
Die schlechten Nachrichten reißen nicht ab. Nachdem Schweinfurt seit Wochen mit extrem hohen Corona-Werten zu kämpfen hat, erreichte die Stadt am Mittwoch einen traurigen Spitzenplatz. Laut Angaben des Robert Koch-Instituts verzeichnete Schweinfurt am 12. Mai die höchste Sieben-Tage-Inzidenz in ganz Deutschland.
Mit einer Inzidenz von 286,4 (bei 32 Neuinfektionen) lag man weiter sehr deutlich über dem bundesweiten Durchschnittswert von 107,8, aber unter dem bisherigen Schweinfurter Höchstwert von 331,3. Während also im übrigen Deutschland die Werte sanken, blieben sie in der Wälzlagerstadt auf hohem Niveau. Im März noch hatte die Stadt positive Schlagzeilen mit dem niedrigsten Inzidenzwert in ganz Deutschland gemacht. Am Donnerstag fiel die Inzidenz auf 234, das ist bundesweit der 8. Platz.
Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé: "Keine klaren Brennpunkte"
Ebenfalls immer noch weit über dem Bundesdurchschnitt lag der Inzidenzwert im Landkreis Schweinfurt. Mit 169,8 am Mittwoch und 138,6 am Donnerstag sank der Wert jedoch deutlich. Allerdings hat dies vorerst keine Auswirkungen auf mögliche Regeländerungen. Denn erst wenn der Wert an fünf aufeinanderfolgenden Tagen unter 150 liegt, kommt es ab dem 7. Tag zu Lockerungen.
Gerade die Entwicklung im Stadtgebiet wirft weiter Fragen auf. In der Hauptausschusssitzung am Dienstag hatte Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) bereits über die Corona-Lage in der Stadt informiert. Nach wie vor, erklärte der OB, "gibt es keine klaren Brennpunkte". Der OB zeigte den Stadträten auch eine Karte des Stadtgebietes, auf der zwar einige rote Punkte für Corona-Infektionen abgebildet waren, diese verteilten sich aber gleichmäßig über das Stadtgebiet.
Impfquote im Raum Schweinfurt liegt unter bayerischem Durchschnitt
Dass es im Servicebetrieb der Stadt eine Reihe von Ansteckungen bei der Müllabfuhr gab, erwähnte der OB am Dienstag nicht. Auf die Stadtviertel bezogen, gebe es ebenfalls keines, das heraussteche, so Remelé. Die Verwaltung kündigte an, in der Stadtratssitzung am 18. Mai noch einmal ausführlich über die Corona-Lage und die geplanten Maßnahmen zu informieren.
Der OB informierte auch über die Zahl der Impfungen. Stand 10. Mai seien 51 170 Bürger in Stadt und Landkreis zum ersten Mal geimpft gewesen sowie 13 987 zum zweiten Mal. Das sind laut OB 8,28 Prozent der Bevölkerung in Stadt und Landkreis. Der vom RKI veröffentlichte bayernweite Durchschnitt liegt bei 9,2 Prozent zum selben Stichtag.

Sebastian Remelé appellierte zudem erneut an die Bevölkerung, sich für die Corona-Schutzimpfung registrieren zu lassen. In den vergangenen Tagen merke man, dass diese Registrierung wieder angezogen habe. Die Stadt wirbt auch intensiv für die Impfungen, wie man unter anderem auf den Bauzäunen rund ums Rathaus sehen kann.
Schweinfurter Gesundheitsamt unter Beschuss
Indes sorgen Informationen über mögliche Meldepannen im Schweinfurter Gesundheitsamt für Aufsehen. Am Dienstag machten Medienberichte die Runde, wonach in Schweinfurt womöglich zu viele Corona-Fälle gemeldet wurden, die wiederum zu einer zu hoch bemessenen Sieben-Tage-Inzidenz geführt hatten. Dies dementierte das Gesundheitsamt jedoch entschieden. Und tatsächlich handelte es sich um eine Falschmeldung, die vorgenommene Zahlen-Korrekturen hatten keinen Einfluss auf die tagesaktuellen Inzidenzen. Bereits zuvor war jedoch bekannt geworden, dass im April wegen technischer Probleme wochenlang zahlreiche Corona-Fälle verspätet an das Robert Koch-Institut gemeldet worden waren, was wiederum zu einer verzerrten Inzidenz im Raum Schweinfurt geführt hatte.
