen – und es wird ein Tischgebet gesprochen.
Foto: Anand Anders | Das gemeinsame Essen gehört ebenfalls dazu. Davor werden aber selbstverständlich die Hände gewaschen – und es wird ein Tischgebet gesprochen.

"Kommst du wieder?", diese Frage wird mir bei der Verabschiedung mehrmals gestellt. Ich muss die Kinder leider enttäuschen. Obwohl ich gerne wiederkommen würde. Zum Spielen. Zum Regenbogen anschauen. Zum Spaziergang durch den Wald. Oder zum Apfelmus herstellen. Vor allem aber, um nochmal einen Tag lang Kind sein zu können. Natürlich ohne zu streiten.

Mit unserer Serie "Reporter in Betrieb" wollen wir Zeitungsleute auch mal selbst über den Tellerrand schauen – nicht immer nur Stadtratssitzung und Jahreshauptversammlung, das wirkliche Leben ruft. Wir wollen wissen, wie geht es denn in anderen Berufsfeldern tatsächlich zu? Sie haben einen interessanten Job, den Sie uns zutrauen, dann melden Sie sich. Schreiben Sie Ihren Vorschlag, wen wir wo ersetzen sollen, an redaktion.schweinfurt@mainpost.de.

Aufgaben und Tätigkeiten von Erzieherinnen und Erziehern

Erzieherinnen und Erzieher beobachten das Verhalten und Befinden von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, betreuen und fördern sie, analysieren die Ergebnisse nach pädagogischen Grundsätzen und beurteilen beispielsweise Entwicklungsstand, Motivation oder Sozialverhalten. Auf dieser Grundlage bereiten sie Aktivitäten sowie pädagogische Maßnahmen vor, die zum Beispiel das Sozialverhalten oder die individuelle Entwicklung unterstützen.
Außerdem fördern sie die körperliche und geistige Entwicklung der Kinder und Jugendlichen, indem sie diese zu kreativer Betätigung sowie zu freiem oder gelenktem Spielen anregen. Weiterhin dokumentieren sie die Maßnahmen und deren Ergebnisse, führen Gespräche, unterstützen und beraten bei schulischen Aufgaben und privaten Problemen. Darüber hinaus bereiten sie Speisen zu, behandeln leichte Erkrankungen und Verletzungen und leiten zu Körperpflege- und Hygienemaßnahmen an.
Erzieherinnen und Erzieher reflektieren die erzieherische Arbeit im Team, gegebenenfalls auch zusammen mit Vorgesetzten oder Fachleuten aus Medizin, Psychologie und Therapie und arbeiten mit anderen sozialpädagogischen Fachkräften zusammen. Zu Eltern und Erziehungsberechtigten halten sie engen Kontakt und stehen ihnen informierend und beratend zur Seite.
Quelle: Bundesagentur für Arbeit
 
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Kommentare
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  • schneidg
    Ein sehr gelungener Artikel, Herr Völker. Sie haben es gut verstanden, die Vielschichtigkeit und Aufgabenbreite, die Menge an erforderlichen Kompetenzen des Berufsfeldes zu schildern. Ich kann die Wertschätzung spüren und das tut gut. Vielen Dank.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
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  • aurelian.voelker@mainpost.de
    Hallo,

    vielen Dank für das Lob! Es freut mich, dass die Eindrücke von meinem "besonderen Arbeitstag" gut ankommen und Sie die Wertschätzung spüren können.

    Herzliche Grüße
    Aurelian Völker
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