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Schweinfurt
Axel Schöll: Schweinfurter Einzelhandel kämpft ums Überleben
Warum dürfen Supermärkte Kleidung verkaufen, der Schuhladen aber muss schließen? Der Kreisvorsitzende des bayerischen Handelsverbands findet im Interview klare Worte.
Der Kreisvorsitzende des Handelsverbands, Axel Schöll, nimmt Stellung zur Coronakrise und fordert Gleichberechtigung.
Foto: Nicolas Bettinger | Der Kreisvorsitzende des Handelsverbands, Axel Schöll, nimmt Stellung zur Coronakrise und fordert Gleichberechtigung.
Nicolas Bettinger, Volontär, Mediengruppe Main-Post
Nicolas Bettinger
 |  aktualisiert: 19.04.2020 02:10 Uhr

Axel Schöll ist nicht nur als Schuhhändler von den Corona bedingten Ladenschließungen betroffen. Als Schweinfurter Kreisvorsitzender des bayerischen Handelsverbands stellt er klare Forderungen an die Politik. Im Interview spricht der 47-Jährige von schlimmen Versäumnissen und wünscht sich eine schnelle Rückkehr zur Normalität.

Frage: Herr Schöll, wie lange kann der Einzelhandel unter diesen Bedingungen noch überleben?

Axel Schöll: Das ist natürlich von Händler zu Händler unterschiedlich und hängt von möglichen Rücklagen ab. Der Einzelhandel befindet sich aber seit Jahren in einer angespannten Situation, viele Spielräume sind daher nicht mehr da. Wenn ich von meinem Geschäft ausgehe, sage ich ganz ehrlich: Weitere vier Wochen unter diesen Bedingungen können wir nicht mehr durchhalten. Wenn das so weiter geht, bleibt einem der Weg zum Insolvenzgericht irgendwann nicht mehr erspart. Und so geht es vielen.

Leisten die staatlichen Förderungen keine Abhilfe?

Schöll: Zuschüsse und Sofortmaßnahmen sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Das reicht hinten und vorne nicht. Hinzu kommen die Probleme bei Krediten. Ohne größere Sicherheiten bekamen die meisten Einzelhändler bisher sowieso keine Kredite bei den Banken. Immerhin könnte es jetzt mit KfW-Krediten etwas leichter werden. Der Umsatz, der jetzt fehlt, wird dieses Jahr dennoch nicht wieder reingeholt. Ein Kredit mag jetzt helfen, wird den einzelnen aber in den nächsten Jahren zusätzlich belasten. Viele Händler werden deshalb privat in ihren Betrieb reinbuttern, irgendwann ist aber auch Schluss.

"Ein Rasenmäher vom Discounter ist aktuell nicht systemrelevant."
Axel Schöll, Kreisvorsitzender des Handelsverbands Bayern
Wie geht es dem Einzelhandel in und um Schweinfurt?

Schöll: Ich führe viele Gespräche mit den Kollegen. Die Stimmung bei den meisten ist sehr sehr düster. Als Handelsverband haben wir vielen Einzelhändlern beim Beantragen der Soforthilfen geholfen. Bei zwei Dritteln geht die jetzige Situation dennoch an die Existenz, gerade bei kleineren Betrieben. Ich befürchte deshalb, wenn auch nicht sofort, eine Pleitewelle im Handel. Die ganzen Maßnahmen und Beschränkungen werden im Nachhinein mehr Schaden anrichten, als sie das aktuell tun. Und ich spreche hier nicht nur von der finanziellen Seite.

Wie meinen Sie das?

Schöll: Es geht um die Menschen. Die Todesfälle durch das Coronavirus sind schlimm, ohne Zweifel. Allerdings dürfen wir nicht vergessen, was im Hintergrund noch passieren wird, wenn Menschen ihre Existenzen verlieren, entlassen werden, vor dem Nichts stehen. Ich will es nicht beschreien, aber ich befürchte, daraus können viele psychische Probleme entstehen. Das Ganze ist schon heftig. Auch wenn die Politik das anfangs noch bestritten hat: Die Krise wird zahlreiche Arbeitsplätze kosten. Der Shutdown war richtig, Gesundheit steht an oberster Stelle. Jedoch hat die Politik viel zu lange gebraucht, um auch an die Einzelhändler zu denken.

Was fordern Sie konkret von der Politik?

Schöll: Zunächst mal Gleichberechtigung. Ich glaube, dass die systemrelevanten Geschäfte, also Supermärkte und Discounter, ihr Non-Food-Sortiment immer mehr aufstocken. Sie können im Supermarkt schon länger auch Gartenmöbel, Kleidung oder Malerbedarf kaufen. Das ist grundsätzlich auch in Ordnung, in der aktuellen Situation aber äußerst ungerecht und eine absolute Wettbewerbsverzerrung. Während der Discounter alles mögliche verkaufen darf, hat der Fachhandel das Nachsehen und bleibt auf seiner Ware sitzen. Die Läden sind geschlossen und nicht jeder kann einfach auf den Zug des Online-Handels aufspringen. Hier hätte die Politik längst eingreifen müssen. Denn ein Rasenmäher vom Discounter ist aktuell nicht systemrelevant.

Axel Schöll will seinen Laden endlich wieder öffnen: Vor der Kasse hat er eine Scheibe zum Infektionsschutz anbringen lassen.
Foto: Nicolas Bettinger | Axel Schöll will seinen Laden endlich wieder öffnen: Vor der Kasse hat er eine Scheibe zum Infektionsschutz anbringen lassen.
Welche Lösung wünschen Sie sich?

