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Schweinfurt
Die Wohnungsnot für Studierende in Schweinfurt ist größer denn je
Schon 2021 standen viele Studierende ohne Dach über dem Kopf da. Das Studentenwerk wollte ein drittes Wohnheim bauen. Was ist aus den Plänen geworden?
Mittagspause am i-Campus: Studierende aus aller Welt kommen an die Hochschule nach Schweinfurt. Viele suchen verzweifelt nach einer Wohnung.
Foto: Anand Anders | Mittagspause am i-Campus: Studierende aus aller Welt kommen an die Hochschule nach Schweinfurt. Viele suchen verzweifelt nach einer Wohnung.
Irene Spiegel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 15:29 Uhr

Hi, heute muss ich in Schweinfurt am Hauptbahnhof übernachten, da ich keine Unterkunft habe. Vielleicht morgen auch." Das schrieb ein Student an das "Welcome-Team" der Fachhochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt. Der Hilferuf erreichte auch Bürgermeisterin Sorya Lippert, die den jungen Mann aus Marokko und einen weiteren obdachlosen Studenten aus Algerien spontan vorübergehend aufnahm.   

Es ist jedes Jahr die gleiche Situation: Das neue Semester beginnt und wieder haben viele der Studierenden kein Dach über dem Kopf. "Es ist nach wie vor skandalös", sagt Bürgermeisterin Lippert. Und meint damit, "dass das Studentenwerk keine neuen Wohnheimplätze schafft und dass die Stadt nichts tut".   

Die Wohnungsnot für Studierende in Schweinfurt ist groß, heuer sogar noch größer als im vergangenen Jahr. Allein beim Studentenwerk stehen 336 Personen auf der Warteliste, im Vorjahr waren es 254.

Studentenwerk nimmt Abstand von seinen Plänen in Schweinfurt

Das Studentenwerk unterhält zwei Wohnheime mit jeweils 108 Plätzen in Schweinfurt. Eines befindet sich in der Florian-Geyer-Straße, das zweite auf dem Konversionsgelände der Ledward-Barracks. Dort sollte eigentlich noch ein weiteres der leerstehenden Kasernengebäude zum Studentenwohnheim umgebaut werden, doch die Pläne wurden aufgegeben. "Die Stadt hat den Preis erhöht", begründet Geschäftsführer Michael Ullrich den Rückzieher. Hinzu kommen die immens gestiegenen Baukosten, die schon bei den laufenden Bauprojekten in Bamberg und Würzburg zu Finanzierungsproblemen führen würden. "Das belastet uns so stark, dass wir den Kaufvertrag nicht abgeschlossen haben."  

Es gibt noch einen Grund, warum das Studentenwerk vom Kaufvertrag Abstand genommen hat. "Die Kasernengebäude sind für Studentenwohnungen nicht geeignet", sagt Ullrich. Diese Erfahrung habe man bei der Sanierung des ersten Wohngebäudes auf dem Konversionsareal gemacht. Die Zimmer seien zu groß und zu hoch, das verteuere nicht nur den Umbau, sondern auch die späteren Betriebskosten. Laut Ullrich sind diese 70 Prozent höher als im Wohnheim in der Florian-Geyer-Straße. Deshalb sieht der Geschäftsführer des Studentenwerks auch in absehbarer Zeit keine Möglichkeit, neue Wohnungen in Schweinfurt zu schaffen.

Für die FHWS sind das keine guten Nachrichten. "Der knappe Wohnraum behindert die Entwicklung der Hochschule", warnt der Präsident der Hochschule Würzburg-Schweinfurt, Professor Dr. Robert Grebner. Über 1200 internationale Studierende seien aktuell eingeschrieben. Es könnten mehr sein, wenn es mehr Wohnungen gäbe. "Der Wohnraum regelt den Zuzug und auch die Qualität der Studierenden", bringt es Grebner auf dem Punkt.

Staat fördert Wohnungsbau für Studierende

Die Hochschule selbst kann keinen Wohnraum schaffen. "Dafür sind wir nicht zuständig", stellt Grebner klar, "das ist das Kerngeschäft des Studentenwerks." Man sei darauf angewiesen, dass der freie und der staatlich geförderte Markt hier seiner Aufgabe nachkomme. "Wir können nur werben und bitten, dass das Studentenwerk etwas macht." 

