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Gerolzhofen
Steigerwaldbahn: "Das Gutachten ist nicht in der Giftküche entstanden"
Zwei Experten der staatlichen Bayerischen Eisenbahngesellschaft standen dem Kreistag Rede und Antwort. Sie verteidigten die niedrigen Fahrgast-Zahlen.
Der Hauptbahnhof Schweinfurt liegt relativ ungünstig am Rande der Innenstadt. Deswegen ist es nicht sonderlich attraktiv für Fahrgäste, auf die Bahn umzusteigen.
Foto: Gerd Landgraf | Der Hauptbahnhof Schweinfurt liegt relativ ungünstig am Rande der Innenstadt. Deswegen ist es nicht sonderlich attraktiv für Fahrgäste, auf die Bahn umzusteigen.
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:52 Uhr

Der Kreistag diskutierte am Donnerstag in aller Ausführlichkeit, ehe die Entscheidung über die Zukunft der Steigerwaldbahn anstand. Mit dem Verkehrsforscher Andreas Kovac und dem Bereichsleiter für Unterfranken, Nils Fase, waren zwei Experten der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) nach Grafenrheinfeld gekommen, die das Gutachten vorstellten und zahlreiche Nachfragen aus dem Gremium beantworten konnten.

Andreas Kovac betonte, das Gutachten der BEG sei "nicht in der Giftküche entstanden". Es handele sich keineswegs um ein politisch manipuliertes Wunschergebnis, sondern die BEG arbeite absolut neutral und objektiv – "auch wenn es vielleicht mancher nicht glaubt", so Kovac. Dies wollte Landtagsabgeordneter Paul Knoblach (Bündnis 90/Die Grünen) so nicht stehenlassen. "Es gab Einflussversuche auf die BEG", behauptete er.

Der  Bürgermeister von Poppenhausen, Ludwig Nätscher (CSU), wollte wissen, ob bei anderen Reaktivierungsverfahren in Bayern die Gutachten der BEG genauso heftig kritisiert worden seien wie jetzt bei der Steigerwaldbahn. "Ja, es ist immer so", sagte Kovac.  

Weniger Pauschalen in der Rechnung

Der Mobilitätsbeauftragte am Landratsamt, Michael Graber, versicherte dem Kreistagsgremium, dass man sich "die Dinge nicht leicht gemacht" habe. In zahlreichen Arbeitsrunden mit der BEG, an denen auch Vertreter der Stadt Schweinfurt und des Landkreises Kitzingen teilnahmen, habe man viele Details nochmals auf den Prüfstand gestellt.

Thomas Vizl (Bündnis 90/Die Grünen) zeigte sich verwundert, dass das Schliephake-Gutachten, das ein deutlich höheres Fahrgast-Potenzial ermittelt hatte, jetzt keine Berücksichtigung mehr finde, wo es doch damals in einem Schreiben aus dem Ministerium noch geheißen habe, das Gutachten sei "plausibel und belastbar". Kovac bestätigte dieses: "Es wurde von mir selbst verfasst." Die im Schliephake-Gutachten verwendete Rechenmethode sei durchaus anerkannt, allerdings verwende das Rechenmodell der BEG weniger Pauschal-Werte, sondern gehe mehr in die örtlichen Details, so Kovac.

Zu Fuß ist man schneller

Oliver Brust (Freie Wähler) erfuhr auf Nachfrage, dass im Gutachten nur Fahrten bis zum Schweinfurter Hauptbahnhof, aber nicht bis Schweinfurt-Mitte oder Schweinfurt-Stadt berechnet wurden. Nils Fase sagte, mit der Bahn bis zu diesen Stationen zu fahren, bringe für Fahrgäste keinen Vorteil. Während man als Fußgänger von der Haltestation Sennfeld in wenigen Minuten fußläufig in der Schweinfurter Innenstadt sei, würde der Zug mindestens 15 Minuten länger brauchen, weil im Hauptbahnhof erst die Fahrtrichtung gewechselt werden müsste (alleine dies braucht sechs Minuten) und dann noch weitere Wartezeiten entstünden, bis zwischen den Regionalexpress-Zügen und den Zügen der Erfurter Bahn eine Lücke entstehe.