Schöll: Wir sehen ja, dass der Betrieb unter Einhaltung strenger Maßnahmen in Supermärkten funktioniert. Deshalb fordern wir, dass auch die anderen Läden so schnell wie möglich wieder öffnen dürfen. Natürlich mit entsprechenden Hygiene-Vorschriften und Maßnahmen. Dafür muss der Handel dann auch die Verantwortung übernehmen. Warum sollen Menschen nicht auch Schuhe unter strengen Bedingungen kaufen können?

Die Einhaltung der Maßnahmen ist also kein Problem für den Einzelhandel?

Schöll: Nein. Der Vorteil vieler Einzelhändler ist doch, dass sie eine viel geringere Frequenz an Kunden haben, als in riesigen Einkaufsmärkten. Man könnte problemlos vereinbaren, dass sich je nach Ladenfläche nur eine bestimmte Anzahl an Kunden im Geschäft aufhalten darf. Auch am Mundschutz oder einer Schutzscheibe vor der Kasse wird es nicht scheitern. Wir müssen alle verantwortlich mit der Situation umgehen aber wir müssen unbedingt wieder in Richtung Normalität gehen. Die Maßnahmen in den Läden dürften die Behörden dann auch gerne kontrollieren. Das ist sicher sinnvoller, als jemandem ein Bußgeld aufzutragen, der in der Wiese liegt und Bücher liest.

Wie kann der entstandene Schaden wieder ausgeglichen werden?

Schöll: Zunächst mal müssen wir so schnell wie möglich in die Normalität zurück. Staatliche Hilfen oder die Möglichkeit der Kurzarbeit müssen darüberhinaus noch erweitert und verlängert werden. So könnte man etwa Corona-Schnell- Darlehen teilweise zusätzlich in nichtrückzahlbare Darlehen umwandeln, um die zukünftigen Belastungen zu minimieren. Man wird den Schaden dennoch kaum ausgleichen können. Trotzdem gibt es einige Ideen, um dem Handel nach der Krise wieder Aufschwung zu verleihen. Eine Möglichkeit ist das Thema Sonntagsöffnung. Beispielsweise könnte man bis zum Jahresende zahlreiche verkaufsoffene Sonntage veranstalten. So könnten Händler wenigstens einen Teil ihrer weggefallenen Einnahmen wieder reinholen. Zudem könnten neue Fonds für Handel, Kultur oder Städtebauförderung eingerichtet oder erweitert werden.

 
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  • Werner12
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  • Souldream
    Das dürfte sich ab Montag erledigt haben denn dürfen Geschäfte bis bis zu 800 qm unter strengen Auflagen wieder eröffnen. Darunter dürften wohl fast alle Schuhgeschäfte fallen, von daher jetzt schon eine gute und Gesunde Zeit für alle.
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  • Reinshagen153@t-online.de
    Ihre Botschaft ist gut. Aber so was wollen die SWer Einzelhändler nicht hören. Seit der Entscheidung pro Stadtgalerie vor etwa 15 Jahren klagen & jammern sie nur noch. Das klingt nach Mangelwirtschaft der DDR, statt nach Marktwirtschaft, die die Chancen sieht: die SWer City ist der mit dem Auto leichtest erreichbare Ort Mainfrankens! In einer Stunde von 1 Mio. Menschen erreichbar. Von der A 70 ist man in 5 Minuten in der City! Zudem gibt es ausreichend Parkhäuser, in Rückert Center & Stadtgalerie nie voll, zudem preiswert, letzteres erste Stunde kostenlos, ohne dort einkaufen zu müssen! Ein Paradies für Autofahrer, nur es weiß niemand! Die Managerin der Stadtgalerie sagte mir, sie würde gerne eine diesbezügliche Gemeinschaftswerbung mit den SWer Einzelhändlern machen - aber sie wollen nicht!

    Hingegen wird jeder Autofahrer nach WÜ dreifach bestraft: 1. Staus & Stress bei der Zufahrt; 2. zu wenig & zu teurer Parkraum; 3. schlechte Luft im Talkessel, im Sommer mit unerträglicher Hitze.
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  • Reinshagen153@t-online.de
    Zudem leidet die SWer Innenstadt, i. Ggs. zu WÜ, unter zwei strukturellen Defiziten, die man beheben sollte:

    1. Es gibt zu wenig hochwertige Geschäfte die Kunden aus einem weiten Umfeld anziehen, auch aus dem WÜer Raum. Die Stadtgalerie versprach vergeblich einen Peek & Cloppenburg, den es zwischen Frankfurt & Nürnberg nicht gibt. Sie doppelte ideenlos das innerstädtische Angebot, statt es zu ergänzen, mit Shops wie im Wertheim Village. Vor zwei Jahren hatte sie solche Interessenten und dann verhinderte das eine unsägliche Stadtratsentscheidung: keine Änderung des Bebauungsplans für mehr Textilflächen.

    2. Die SWer Innenstadt ist viel schlechter an den ÖPNV angebunden, als die WÜer. Mit schlechtem System: zu viele kurze Buslinien, statt langer Pendellinien. Ohne Anbindung von Schwebheim, Geldersheim, etc. OB Remele sprach sich vor der Wahl für die Steigerwaldbahn aus. Die wird er jetzt dem Stadtrat vorschlagen: das Karlsruher Modell brächte der Innenstadt eine enorme Belebung!
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