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Wohnungsnot in Schweinfurt: Verzweifelte Studierende am Telefon
Wohnungsnot, Teil 2: Die Studentenwohnheime sind proppenvoll, die Wartelisten lang, die Privatzimmer rar. Was Stadt, Studentenwerk und FHWS tun, um Studierenden zu helfen.
3200 junge Menschen studieren am Standort der FWHS in Schweinfurt. Die neuen internationalen Studiengänge locken Studierende aus der ganzen Welt an. Doch wenn sie in Schweinfurt sind, finden viele von ihnen keine Wohnung.  
Foto: Anand Anders | 3200 junge Menschen studieren am Standort der FWHS in Schweinfurt. Die neuen internationalen Studiengänge locken Studierende aus der ganzen Welt an.
Irene Spiegel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:38 Uhr

Zimmer frei? FHWS-Studierende suchen Unterkünfte an ihrem Studienort in Schweinfurt." Mit diesem Aufruf an die Schweinfurter Bevölkerung will die Studierendenbetreuung der Fachhochschule für angewandte Wissenschaften (FHWS) die katastrophale Wohnungsnot ihrer Studierenden beheben. Wer ein Zimmer oder ein Appartement frei hat, soll sich unter der Mailadresse welcome@fhws.de melden. Der Schweinfurter wird aber gleich darauf hingewiesen, dass nicht alle Studierenden die deutsche Sprache beherrschen. Aber: "Der Hochschulstandort und die Region Schweinfurt profitieren von jungen Studierenden, die die lokale Wirtschaft stärken", heißt es in dem Aufruf. 

Divyesh Jaswal und Kruthik Srinivas hat der Appell bislang nicht geholfen, eine Unterkunft zu finden. Die beiden Inder sind seit August auf Wohnungssuche. Die Studentenwohnheime sind alle voll, und auf dem privaten Wohnungsmarkt ist es ohne deutsche Sprachkenntnisse schwer, etwas zu bekommen. Wenn sie es tatsächlich mal bis zu einer Wohnungsbesichtigung schaffen, dann stehen so viele Bewerber vor der Tür, dass es am Ende eine Absage gibt. Bürgermeisterin Sorya Lippert hat die beiden jungen Männer nun vorübergehend aufgenommen, damit sie zu Semesterbeginn Anfang Oktober wenigstens ein Dach über den Kopf hatten. 

Alle Studentenwohnheime sind ausgebucht

Am Standort der FHWS in Schweinfurt studieren aktuell 3200 junge Menschen. Unter ihnen rund 500 internationale Erstsemester, die in deutsch- und englischsprachigen Studiengängen eingeschrieben sind. Sie kommen aus über 80 Ländern. Doch während die Fachhochschule Zug um Zug wächst und der neue Internationale Campus immer mehr junge Leute aus aller Welt anzieht, bleibt eins auf der Strecke: der Wohnungsbau für die Studierenden.

Die Folgen sind fatal: Die jungen Menschen stehen auf der Straße. Unter der Hand werden Zimmer doppelt oder gar dreifach belegt. Hauptsache, man kommt irgendwo und irgendwie unter. Heuer ist die Lage besonders schlimm, weil nicht nur die 500 Erstsemester auf den Wohnungsmarkt drängen, sondern ebenso viele Drittsemester, die aufgrund der Corona-Pandemie ihr Studium erst jetzt vor Ort aufnehmen können. Sie alle suchen Zimmer, die es in dieser Masse in Schweinfurt nicht gibt.  

Die beiden Wohnheime des Studentenwerks Würzburg (in der Schweinfurter Florian-Geyer-Straße und am Marie-Curie-Platz) waren schon Anfang August, zwei Monate vor Semesterbeginn, ausgebucht. Sie bieten gerade mal Platz für 216 Studierende. Auf der Warteliste stehen weit über 200 Bewerberinnen und Bewerber. "Momentan können wir ihnen nicht helfen", bedauert Frank Tegtmeier, der fürs Wohnen zuständige Abteilungsleiter beim Studentenwerk in Würzburg. "Wir sind randvoll."