Praxis bestätigt Prognose

Verkehrsforscher Kovac betonte, dass die Berechnungen der BEG bei anderen Strecken sich im Nachhinein auch bestätigt hätten. Bei der Verbindung Gotteszell-Viechtach beispielsweise habe die BEG eine Prognose von rund 500 Reisendenkilometern erstellt, während die Hochschule Deggendorf nach ihrer Rechenmethode einen Wert von über 1000 ermittelt hatte. Als es dann zu einem Probebetrieb auf der Strecke kam, habe die Praxis die Prognose der BEG bestätigt.

Man dürfe auch die Bedeutung des Tourismus- und Freizeitverkehrs nicht überschätzen, warnte der Verkehrsforscher und präsentierte Nutzerzahlen von Nebenstrecken aus Fremdenverkehrsgebieten in Oberbayern. Diese weisen im täglichen Betrieb heutzutage nur Zahlen von weit unter dem 1000er Wert auf, hatten allerdings damals noch das "Glück", von der Bahn im Gegensatz zur Steigerwaldbahn nicht stillgelegt zu werden.

Es gibt keinen Bahn-Bonus

Ein weiterer Beleg dafür, dass das Gutachten der BEG keine Luftnummer ist: Man habe sich die Zahlen von der Bus-Auslastung entlang der Strecke besorgt, schilderte Kovac. Diese Zahlen aus der Realität würden mit der Fahrgast-Prognose der BEG praktisch übereinstimmen. "Eine Korrektur des Gutachtens ist also nicht notwendig."

Michael Graber ergänzte, das Grundproblem bei der Steigerwaldbahn sei, dass es keinen "Bahn-Bonus" gebe, es für Fahrgäste also kaum einen Vorteil brächte, auf die Bahn umzusteigen. "Der Hauptbahnhof in Schweinfurt liegt leider am Rand der Stadt", sagte Graber. Von dort müsste man dann erst wieder auf andere Verkehrsmittel umsteigen, um noch an sein Ziel zu gelangen.

 
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  • O. S.
    Anscheinend ist das BEG-Gutachten doch in einer Giftküche entstanden und die 44 Kreisräte und Kreisrätinen haben dies trotz "hoher Sachkunde" nicht bemerkt, daß gerade bei diesem BEG-Gutachten ein wesentliches Kriterium, nämlich die Schülerzahlen nicht berücksichtigt wurden.
    Und ein angeblich neutral berichtender MP-Reporter hat das nicht bemerkt oder er hat einfach diesen Teil des BEG-Gutachtens unterschlagen.
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  • H. H.
    Hat man sich nicht leicht gemacht -

    das glaub ich. Sonst wäre ja am Ende das Gleiche (oder zumindest was ziemlich Ähnliches) rausgekommen wie bei Schliephake...
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Wenn man schon über die Präsentation der BEG in der Kreistagssitzung berichtet, hätte auch auf die Nachberechnungen und neuen Zahlen der Bayerischen Eisenbahn-Gesellschaft (BEG) hingewiesen werden sollen, die bei der Kreistagssitzung präsentiert wurden. Die Kreisverwaltungen waren mit der BEG die Ergebnisse der Potenzialanalyse durchgegangen und dabei kam zum Vorschein, dass diese bei den Schülerzahlen die "Selbstzahler" (also die, die keinen Anspruch auf Fahrtkostenerstattung haben) nicht mit einberechnet hatte. Zitat von der bei der Kreistagssitzung gezeigten Folie der BEG: "Ergebnis der Neuberechnung: Prognoseergebnis der Gesamtstrecke steigt von 563 auf 623 Pkm/km Streckenlänge und von 838 auf 982 Pkm/km Streckenlänge im Nordabschnitt (Voraussetzung: Reaktivierung der Gesamtstrecke)". Damit werden die Zweifel des VCD an der BEG-Potenzialanalyse in dem Punkt bestätigt, und man ist nun schon sehr nahe an dem kritischen 1000er Schwellenwert!
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  • H. E.
    Wie lange muss man noch den Landtagsabgeordneten Knoblach ertragen? Was kann er sich alles erlauben und behaupten?
    Unterstellungen der Einflussnahme einer Organisation ist ein starkes Stück! Ist es Hilflosigkeit oder Kalkül?

