Leichte Kost war das nie. Seit 1985 mixen Horny Arbiter rotzigen Punk mit Heavy-Metal-Wucht – und ballern "denen da oben" ihre Wut auf die Politik in diesem Land um die Ohren. Ober-Schreihals Mario Roosing, der die Schweinfurter Krawall-Kapelle zusammen mit Gitarrist Thomas "Palmer" Radtke und Bassist Hermann "Ede" Körner gegründet hat, macht keinen Hehl aus "der brutalen politischen Inkorrektheit, aus dem Wettern gegen das Establishment" des Quintetts.
"Das gehört genauso dazu wie der ehrliche, rohe Sound." Am 23. April (20 Uhr) stellen die leicht ergrauten Herrschaften ihr neues Album "Remember the Enemy" im Stattbahnhof vor. "Es geht darin um die Quälerei, die uns alle im Alltag und im aktuellen Weltgeschehen begleitet."
Roosingh ist mit 65 Jahren der Band-Methusalem und hat noch 15 Monate im Personalrat der US Army in Wiesbaden herunter zu reißen, dann ist er Rentner. Heißt: Noch mehr Zeit für die Band, die wegen ihres skurrilen Stilmixes gerne mal als die deutsche Antwort auf die UK-Punk-Legende Sex Pistols gehandelt wird. Und die erst seit 2019 wieder so richtig durchstartet nach 19 Jahren Pause. Die Reunion-Träume der drei Gründungsmitglieder konkretisierten sich, als Gitarrist Mario Manai, ein Freund aus alten Fan-Tagen beim FC 05 Schweinfurt, hinzustieß.
Manai hatte zwischen 1995 und 2011 in Costa Rica gelebt und sich dort von bekannten amerikanischen Musikern einiges abschauen können. Aktuell spielt er zusätzlich bei den Bands Road Crew und Kuba Libre. Als er eingestiegen war, war für Roosingh klar: "Jetzt wollten wir alten Säcke nochmal auf die Bühne." Wegen eines Krankheitsfalls in einer anderen Band wurde deren Proberaum frei – Fügung des Schicksals.
Horny-Klassiker bedienen sich auch bei AC/DC
Irgendwie auch, dass die Schweinfurter prompt von der Pandemie zwei Jahre in den Wartestand gezwungen wurden. Zeit, um am neuen Album zu basteln – dem ersten seit der Wiedervereinigung, dem zweiten nach dem Frühwerk "Mallorca". Hauptverantwortliche Songschreiber sind Roosingh (Texte; "es hat sich ausreichend Wut aufgestaut") und Radtke (Musik), der mit 59 nicht nur Papa zweier Söhne, sondern sogar schon Opa ist. Der Einsteller für computergesteuerte Werkzeug-Maschinen hat sich als Jugendlicher erste Live-Inspiration 1979 in Würzburg bei AC/DC geholt und deren ruppigen Rock'n'Roll aufgesogen hat, was sich in Klassikern wie "Spießer" oder "Disko Death" widerspiegelte.
Mit der eigenen Band lief es nicht immer rund in den Anfangstagen. In denen sich kurz die Tür zum überregionalen Geschäft zu öffnen schien. 1986 wurden Horny Arbiter beim Democassetten-Test von Bayern 2 mit ihrem Song "Outsider" unter 230 Einsendungen aber "nur" Zweiter. Roosingh hat noch die maschinengeschriebene Nachricht des Radiosenders auf einem Zettel, als Rubriktitel steht da "leichte Musik". Mit der Leichtigkeit war's das erste Mal vorbei, als bei einem tragischen Motorradunfall im Juli 1993 Gitarrist Jürgen Polster verstarb.
Ein Sturz und eine gebrochene Nase
Auch körperlich ging's immer mal zur Sache. Bei einem gemeinsamen Konzert mit der damaligen Thrash-Metal-Größe Vendetta 1994 in Hofheim spielten die Bands auf einem Anhänger. Bei der Eröffnung der Show schupste Roosingh Palmer, der nach hinten taumelte und samt Gitarre im hohen Bogen hinunter fiel. Die Menge tobte, dachte an einen Show-Effekt. Und im Schweinfurter Kolpinghaus, wo die Punk-Metaller Stammgäste waren, traten sie im Vorprogramm der Schweizer Band Drifter auf. Deren Schlagzeuger wollte Roosingh nicht auf die Bühne lassen und handelte sich einen Nasenbeinbruch ein. "Das zollt mir heute noch Respekt ab, der hat die volle Show getrommelt, ohne zu jammern."
Den Bogen zwischen erstem und zweitem Karriere-Abschnitt spannt der für den FC 05 geschriebene Stadionsong "Schnüdelpower". Vor der Zweitliga Saison 2001/02, aus der langen Pause heraus, war der Song einem an Herzinfarkt verstorbenen Fan gewidmet. Seit 2021 gibt es eine textlich angepasste und kraftvoller klingende Version, die stets vor den Regionalliga-Spielen gespielt wird.
Motörhead Cover mit Produzent Micky Wehner
Überhaupt ist aus dem wilden Fünfer ein erwachsener Multipack geworden, dem sich neben Roosingh, Radtke und Manai noch Alex Tschache (Bass) und Thomas „Adi“ Merz (Schlagzeug) angeschlossen haben. Live gesellt sich neben Urgestein Körner auch Micky Wehner dazu, in dessen Studio in Morlesau das Album aufgenommen wurde und der mit seiner Band Roadcrew fleißig Motörhead covert. Selbstverständlich steht er beim traditionell von Horny Arbiter gespielten Motörhead-Klassiker "Orgasmatron" mit auf der Bühne.
Ebenfalls im Gepäck bei der "Album-Release-Party" zu der Roosingh und Co. eine "volle Hütte" erwarten, sind zwei Nachwuchsbands. Die Punkrocker Fun Goth (Haßfurt) mögen's sozialkritisch und humorvoll, Lampion Joe (Schweinfurt) geben sich vielseitig mit einer Melange aus Alternative, Punk, Rap und Rock.