Darauf reagierte etwa Werner Christoffel, Vorsitzender der Werbegemeinschaft "Schweinfurt erleben", bestürzt. "Gerade für den Einzelhandel ist das natürlich unsäglich, wir sind alle fassungslos", sagte Christoffel gegenüber dieser Redaktion. Inzidenzen seien Werte, auf die man sich verlassen können müsse, da sie vor allem für Unternehmen als Grundlage für diverse Corona-Maßnahmen gelten. "An was willst du jetzt noch glauben?", fragt er und bezweifelte deshalb auch, ob etwa die niedrigen Werte vor einigen Wochen in Schweinfurt überhaupt gestimmt hätten.

Die Stimmung unter Gastronomen und Einzelhändlern sei sprichwörtlich "im Keller". Solche Fehler, so Christoffel, müssten Konsequenzen haben. "Wenn Unternehmen so arbeiten würden, dann gäbe es sie schon nicht mehr." Der Vorsitzende von "Schweinfurt erleben" will nicht ausschließen, dass das Infektionsgeschehen eine andere Entwicklung in Schweinfurt hätte nehmen können, wenn die Werte von Anfang an vollständig übermittelt worden wären.
Nun könne man keinem Einzelhändler mehr etwas vorwerfen, wenn sich dieser beschwere. "Das Ganze ist eine Geldvernichtung pur, da gingen zig tausend Euro verloren, Existenzen wurden vernichtet." Und nun wisse man nicht mehr, ob die bislang geltenden Regeln immer angebracht waren. Das Landratsamt hatte zuvor jedoch erklärt, dass die vom RKI gemeldeten Inzidenzen und die damit verbundenen Maßnahmen trotz Meldeverzug immer rechtsverbindlich gewesen seien.
Handelsverband-Kreisvorsitzender Axel Schöll: "Schon vor Wochen gewarnt"
Auch Axel Schöll, Kreisvorsitzender des bayerischen Handelsverbandes, zeigte sich gewohnt deutlich: "Da kann man doch nur den Kopf schütteln", sagte er und sprach von Entsetzen und Wut. Es zeige, dass man den Behörden hilflos ausgesetzt sei, wenn man sich auf die Zahlen verlasse. Der Kreisvorsitzende glaubt, man hätte mit "richtigen" Zahlen und einer konsequenteren Ursachenforschung womöglich früher besser eingreifen und die Lage somit in den Griff bekommen können. "Vielleicht wären die Zahlen dadurch jetzt wieder niedriger und die Händler könnten wieder aufmachen", so Schöll.

Bei aller Spekulation nahm er auch das Schweinfurter Rathaus sowie das Landratsamt in die Pflicht, die die Arbeit im Gesundheitsamt kontrollieren müssten. Nun habe sich Schweinfurt in der öffentlichen Wahrnehmung einmal mehr blamiert, findet Schöll. Ungeachtet der verspätet gemeldeten Fallzahlen kritisiert er erneut den Umgang der Politik mit der Krise. "Ich verstehe nicht, warum man nicht viel früher intensiv nach Ursachen gesucht hat." Dabei dürften auch Gerüchte über größere Infektionsgeschehen, die jeder in der Stadt mitbekomme, nicht unbemerkt am Rathaus vorbeigegangen sein. "So aber sind Handel und Gastronomie die Bauernopfer einer Symbolpolitik."
Das Landratsamt hatte zuvor auf Anfrage dieser Redaktion Stellung bezogen und den Meldeverzug mit Software-Problemen begründet. Zwar hätten verspätet übermittelte Corona-Fälle erst rückwirkend zu einer vollständigen Inzidenz-Berechnung geführt. Jedoch sei eine lückenlose Kontaktierung und Isolierung von Infizierten stets gewährleistet gewesen.
Die Unregelmäßigkeit war leicht festzustellen. Dazu musste man nur tägl. im RKI-Dashboard nachsehen, wie viele Inzidenzmeldungen in die Vergangenheit gemeldet wurden.