"Für die Fachhochschule ist das kein Aushängeschild"
Sabine Hergenröther, AWO-Studentenheim

Auch das AWO-Studentenwohnheim in der Friedrich-Ebert-Straße ist proppenvoll. Die 80 Wohnheimplätze sind schon seit Wochen belegt. Und noch immer kommen Anfragen. "Die jungen Menschen sind total verzweifelt", berichtet die zuständige AWO-Mitarbeiterin Sabine Hergenröther, bei der manche der abgewiesenen Bewerber dann auch ihren Frust abladen. Schon mehrfach habe sie sich die vorwurfsvolle Frage anhören müssen, warum die Fachhochschule so viele Studierende zulasse, ohne sich Gedanken über deren Unterbringung zu machen. "Die Zahl der Studenten und der Wohnungen passt einfach nicht zusammen." Das beobachte sie seit Jahren, und das Missverhältnis vergrößere sich zunehmend. "Für die Fachhochschule ist das kein Aushängeschild", meint Sabine Hergenröther. 

Auch das Studentenwohnheim der Dornbau AG auf dem alten Tasch-Gelände hat keine freien Zimmer mehr.
Foto: Oliver Schikora | Auch das Studentenwohnheim der Dornbau AG auf dem alten Tasch-Gelände hat keine freien Zimmer mehr.

Nicht anders schaut es bei der Dornbau AG aus, die 2020 auf dem alten Tasch-Gelände an der Niederwerrner Straße ein Studentenwohnheim mit 53 Zimmern errichtet hat. "Alles voll", heißt es auf Nachfrage. Bleibt noch die Privatzimmervermittlung auf dem Online-Wohnportal des Studentenwerks. Doch auch hier gibt es momentan nichts. "Null" Angebote, fasst Tegtmeier die traurige Lage zusammen. 

Während der Corona-Pandemie standen die Studentenwohnheime leer

Tatsächlich gibt es das Wohnungsproblem in Schweinfurt schon seit Jahren. Durch den Ausbau des i-Campus hat es sich aber noch einmal verschärft. Doch dann kam die Corona-Pandemie, und die Studentenwohnheime standen plötzlich leer, weil viele der international Studierenden kein Einreisevisum mehr erhielten. Die Erstsemester kamen erst gar nicht, weil der Hochschulbetrieb fast ausschließlich digital erfolgte. Alle Neubau-Pläne des Studentenwerks wurden deshalb auf Eis gelegt. Seit dem Herbst/Wintersemester gibt es nun wieder Vorlesungen in Präsenz, und das Wohnungsproblem ist zurück, nur größer denn je, weil mit den neuen Erstsemestern noch die Corona-Semester kamen. 

Was tut die Stadt, um Abhilfe zu schaffen? "Wir stehen in einem Austausch mit der FHWS und auch mit dem Studentenwerk", lässt Oberbürgermeister Sebastian Remelé über seine Pressestelle mitteilen. Mit dem Studentenwerk sei nun die Umnutzung eines weiteren ehemaligen Kasernentrakts in ein Studentenwohnheim geplant. "Hier stehen wir kurz vor einem Verkaufsabschluss."  

Eine Übergangslösung für wohnungssuchende Studierende könnte das Jugendgästehaus sein.
Foto: Gerd Landgraf | Eine Übergangslösung für wohnungssuchende Studierende könnte das Jugendgästehaus sein.

100 Wohnheimplätze sollen in diesem Gebäude auf dem Gelände der ehemaligen Ledward-Kaserne geschaffen werden, bestätigt Tegtmeier entsprechende Verhandlungen des Studentenwerks mit der Stadt. Den jetzigen Studierenden hilft das aber wenig. Denn um die Einrichtung bezugsfertig zu machen, "brauchen wir schon zwei bis drei Jahre Vorlauf", stellt Tegtmeier klar. 

Mittelfristig sind 100 zusätzliche Wohnheimplätze sowieso nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Denn die Erfahrung zeigt, dass die anspruchsvollen Studiengänge an der FHWS in den wenigsten Fällen in der dreieinhalbjährigen Regelstudienzeit zum Abschluss gebracht werden. Es gehen also weniger Absolventen als Erstsemester kommen. Oftmals wird auch nach dem dritten oder vierten Semester noch einmal umgesattelt, was die Fluktuation weiter verringert. Hinzu kommen die neuen Studiengänge wie Robotik/Robotics und Wasserstofftechnik, die zusätzlich neue Studierende binden.

Auch im Vereinsheim der DJK Schweinfurt haben sich Studierende eingemietet.
Foto: Anand Anders | Auch im Vereinsheim der DJK Schweinfurt haben sich Studierende eingemietet.

