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Schweinfurt
Berta hilft beim Einkauf: Warum jetzt ein Roboter in einem Schweinfurter Edeka-Markt durch die Gänge rollt
Dank Roboter Berta soll die langwierige Suche nach Lebensmitteln im Edeka-Markt Höchner der Vergangenheit angehören. Wie der Roboter ankommt und wo es noch hakt.
Seit Kurzem hat der Edeka-Markt Höchner in Schweinfurt eine neue Mitarbeiterin: Roboter Berta hilft jetzt beim Einkaufen. Mitarbeiterin Jessica Werger begleitet Berta zu ihrer Schicht.
Foto: Anand Anders | Seit Kurzem hat der Edeka-Markt Höchner in Schweinfurt eine neue Mitarbeiterin: Roboter Berta hilft jetzt beim Einkaufen. Mitarbeiterin Jessica Werger begleitet Berta zu ihrer Schicht.
Désirée Schneider
 |  aktualisiert: 14.09.2023 02:57 Uhr

Ein kurzes Zwinkern, ein angedeuteter Kuss, dann ertönt eine Stimme: "Könnten Sie bitte für mich Platz machen? Ich komme nicht durch." Zwischen Kühlregal und Konserven erntet Roboter Berta für diese Bitte erstaunte Blicke. Die angesprochene Kundin wirkt etwas irritiert, tritt mit ihrem Einkaufwagen dann aber beiseite. "Na sowas", sagt sie und schaut dem Roboter lächelnd hinterher.

Szenen wie diese sind seit einigen Wochen keine Seltenheit im Edeka Frische-Center Höchner im Schweinfurter Stadtteil Bergl. Der Roboter-Neuzugang sorgt für ordentlich Aufsehen. "Wenn Berta durch den Markt fährt, schauen alle und fragen sich: Was ist das?", sagt Geschäftsführer und Filialleiter Marius Höchner und lacht.

Roboter Berta rollt mit 1,4 Metern pro Sekunde durch den Edeka-Markt in Schweinfurt

Kaum verwunderlich, denn Berta, wie die Belegschaft den etwa hüfthohen Roboter getauft hat, fällt auf. Von ihrem Bildschirm blickt Kundinnen und Kunden ein lächelndes Gesicht entgegen, die Augen auf dem Bildschirm blinzeln und zwinkern. "Herzlich Willkommen in Ihrem Frische-Center Höchner", grüßt Berta dann.

Künftig soll der Roboter Kundinnen und Kunden vor allem eines ersparen, hofft Filialleiter Höchner: die langwierige Suche nach Produkten. Denn auf dem Bildschirm des Roboters stehen drei Funktionen zur Wahl. Entweder den Weg zu einem Produkt finden oder die Weiterleitung auf die Webseite oder eine Broschüre des Marktes.

Ist ein Produkt auf Bertas Bildschirm ausgewählt, sagt die Roboter-Stimme: "Folgen Sie mir" und führt dann zielsicher durch den Markt. Mit einer Geschwindigkeit von 1,4 Metern pro Sekunde ist sie dabei zügig unterwegs.

Zu schnell für Kundinnen und Kunden, die weniger gut zu Fuß sind? Eher nicht, meint Filialleiter Höchner: "Bisher funktioniert das eigentlich ganz gut." Zur Not könne man dem Roboter aber auch etwas an Tempo nehmen. "Langsamer, lauter – das kann man bei Berta alles einstellen", sagt er.

Auf Bertas Bildschirm können Kundinnen und Kunden auswählen, zu welchem Produkt der Roboter sie im Schweinfurter Markt führen soll.
Foto: Anand Anders | Auf Bertas Bildschirm können Kundinnen und Kunden auswählen, zu welchem Produkt der Roboter sie im Schweinfurter Markt führen soll.

Generell sei Berta leicht zu handhaben. Wer mit dem Bildschirm dennoch nicht zurechtkomme, könne sie per Sprachbefehl steuern. Ob ihr Sprachtalent allerdings für Aufforderungen in breitestem Fränkisch ausreiche, wage er eher zu bezweifeln, sagt Höchner.

Gibt es Roboter in Lebensmittel-Märkten in Zukunft häufiger?

In der Gastronomie werden Roboter wie Berta schon länger genutzt. Im Lebensmitteleinzelhandel sei sein Markt aber wohl der erste in der Region, meint Höchner. "Wir wollen mit der Zeit gehen, da ist so etwas meiner Meinung nach der nächste Schritt."

Das sieht Jörg Rode, Ressortleiter Technologie der Lebensmittel Zeitung, anders. Er räumt Robotern wie Berta im Lebensmitteleinzelhandel kaum Zukunftschancen ein. "Aus meiner Sicht sind das zwar Anziehungspunkte für Kinder und Neugierige, der Nutzeffekt ist aber sehr gering", sagt er.

Sinnvoller ist es seiner Ansicht nach, die gleichen Funktionen in einer App für das Smartphone anzubieten. "So können auch mehrere Kunden gleichzeitig darauf zugreifen", sagt er.