Danach sieht es aber nicht aus. Zumindest die Stadt bemüht sich, laut Pressesprecherin Kristina Dietz, etwas gegen die Wohnungsnot für Studierende zu unternehmen. "Wir sind in Gesprächen mit unterschiedlichen Investoren, um den Bau von Studentenwohnungen voranzubringen", teilt sie auf Nachfrage dieser Redaktion mit. Es gebe sehr attraktive staatliche Fördermodelle, auch für private Investoren, für die Errichtung von Studentenwohnungen. Die Stadtverwaltung gehe daher davon aus, dass in den nächsten zwei Jahren einige neue Wohnungen innerhalb des Stadtgebiets entstehen werden, die den Bedarf perspektivisch abdecken.

Auch die städtische Tochter, die Stadt- und Wohnbau GmbH (SWG), stellt Wohnungen für Studierende zur Verfügung. Diese können individuell angemietet werden. Laut Geschäftsführer Alexander Förster sei das Interesse der Studierenden an den unmöblierten Zimmern oftmals aber nicht sehr groß. Die SWG bietet laut Förster auch an, einen Pool an Wohnungen bereitzustellen, die das Studentenwerk als Mieter an die Studierenden vermitteln kann. Zum Start des internationalen Campus 2014 habe es so eine Kooperation gegeben. Doch trotz Bedarfs sei dieses Angebot nicht mehr angenommen worden.

Appell an Privatvermieter

Aylin Chaban von der Studienbetreuung der FHWS lässt unterdessen studentische Hilfskräfte im Internet nach Wohnungsangeboten recherchieren. Der Erfolg ist mäßig. Bis jetzt hat sie vier Angebote von privaten Vermietern bekommen. Sie hat deshalb auch heuer wieder einen Hilferuf an Bürgermeisterin Sorya Lippert angeschrieben: "Wissen Sie eventuell, ob Kirchen in Schweinfurt bei Notunterkünften helfen könnten?" Lippert versucht, Akteure miteinander ins Gespräch zu bringen.

Könnte nicht auch die Stadt selbst helfen und Studierende in den für ukrainische Geflüchtete hergerichteten Gebäuden auf dem Konversionsgelände unterbringen? Im Gebäude 205 leben derzeit nur 73 Personen (Stand 11.10.2022). Bei Vollbelegung passen 237 Personen hinein. Das Gebäude 210 wurde ebenfalls hergerichtet für 200 Flüchtlinge, steht aber leer. "Eine temporäre Vermietung an Studierende ist nicht möglich", teilt die städtische Pressesprecherin Kristina Dietz mit. Denn die Stadt müsse dieses Kontingent vorhalten, um schnell auf neu aufzunehmende Flüchtlinge reagieren zu können.

Bürgermeisterin Sorya Lippert bleibt deshalb nur der Appell an die Bevölkerung, eventuell freien Wohnraum Studierenden zur Verfügung zu stellen. "Sie sind eine Chance und ein Gewinn für uns."   

Hinweis: Private Vermieter können sich direkt an die Studienbetreuung der FHWS wenden, E-Mail-Adresse welcome@fhws.de

 
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    Da wird eine Hochschule gebaut und dass die Studierenden auch eine Wohnung benötigen, das wird anderen zugeschoben. Neben der neuen Hochschule stehen einige große Häuser, die renoviert wurden für Flüchtlinge und für Ukrainer. Seltsam, da sind die Energiekosten für die Bewohner nicht zu hoch? Dann reißt diese kostenintensive Klötze doch endlich ab und baut für Studierende und junge Menschen, die eine kleine bezahlbare Wohnung suchen. Platz ist doch genügend da. Was braucht Schweinfurt dringender: eine Bundesgartenschau oder Wohnraum, der dann noch nachhaltig wäre, da für die Studierenden ein Anfahrtsweg wegfallen würde. Ach da kommen ja wieder Frau Schneider und Herr Knoblauch auf den Plan: Flächenversiegelung!
    Man könnte den Studierenden als Willkommensgruß ein Zelt schenken. Aber wie immer, schiebt jeder dem anderen die Verantwortung zu.
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