
Anfang März war eine vermutlich 28-jährige Somalierin wegen Mordes zu einer lebenslangen Haft verurteilt worden. Die junge Frau hatte gleich zu Prozessbeginn gestanden, ihr drei Monate altes Baby im August 2022 im Ankerzentrum in Geldersheim (Lkr. Schweinfurt) mit mehreren Messerstichen getötet zu haben.
Staatsanwaltschaft und Verteidigung hatten auf Totschlag und eine Freiheitsstrafe von neun beziehungsweise acht Jahren plädiert, das Gericht sah das Mordmerkmal Heimtücke erfüllt und verurteilte sie wegen Mordes. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, der Verteidiger der jungen Frau legte Revision ein. Das bedeutet, dass das Urteil auf Rechtsfehler geprüft wird. Bis zu der endgültigen Entscheidung kann es also noch einige Monate dauern.
Zwei Besonderheiten bei ausländischen Staatsangehörigen
So oder so aber wird die junge Frau eine lange Haftstrafe verbüßen müssen. Doch wie geht die Justiz mit Geflüchteten um, die noch keinen Aufenthaltstitel haben, dann aber straffällig und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt werden?
"Urteile gegen ausländische Staatsangehörige werden grundsätzlich genauso vollstreckt wie Urteile gegen deutsche Staatsangehörige", erklärt der Leitende Oberstaatsanwalt Axel Weihprecht auf Anfrage. Es gebe allerdings bei ausländischen Staatsangehörigen zwei Besonderheiten: So kann der Heimatstaat im Rahmen eines Strafvollstreckungsübernahmeersuchens gebeten werden, die Vollstreckung der Haft zu übernehmen. Dies soll der besseren Resozialisierung dienen. "Bei einem Geflüchteten ist dies allerdings nicht möglich, solange sein Asylantrag nicht bestandskräftig abgelehnt ist", teilt Weihprecht dazu mit.
Die zweite Besonderheit: Es kann nach Paragraph 456a der Strafprozessordnung von der weiteren Vollstreckung einer Freiheitsstrafe abgesehen werden, wenn die verurteilte Person abgeschoben wird. "Diese Entscheidung steht im Ermessen der Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde", so Weihprecht. Voraussetzung sei, dass verwaltungsrechtlich die Möglichkeit bestehe, den Verurteilten oder die Verurteilte abzuschieben.
Die Abschiebung könne dann aber von der Ausländerbehörde nur durchgeführt werden, wenn die Staatsanwaltschaft von der weiteren Vollstreckung der Freiheitsstrafe absehe. Denn die Strafe wird im Heimatland dann nicht weiter vollstreckt. Sollte er oder sie innerhalb der Vollstreckungsverjährung nach Deutschland zurückkehren, würde die Strafe weiter vollstreckt.
Entscheidung obliegt der Staatsanwaltschaft
Bei der Entscheidung, erklärt der Oberstaatsanwalt, müsse man die Umstände der Tat, die Schwere der Schuld, die Dauer des bisher verbüßten Teils der Strafe, das öffentliche Interesse an nachhaltiger Strafverfolgung sowie die persönlichen Belange der Person berücksichtigen. Eine feste zeitliche Grenze gebe es nicht. Werde jemand zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, sei "auf jeden Fall ein langjähriger Freiheitsentzug zu erwarten".
Wie von der Regierung von Unterfranken zu erfahren ist, reiste die junge Frau am 13. Juli 2022 in Deutschland ein und hielt sich seit 21. Juli 2022 vorübergehend in der Ankereinrichtung auf. Ihr sei ein "Ankunftsausweis" ausgestellt worden, zu einer Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sei es bislang nicht gekommen, erklärt Pressesprecher Johannes Hardenacke. Er verweist auf die zuständige Staatsanwaltschaft. "Ausländerrechtliche Anschlussfragen stellen sich für uns aufgrund der gegebenen Umstände insoweit aktuell nicht."
Im Falle der jungen Frau dürfte ein Vollsteckungsübernahmeersuchen an die somalischen Behörden selbst bei einer bestandskräftigen Ablehnung des Asylantrags nicht in Betracht kommen, heißt es von Oberstaatsanwalt Weihprecht dazu. Und: "Ein Absehen von weiterer Strafvollstreckung im Falle einer Abschiebung wird voraussichtlich erst nach längerer Strafvollstreckung möglich sein, die der sonst geltenden Mindestverbüßungsdauer von 15 Jahren bei lebenslanger Freiheitsstrafe zumindest nahekommt."