    Auf jeden Fall zeigt der Gute Bericht die sachlich fundierte Arbeitsweise der Behörde!
    Das sollte man auch respektieren!
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  • M. S.
    => wenn es nach den üblichen bayrischen MdL-Maßstäben geht wohl noch ein paar Jahrtausende.

    Zumal die Nachfrage von Herrn Knoblach schon ihre Berechtigung hat, so ganz neutral sind die Berechnungen der BEG natürlich nicht, die Prämissen sind auch politisch gesetzt, bzw. werden vergleichbare Regionen in allen Nachbarbundesländern (und vielen bayrischen Regionen) anders bedient.

    Fragen Sie doch mal den hiesigen ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden der BEG oder Frau Ministerin Schreyer. Denn das Credo der Landesregierung ist immerhin die Freiheit für die Verkehrsmittelwahl offen zu halten - dumm nur, wenn manche gar nicht zur Wahl stehen (dürfen) und zu anderen für viele Bürger kein Zugang besteht (ein Auto muss man erst einmal fahren dürfen/können/besitzen).
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  • F. W.
    bleibt mir endlich weg mit Schliephake - Beispiel:
    Zitat seite 34: Gemeinde Schwebheim: Wir berechnen diese Nachfrage gemäß Figur 5.8. nach Schweinfurt mit 237 Bewegungen, die in Gochsheim die Bahnstrecke erreichen solten.
    ERNSTHAFT? ERNSTHAFT? Über 100 Personen kommen von Schwebheim nach Gochsheim, um dann mit der Bahn nach Schweinfurt und darüber hinaus zu fahren? Wie groß soll unsere Gemeinde einen Pendlerparkplatz einrichten? 60, 100, 150 PKW? Welcher Bus fährt direkt die Bürger Schwebheims zu uns, dass diese 1x pro Stunde einsteigen, dann am HBF umsteigen auf Bus und Bahn, um weiter zu kommen.

    Es braucht endlich mal die Betrachtung von Lebensrealitäten der Bürger... Schliephake war rein mathematisch unterwegs. die BEG hat den den etwas realistischeren Bedarf betrachtet... und selbst den sehe ich jetzt nicht mehr als erreichbar an. Wie hieß es in der KT-Sitzung? Man könne froh sein, wenn die Busse sich nach Corona wieder füllen
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  • T. H.
    Im Umkreis von 500 Metern vom Hbf liegen ca. 10.000 Arbeitsplätze. Das ist eine "ungünstige Lage"? Hat den Verantwortlichen der BEG in der Kreistagssitzung niemand die Frage gestellt, ob und wie diese Zahl in die Berechnungen Eingang gefunden hat?
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  • F. W.
    Herr Horling.. Ihr Top-Argument kann ich wunderbar mit einer Gegenbehauptung entkräften: von diesen 10.000 Arbeitnehmern kommen vermutlich 2.000 aus der Stadt, 2.000 aus Würzburg, 2.000 aus Kissingen, 2.000 aus Hassfurt, 2.000 aus Rhöngrabfeld, 2.000 aus Mainspessart, 2.000 aus Kitzingen.. sehen Sie was ich meine? Behauptungen sind schnell aufgestellt - korrekt sind sie lange nicht. Erschwerend kommt für Bahnpendler wohl die aktuelle Sperrung des Fußweges beim alten REFA-Gebäude hinzu. Außerdem sollte die Frage, die auch BGM Rottmann gestellt hat betrachtet werden: nach Corona gibt es weniger Personen, die täglich zur Arbeit fahren. Manche bleiben zu Hause. Auch das Argument Herrn Grabers, dass man erst von dort umsteigen muss, um weiter zu kommen, zieht... in der heutigen Zeit ist eben auch ZEIT ein knappes gut. Neudeutsch: Work-Life. Balance
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  • T. H.
    Herr Widmaier, ich habe ein ein Faktum gennannt und dazu eine Frage formuliert. Auf diese Frage hätte ich gerne eine Antwort. Von Argumenten laß ich mich gerne überzeugen.
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  • M. S.
    Weil vielleicht weniger an manchen Tagen zur Arbeit fahren (insg. werden doch alle mal dorthin müssen) ist das also eine Begründung allen schlechter Angebote zu machen? Finden Sie den Fehler.
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  • F. W.
    das bessere Angebot für den gesamten Kreis SW ist der Ausbau des Busnetzes....

