Geschlossene Gaststätten, verwaiste Sportheime – wegen der Corona-Pandemie stapeln sich in der Krautheimer Brauerei Düll die Bierfässer, die kurz vor dem Verfallsdatum stehen. "Warum das wertvolle Nahrungsmittel wegwerfen?", hat sich TV-Bäcker Axel Schmitt aus Frankenwinheim gefragt.
Schmitt ist bekannt für seine außergewöhnlichen Ideen, die er auch auf seinem eigenen Youtube-Kanal "Axel Schmitt Brotsommelier" zeigt. Auf dem Wacken-Festival hat er als "Wacken-Bäcker" große Bekanntheit erreicht. Seitdem ist Axel Schmitt auch regelmäßig im Fernsehen zu sehen, unter anderem im Sat.1 Frühstücksfernsehen. In der Kabel 1-Sendung "Abenteuer leben" hat er sogar seine eigene Serie "Backen in geil".
Jetzt rettet der TV-Bäcker das Bier der benachbarten Brauerei vor dem Verderben. Schon als Kleinkind habe ihn ein Schnuller mit Werbeaufdruck der Brauerei beruhigt. "Ich bin also von Klein auf mit den Dülls verbunden", sagt er scherzend.
Bierbrot ist keine Neuerfindung
Die Idee, ein Bier-Retter-Brot "Made in Frankenwinheim und Krautheim" zu kreieren, ist beim Seniorchef der Brauerei Friedrich Düll und dessen Sohn Michael auf fruchtbares Terrain gefallen. "Es hat keine fünf Minuten gedauert, da war das Projekt gemeinsam beschlossene Sache." Denn das Bier sei in bester Qualität, laufe aber demnächst ab.
Bäcker Schmitt tue es in der "Seele weh, wenn hochwertige Lebensmittel aus der benachbarten Brauerei einfach weggeschüttet werden müssen, weil der Absatz pandemiebedingt fehle". Neu ist die Idee nicht, gibt Schmitt zu. Das Bier-Retter-Brot wurde nicht von ihm erfunden wurde, sondern gab es auch schon in anderen Backstuben.
Das Ziel sei, Lebensmittel zu retten, schildert der Bäcker. Brot mit Bier zu backen sieht er in diesem Fall als eine Win-Win-Situation für beide Seiten. Er sei so erzogen worden, nichts zu verschwenden, wenn es um den ökologischen Fußabdruck gehe, sagt der erfahrene Brot-Sommelier.
Bierbrot mit "Hammeraroma"
Seit ein paar Tagen entsteht nun in Axel Schmitts Backstube in Frankenwinheim das Bier-Retter-Brot. Die Hauptzutaten aus der Region sind Dinkel, Sauerteig und Krautheimer Hell und Dunkel. "Bier anstelle von Wasser", lautet die Devise der außergewöhnlichen Aktion. Das Fassbier wird dazu vom zwei Kilometer entfernten Brauereihof in den Bäckereibetrieb gekarrt.
Zusammen mit regionalem Dinkel-Vollkornmehl und Lindenblüten-Sauerteig entsteht laut Schmitt ein "Hammeraroma". Das Brot mit feiner Kruste sei sehr gut verträglich. "Alle Zutaten sprechen unterfränkisch", sagt er mit Blick auf deren Herkunft.
Das Hochprozentige verdampft im Backofen, "man kann also nach dem Verzehr Auto fahren, und Kinder können das Dinkelbrot auch essen", sagt Schmitt lachend und zeigt ein Zertifikat, das die ersten Bier-Retter-Brote bereits erhalten haben. Der Qualitätsprüfdienst des Deutschen Brotinstituts hat Anfang Mai eine sensorische Prüfung durchgeführt und die neue Brot-Kreation mit "sehr gut" ausgezeichnet.
Weniger Bier verkauft wegen Corona
Brauerei-Inhaber Friedrich Düll war von Anfang an von Schmitts Idee begeistert. "Lebensmittel wegzuwerfen ist ein nachdenkliches Thema", sagt Düll. Deshalb sei die Verwendung des Bieres beim Brotbacken ein großer Pluspunkt. Aufgrund des Corona-Lockdowns blieb eine Reihe von Fässern in der Brauerei oder bei Kunden stehen. Das Weihnachtsgeschäft fiel komplett aus. Außerdem läuft die Haltbarkeit des Bieres von einem halben Jahr bald ab. Da war die Anfrage von Axel Schmitt ein Lichtblick.
Mit der Aktion erspare man sich auch die Arbeitszeit, um das abgelaufene Bier zu entsorgen. Denn das Wegschütten des Bieres hätte die kleine Kläranlage in Krautheim zu stark belastet. Die Fässer hätte man folglich nach Volkach zur Großkläranlage karren müssen. Das fällt jetzt weg.
Bier-Retter-Brot im Brauerei-Biergarten
Brauer Düll ist sich bewusst, dass die gesamte Bier-Rettungsaktion zeitlich begrenzt ist. Aber das ist auch gut so, denn "mir ist es natürlich lieber, dass das Bier getrunken wird", sagt er, und Bäcker Schmitt pflichtet ihm bei.
Dülls Sohn Michael hofft darauf, dass die komplette Gastronomie bald wieder öffnen darf. Im eigenen Biergarten in Krautheim war es schon so weit. Dank niedriger Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis Kitzingen fiel in der vergangenen Woche der Startschuss für einen hoffnungsvollen Neuanfang mit Bier-Retter-Brot und kühlem Bier vom Fass.