Der Ernst der Lage ist den Verantwortlichen bewusst. Der Oberbürgermeister führe inzwischen auch Gespräche mit der städtischen Wohnbaugesellschaft, heißt es aus dem Rathaus. Der Gewerbeverein "Schweinfurt erleben" hat einen Antrag bei der Stadtverwaltung eingereicht, finanzielle Anreize zu schaffen, damit Vermieter Leerstände in der Innenstadt als Studentenwohnung herrichten. Übergangslösungen gibt es im Jugendgästehaus der Stadt am unteren Marienbach. Auch die DJK Schweinfurt hat ein paar Zimmer in ihrem Vereinsheim zu vermieten. 

Und wie schaut es auf dem privaten Wohnungsmarkt aus? Da gibt es vielfach Vorbehalte. Denn für Schweinfurt sind die international Studierenden noch eine neue Situation. Das will Bürgermeisterin Sorya Lippert ändern: "Wir müssen alle dazu bekommen, dass wir das wollen." Sie geht bereits mit gutem Beispiel voran.  

 
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  • Lebenhan1965
    @ meefisch

    Davon abgesehen, dass bei einer Regierungsbeteiligung der Abwärts für Deutschland weniger ausländische Studenten nach Deutschland kämen, hätte diese Partei bestimmt keinerlei Interesse Studentenwohnungen zu bauen, die auch für ausländische Studenten zugänglich wären.

    Denen mit dem größten Problem würde also auch bei Ihrer Lieblingspartei nicht geholfen.
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  • Werner12
    In den umliegenden Dörfern gibt es genug leer stehende Zimmer oder kleine Wohnungen die für "normale ' Wohnungsuchende zu klein sind.
    Aber Busfahren ist wahrscheinlich nicht des Studentens Sache.
    Mittlerweile fahren sogar die ÖPNV Busse fast jede Stunde.
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  • Lebenhan1965
    @ Werner12

    Gerade internationale Studenten werden eher Hemmungen haben aufs Land zu ziehen, einmal wegen der möglichen Sprachschwierigkeiten (es ist in der Stadt leichter mit Englisch durchzukommen) und zum anderen sind diese einen funktionierenden ÖPNV weniger gewohnt, der pünktlich funktioniert.
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  • Thurny
    Wir bräuchten ja noch mehr und noch mehr Studenten…
    Jeder Dabbes studiert mittlerweile - und wo sind die fähigen Arbeiter, die dann umsetzen, was die Studierten planen und vorgeben?
    Das kann doch so nicht weitergehen!
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  • Lebenhan1965
    @ Thurny

    Sicher darf man die gute berufliche Ausbildung nicht vernachlässigen und sollte eher noch viele praktische Talente fördern.

    Aber gerade internationale Studenten bringen und brachten der deutschen Wissenschaft und Wirtschaft bislang immer große Vorteile. Erstens bringen sie oft andere Erfahrungen und Denkweisen mit, die die Forschung bereichern, zweitens verbreiten sie den Ruf der deutschen Technik weltweit, wovon wiederum die Arbeitsplätze in Deutschland profitieren.
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  • Einwohner
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  • Reinshagen153@t-online.de
    Eine Schande für Schweinfurt und politisches Versagen!

    Das, was Schweinfurt am NÖTIGSTEN BRAUCHT, Studenten
    > für die Zukunft der Wirtschaft
    > und für mehr studentisches Leben in der vermeintlichen Grauen-Maus-Industrie-Stadt...

    ...die gerade ihren Imagegewinn aus der Zeit OB Griesers ruiniert!

    "Mittelfristig sind 100 zusätzliche Wohnheimplätze sowieso nur ein Tropfen auf dem heißen Stein."

    Stattdessen verschwendet die Stadtverwaltung viel Geld & Zeit mit dem Imageprojekt Landesgartenschau von OB Remele, an einer dafür VÖLLIG UNGEEIGNETEN Stelle, die aber für Studentenwohnheime prädestiniert wäre.

    Da sieht man, in welche Irrtümer politische Prestigeprojekte führen, eines Mannes, dem es i. Ggs. zu seiner Vorgängerin Gudrun Grieser nicht in erster Linie um das Wohl Schweinfurts, sondern um das persönliche Image geht.
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