Roboter Berta geht in Schweinfurt manchmal noch im Waschmittelgang verloren

Edeka-Filialleiter Höchner glaubt dennoch an das Potential des Roboters. "Sie ist einfach eine coole Ergänzung", sagt er. Ersetzen solle der Roboter nämlich niemanden. Im Gegenteil: "Er macht aktuell noch mehr Arbeit, als dass er uns hilft", sagt Höchner.

Denn Berta muss sich erst noch eingewöhnen. So seien etwa noch nicht alle Regalreihen in ihrem System hinterlegt, weshalb sie aktuell des Öfteren im Waschmittelgang stecken bleibe. Auch könne sie bisher nur den Weg zu Warengruppen und nicht zu einzelnen Produkten zeigen. Ein Defizit, dass man laut Höchner baldmöglichst beheben wolle. Auch Aufsteller an wechselnden Standorten stellen die Orientierung des Roboters noch vor Herausforderungen.

Höchner zeigt sich dennoch zuversichtlich. Denn Berta sei lernfähig. "Wenn sie beispielsweise in Gang vier immer an der gleichen Stelle hängen bleibt, dann lernt sie das und fährt beim nächsten Mal eben ein paar Zentimeter weiter rechts."

Besonders bei Kindern ist Berta beliebt

Dafür dass Berta im Idealfall nirgendwo anstößt, sorgen eine 360-Grad-Kamera und mehrere Sensoren. "Berta stoppt auch sehr schnell. Wenn also zum Beispiel ein Kind vor sie rennt, würde sie sofort anhalten", sagt Höchner.

Auch um den Datenschutz müsse sich niemand im Markt Gedanken machen. "Die Aufnahmen werden nur zum Abstandmessen und für den Fahrtweg genutzt und nirgendwo gespeichert", so der Geschäftsführer.

Noch ist Berta nur geleast und soll vorerst drei Jahre durch den Schweinfurter Edeka-Markt Höchner fahren. Finanziert wird sie durch Werbeanzeigen auf ihrem Bildschirm.
Foto: Anand Anders | Noch ist Berta nur geleast und soll vorerst drei Jahre durch den Schweinfurter Edeka-Markt Höchner fahren. Finanziert wird sie durch Werbeanzeigen auf ihrem Bildschirm.

Bei den Kundinnen und Kunden käme Berta schon jetzt gut an. "Die Resonanz ist sehr gut. Natürlich müssen die Leute sie erst einmal kennenlernen. Aber wenn Berta ein paar Wochen unterwegs ist, fallen die Hemmungen", ist Höchner sich sicher. Ihr Arbeitseinsatz mache sich bereits bemerkbar. "Wir werden mittlerweile deutlich seltener gefragt, wo ein bestimmtes Produkt steht", sagt Jessica Werger, Leiterin der Drogerieabteilung.

Besonders beliebt sei Berta bei den Jüngsten. Immer wieder folgen ihr Kinder durch die Regalreihen – zu Beginn noch etwas zurückhaltend, dann immer mutiger. "Sie sind total neugierig und haben viel Spaß mit der lieben Berta", sagt Jessica Werger. Insbesondere, wenn der Roboter ihnen den Weg zum Süßigkeitenregal zeige.

Roboter wie Berta haben sich in der Branche bislang kaum bewährt

Drei Jahre soll Berta vorerst durch den Markt rollen. So lange läuft der Leasing-Vertrag mit der Firma, die den Roboter vermittelt hat. Wie viel dieser im Monat kostet, will Marius Höchner nicht verraten. Durch Werbeanzeigen auf Bertas Bildschirm schreibe sie aber zumindest keine roten Zahlen, sagt er. Ob sie nach den drei Jahren bleiben dürfe, hänge auch davon ab, wie sehr sie der Kundschaft ans Herz wachse.

Dass das passiere, sei äußerst fraglich, meint Jörg Rode von der Lebensmittel Zeitung. Denn über den kurzfristigen Sensationseffekt hinaus hätten sich die "Grüß-Onkel", wie er sie nennt, in der Branche nicht bewährt – das Interesse lasse meist schnell nach.

"Mir ist von den Händlern, die das in den letzten fünf bis sieben Jahren ausprobiert haben, kein einziger bekannt, der das über mehrere Jahre im Laden gelassen hätte", sagt er. Ganz abwerten möchte er Berta aber nicht: "Sie sehen ja schon niedlich aus und begeistern die Kinder."

 
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Kommentare
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  • Robert Hippeli
    Es wird höchste Zeit, dass KI-Einsatz und Digitalisierung mit Steuern und Sozialabgaben verpflichtet werden, wenn Arbeitsplätz ersetzt werden!

    Wo soll das sonst hinführen?

    Wo sind bei diesem Thema unsere Politiker?
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  • Roland Albert
    Bedanken Sie sich bei den Gewerkschaften.
    Den Rest des Kommentares bezeichne ich als schlechte Satire.
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  • Robert Hippeli
    @Roland Albert: stimmt, die Gewerkschaften schlafen auch zu meinem oben genannten Thema! .-)
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