    wie gesagt, der Kreistag arbeitet an dem Konzept über 10 Jahre.... jetzt endlich fertig ....

    Herr Graber erklärt Ihnen das sicher gerne... scheinbar ging es an Ihnen vorbei. als gewählter Vertreter ist man ALLEN BÜRGERN und nicht nur Minderheiten verpflichtet.... so verstehe ich jedenfalls die Arbeit in GR/KT/...
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  • M. S.
    Mir kommt es so vor als würde man da etwas berechnen wollen was sich nicht seriös berechnen lässt (mögiche Fahrgastzahlen). Die Glaskugel die betrachtet wird könnte wohl kaum größer sein.

    Als Ergebnis gibt es Streitigkeiten, Unzufriedenheit und Vorwürfe von allen Seiten. Jede Seite pocht auf, das für sie passende Gutachten.

    Als Außenstehender ist es immer wieder amüsant zu beobachten mit welcher Energie Gegner und Befürworter aktiv werden.

    Das sich beide Seiten nicht mit Ruhm bekleckern und fortwährend Peinlichkeiten auf beiden Seiten zu verzeichnen sind interessiert scheinbar niemanden der Beteiligten.

    Eigentlich sind die Gegner und Befürworter zu bemitleiden oder wahlweise zu beneiden. Für manche Protagonisten scheint dies ein Lebensthema zu sein an dem sie sich abarbeiten können, ein Thema das ihrem Leben Sinn gibt. Andere Sorgen und Probleme haben diese Leute vermutlich nicht; anders kann ich mir die fortwährenden Debatten dieser Egomanen nicht erklären.
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  • M. S.
    ... nur das Zahlen aus einem "Probebetrieb" natürlich auch nicht wirklich belastbar sind. Daher ist diese Referenz recht absurd.
    Wer nicht sicher weiß, dass langfristig der Betrieb gewährleistet ist, schafft kein privates Dritt- und Zweitautos ab. Bzgl. Mobilitätsverhaltensumstellungen für den wichtigen Alltagsverkehr sind die Menschen sehr gemächlich. (Ein trauriges Beispiel war der GeoBus (?) der durch Geo kurvte. Von 8-12 & 14-18 Uhr drei Monate lang. Dann noch einmal um 3 verlängert. Man schloss Schüler und Erwerbstätige von der Nutzung quasi aus und wusste schon vorher. Der Umstieg war eher auf gut Glück... Der Probebetrieb war so "gut", dass ich einst Materialien vorbereitete, um es unseren Studis in ihrem ÖPNV-Verkehrsplanungsseminar als Negativ-Umsetzungsversuch mit Ansage zeigen zu können.)

    Die "Busse" sind bislang so leer, weil sie völlig überteuert sind, kaum fahren und wenn doch oft unpünktlich. Der Landkreis SW ist nachweislich leider besonders schlecht bei sowas...
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  • X. X.
    Niemand braucht diese unsinnige Eisenbahn.

    Der Zug 🚂 ist abgefahren.
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