"Wir könnten sofort loslegen." Dr. Jürgen Schott steht wie viele andere Hausärzte in Stadt und Landkreis Schweinfurt für die Covid-19-Impfung bereit. 50 Patienten könnte er am Tag in seinem Hausarztzentrum mit den vier Praxen in Grafenrheinfeld, Bergrheinfeld, Röthlein und Schwebheim impfen. Was fehlt, ist der Impfstoff. Er vermutet deshalb, dass die Hausärzte erst Mitte April in die Corona-Impfung eingebunden werden können.
Schon im Herbst vergangenen Jahres hatten die Hausärzte ihr Mitwirken bei der Impfkampagne angeboten. Bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns hatten sich 6000 Ärztinnen und Ärzte dafür gemeldet. Auch in Stadt und Landratsamt Schweinfurt war das Interesse groß, weiß Schott. Er ist ärztlicher Koordinator im Landkreis Schweinfurt in der Corona-Pandemie. Sein Kollege Dr. Hannes Nägle hat diese Funktion für die Stadt Schweinfurt inne. Zu ihren Aufgaben gehört es, Wege für die Umsetzung der behördlichen Corona-Maßnahmen zu finden. Sie sind die Schnittstelle zwischen den niedergelassenen Hausärzten und dem Gesundheitsamt.
Auch Biontech kann in Hausarztpraxen gelagert werden
Das bayerische Impfkonzept hatte anfänglich eine aktive Mitarbeit der Hausärzte bei den Corona-Impfungen nicht vorgesehen. Die Impfzentren sind auch deswegen entstanden, weil der Biontech-Impfstoff bei minus 70 Grad gekühlt und nach dem Auftauen schnell verimpft werden muss, was in Hausarztpraxen nicht so einfach zu handhaben ist. Mittlerweile aber sei das Vakzin nach dem Auftauen fünf Tage im Kühlschrank gut haltbar, sagt Schott. Auch der Moderna-Impfstoff könne in Praxen ordnungsgemäß gelagert werden. Und bei Astrazeneca reiche ja normale Kühlschranktemperatur aus.
"Impfen ist für uns Routine", verweist Schott auf die Kompetenz der niedergelassenen Ärzte. In seinem Hausarztzentrum seien im vergangenen Jahr über 1000 Patienten innerhalb von sechs Wochen gegen Influenza geimpft worden. "So wie die Grippeimpfung könnte auch die Corona-Impfung ablaufen", meint Schott. Mit seinem Praxisteam hat er schon ein Konzept erstellt, wie Patientenaufklärung, Impfung und Nachbeobachtung im normalen Praxisbetrieb integriert werden können. Die Impfung selbst dauert ja nur wenige Sekunden. Die meiste Zeit werde die Nachbeobachtung in Anspruch nehmen, so Schott. Er hält in seiner Praxis daher zusätzliche Öffnungszeiten für die Corona-Impfung für denkbar. "Wir würden das schaffen."
Hausarzt entscheidet eigenverantwortlich über Impfreihenfolge
Die Reihenfolge der zu impfenden Patienten wird sich auch in den Hausarztpraxen nach dem Alter und den Risikofaktoren richten. Sie wird eigenverantwortlich von den Ärzten anhand der Priorisierungsgruppen festgelegt. Hier sehen sich die niedergelassenen Ärzte im Vorteil gegenüber dem Impfzentrum. "Wir kennen unsere Patienten", sagt Schott. Man müsse sich daher nicht erst durch eine Anamnese durchfragen, sondern könne anhand der Krankenakte gleich die Priorisierung vornehmen. Und weil alle Patientendaten im Computer schon gespeichert sind, verringere sich gleichzeitig auch der bürokratische Aufwand. "Die ganze Papierflut wird wegfallen."
Im Impfzentrum füllen Leitzordner mit Impfpapieren Regalwände. Vieles sei überflüssiger Zettelaufwand, meint Schott, weil es sich gar nicht um gesundheitliche Daten handele. So erfolgt zum Beispiel eine schriftliche Aufklärung, manchmal sogar zweimal – vor der Erst- und erneut vor der Zweitimpfung drei oder vier Wochen später. Das ergibt Unmengen bedrucktes Papier, "das für die Gesundheit nichts bringt". Das hat auch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) erkannt und in der Ministerkonferenz am Montagabend angekündigt, dass das System vereinfacht und die Bürokratie abgebaut werden müsse.
Apotheken sollen Impfstoff an Hausarztpraxen liefern
Ein weiteres Thema ist die Verteilung des Impfstoffes an die Hausärzte. Diese soll wie bei anderen Impfstoffen über den pharmazeutischen Großhandel und die örtlichen Apotheken erfolgen, weiß Schott.
Bleibt noch die Frage, ob mit Einbindung der Hausärzte in die Corona-Impfung überhaupt noch die angedachten Pop-up-Impfzentren nötig sind. Die dezentralen Impfstationen mit mobilen Teams des Schweinfurter Impfzentrums sollen vorübergehend in den Landkreisgemeinden installiert werden, um die Impfkapazität erhöhen zu können, wenn einmal genug Impfstoff da sein wird. Das Landratsamt hat bereits ein vorläufiges Konzept mit elf solcher Impfstellen entwickelt. Eine davon ist schon in der Stadthalle Gerolzhofen eingerichtet und betriebsbereit: "In der nächsten Woche soll es dort losgehen", informiert Andreas Lösch, Pressesprecher am Landratsamt Schweinfurt.
Das Konzept sieht vor, ab April sukzessive die nächsten Impfstellen in Betrieb zu nehmen. Angedacht sind diese in den Gemeinden Unterspiesheim, Gochsheim, Grafenrheinfeld, Waigolshausen, Werneck, Wasserlosen, Schonungen, Dittelbrunn, Stadtlauringen und Hesselbach. Ob alle geplanten Pop-up-Impfzentren tatsächlich umgesetzt werden, sei aber nicht klar.