Da, wie berichtet, die Aufsichtsbehörden von den Problemen beim Gesundheitsamt wussten, frage ich mich, mit welchen Maßnahmen sie unterstützten und wann Abhilfe schafften. Ein "Rückverweisen aufs Ges. amt" und ein Sich-Verlassen, dass es das Amt schon richtet, ist wenig hilfreich. Wurde etwa schon eine interne oder externe Revision mit der Aufarbeitung der Vorgänge beauftragt?
Wir haben ein Anrecht zu erfahren, wie man seinen Aufsichtspflichten nachkommt!
Hat sie doch sehr lange gebraucht, um mit einer qualifizierten Recherche die Vorgänge rund um die "beschönigten" 7-Tage-Inzidenz ans Licht zu bringen.
Trotz aller Krise, Hektik und Verunsicherung sollte sich die Presse nicht nur auf das Transportieren von beschwichtigenden Verlautbarungen der Behörden, die mehr oder weniger logisch sind, beschränken.
In Kommentaren - wie bereits begonnen - besser noch in regelmäßigen Interviews mit Behördenverantwortlichen sollte sie kritische Fragen stellen und uns Rechenschaft ablegen lassen.
Die Leser haben ein Recht auf Fakten und nicht nur auf politische Schwurbeleien.
Denn Wahrheiten - auch schlimme - sind für die Bevölkerung leichter zu ertragen als Schummeleien und zurückgehaltene Information.
Wieso wird in dem ganzen wirrwarr um die Schweinfurter Inzidenzzahlen nicht der politisch Verantwortliche benannt. Es ist geradezu lächerlich wenn hier EDV oder Software-Probleme angeführt werden. Das heißt doch der Verantwortliche hat sowohl die EDV, als auch das Personal als auch die Öffentlichkeitsarbeit nicht im Griff.
Wenn der Kreistag vor kurzem zusätzlich erhebliche Gelder für Personalkosten im Gesundheitsamt frei gegeben hat, dort aber anscheinend die Organisation nicht stimmt, ist zu hinterfragen wer seinen Job nicht proffessionell macht.
Ach so, der Pressesprecher des Landrates ist ja der ehemalige Redaktionsleiter der Mainpost in Schweinfurt. Na dann ist klar dass es andere Gründe braucht.
Fest steht, dass das Gesundheitsamt Schweinfurt nicht der Stadt untersteht sondern dem Landkreis. Was würde in der Zeitung stehen wenn hier eine andere Partei an der Spitze des Landratsamtes stehen würde?
Aber das nur am Rande!
Diese Argumentation jetzt ist weder sachlich, richtig noch förderlich! Die Behörden machen einen tollen und wirklich nicht zu beneidenden Job! Die beiden Herren sollen sich mal mit ans Telefon setzen und Ketten nachverfolgen! Sie sollen mal in einer Abteilung mit Kundenverkehr entweder in der Stadt oder im LRA arbeiten! Den ganzen Tag mit Maske!
Um jetzt die Besserwisserei an den Tag zu legen ist es nicht die Zeit!
Wenn sie konstruktiv mitarbeiten würden, wäre das viel hilfreicher!
Motivation ist gefragt!
Unterstützung gefordert!
Heckenschützen gibts genug!
Auf solche Vorsitzende oder Stadträte kann man getrost verzichten...
Die gravierenden Defizite des Gesundheitsamtes Schweinfurt in der Bewältigung der Corona-Pandemie sind offenbar. Darüber hinaus ist auch eine anzuzweifelnde transparente Öffentlichkeits- und Pressearbeit der in Betracht kommenden Sicherheitsbehörden anzugreifen. Man gewinnt immer mehr den Eindruck, dass nicht nur mit gemeldeten Zahlen, sondern auch mit Fakten hinter dem Berg gehalten wird. In Gruppen werden die Security-Leute (Asylsuchende) zwischen dem Ankerzentrum und ihren externen Wohnungen im Stadtgebiet bei Schichtwechsel hin- und hertransportiert. Kein Wunder, wenn die Pandemie in Schweinfurt verbreitet wird. Und das Gesundheitsamt hält auch keine völlige Quarantäne des Ankerzentrums mehr für nötig, es genügen ja Eingrenzungen auf Zimmer- oder Etagenebene. Wer glaubt da noch an eine sinnvolle Einsatzstrategie. Wichtig ist, zwei Eis essende Rentner auf einer Bank auf die Abstandsregeln hinzuweisen