
Es gibt erfreuliche Neuigkeiten von den Turmfalken in Gerolzhofen: Das Falken-Paar, das einen neuen Nistkasten am ehemaligen Trafo-Häuschen in der Östlichen Allee bezogen hatte, hat drei Junge großgezogen. Inzwischen haben die Jungtiere ihr Nest verlassen und ihre ersten Flugversuche unternommen.
Im vergangenen Frühjahr war die Gerolzhöfer Turmfalken-Welt gehörig durcheinandergeraten. Am Nordturm der Stadtpfarrkirche war plötzlich ein seltenes Wanderfalken-Paar aufgetaucht und hatte den Nistkasten, der schon vor einigen Jahren dort angebracht und regelmäßig von Turmfalken genutzt worden war, umgehend in Beschlag genommen. Gegen die körperlich deutlich größeren Wanderfalken hatten die einheimischen Turmfalken - wie berichtet - keine Chance. Sie wurden vertrieben und quasi über Nacht obdachlos. Alle Versuche, ihren alten Nistkasten zurückzuerobern, scheiterten letztlich.
Ersatzquartiere gebaut
Nachdem Tierfreunde den städtischen Bauhof auf die akute Wohnungsnot der Turmfalken hingewiesen hatten, reagierten Bauhofleiter Michael Finster und sein Team umgehend. Bauhof-Schreiner Daniel Fella besorgte sich im Internet auf der Homepage des Naturschutzbunds den Bauplan für Falkenkästen. Binnen weniger Tage waren drei Kästen gezimmert.
Ein Kasten wurden von innen an einem Ostfenster im obersten Stock des Weißen Turms befestigt, zwei weitere Kästen kamen an die Ostseite des ehemaligen Trafo-Häuschens. Binnen weniger Tage waren der Kasten am Stadtturm und einer der Kästen in der Östlichen Allee mit Falken besetzt.
Nachwuchs am Trafo-Häuschen
Die neue Wohnung am Trafo-Häuschen hat dem Paar offenbar gut gefallen. Denn es stellte sich Nachwuchs ein. Bis vor wenigen Tagen hockten drei fast flügge gewordene Jungtiere noch an der Vorderkante des Kastens und warteten auf die nächste von den Altvögeln herbeigeschaffte Mahlzeit. Inzwischen sind die Jungtiere ausgeflogen, halten sich aber noch meist in der Nähe ihres ehemaligen Nests auf. Dieser Tage saßen sie gemeinsam hoch oben auf dem Dach des Weißen Turms und wurden von den Eltern versorgt.
Der zweite Nistkasten am Trafo-Häuschen wurde nicht angenommen. Er hängt nach Meinung von Greifvogel-Experten zu nahe neben dem anderen. Ein anderes Falken-Paar würde ihn nicht nutzen, weil es sonst zu heftigen Revierkämpfen kommen würde. Die gut gemeinte Aktion des Bauhofs wird deshalb im kommenden Herbst/Winter korrigiert: Einer der Kästen wird wieder abgenommen und zu einem anderen Standort gebracht, teilt Stadtbaumeisterin Maria Hoffmann auf Anfrage der Main-Post mit. Wo der Kasten künftig aufgehängt werden soll, ist allerdings noch nicht geklärt. Man sucht derzeit noch nach geeigneten Gebäuden, die für die Falken und ihre Vorliebe für schwindelnde Höhen hoch genug sind.

Keine Brut im Weißen Turm
Der Kasten am Weißen Turm war ebenfalls mit einem Turmfalken-Paar besetzt, das über Wochen regelmäßig zu zweit an der Vorderkante des Nistkasten saß und von der Straße aus gut zu beobachten war. Allerdings haben diese Vögel offenbar dort nicht gebrütet und sind ohne Nachwuchs geblieben. Weder wurde gesehen, dass die Altvögel Futter herbeischafften, noch saßen später Jungtiere oben. Ob dieser Kasten von den Falken nur als Ausguck oder als "Zweitwohnung", sprich als Schlafplatz verwendet wurde?
Seit etwa zwei Wochen wird der Kasten auch nicht mehr von den Falken angeflogen. Ein Tauben-Paar hat ihn inzwischen in Beschlag genommen. Die Bauhofmitarbeiter Daniel Fella und Florian Keller sind vor wenigen Tagen im Turm hochgestiegen und haben den Nistkasten vorsichtig geöffnet, um sicherzugehen, dass dort nicht etwa verstorbene Falken-Jungtiere liegen. Dabei zeigte sich, dass der Kasten noch recht sauber und kaum verkotet war.
Tauben haben Nest gebaut
Turmfalken bauen zwar keine eigenen Nester, aber nichts deutete sonst darauf hin, dass hier Junge großgezogen worden waren. Die Tauben haben inzwischen im hinteren Eck ein Nest gebaut, in dem beim Kontrollbesuch schon zwei Eier lagen. Wenn im kommenden Frühjahr die Falken sich wieder auf die Suche nach einem Nistplatz begeben, dürften die Tauben in ihrer luxuriösen Bleibe dann allerdings schlechte Karten haben.

Ein weiterer Nistkasten
Vor wenigen Tagen wurde in der Altstadt vom Bauhof ein weiterer Falkenkasten installiert: an der Ostseite im Obergeschoss des Eulenturms. Dort war früher bereits mal ein Kasten angebracht gewesen, der aber aus Altersschwäche zusammengebrochen war. Nun gibt es hier ein nagelneues Wohnungsangebot. Wer weiß, vielleicht ziehen hier im kommenden Jahr ja dann sogar Wanderfalken ein.

Apropos Wanderfalken: Auch von diesen Vögeln gibt es Neuigkeiten. Das Paar im Nordturm des Steigerwalddoms hat nur ein Junges großgezogen, ein Ei war offenbar unbefruchtet. Vogelliebhaberin Christel Fehlbaum, die direkt neben der Kirche wohnt, hat die Tiere regelmäßig beobachtet und mit dem Teleobjektiv fotografiert. "Der junge Wanderfalke ist am 20. Juni ausgeflogen", berichtet sie. Gelandet sei er zunächst auf der Dachrinne am Haus ihres Sohnes. "Dort hat er auch die Nacht verbracht." Einen Tag später am frühen Morgen flog der junge Wanderfalke weiter in die Salzstraße. "Irgendwann am Vormittag ist er dort endgültig abgeflogen."
Vielleicht im nächsten Jahr wieder?
Jetzt hoffen die Fehlbaums, "dass wir nächstes Jahr wieder eine Wanderfalken-Brut haben". Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Hierzulande sind die Altvögel, anders als es ihr Name eigentlich vermuten lässt, nämlich häufig Standvögel geworden, sprich, sie bleiben auch im Winter in der Gegend. Nur die Jungvögel ziehen teilweise in wärmere Regionen. "Wenn die Wanderfalken mal einen Kasten für sich entdeckt haben, kommen sie - sofern ihnen in der Zwischenzeit nichts passiert - wieder", sagt Christel Fehlbaum.

In der Zwischenzeit fand die Gerolzhöferin übrigens schon ein neues Motiv, das sie gern fotografiert hat: "In den Platanen am Marktplatz brütete jetzt schon das zweite Jahr ein wunderschönes Stieglitz-Paar."