Eine gelungene Kombination aus alt und neu, gewachsenen und modernen Elementen, aus Stein, Holz und weißem Putz prägt diesen ehemaligen Bauernhof mitten in Greßthal. Mit viel Arbeit und Ideenreichtum haben Kerstin und Frank Conrad ihr neues Wohnhaus in die alte Hofstruktur integriert. Am "Tag der Innenentwicklung" im Oberen Werntal, am 25. September, öffnen sie ihr Heim, um anderen Bauwilligen Mut zu machen, im Ortskern zu investieren.
Der Hofbaum, eine Wildsteppenkirsche, musste noch sein. Da waren sich die Bauherren einig. Obwohl sie bereits mit großen Pflanzbeeten an den Gebäudemauern den Hofraum des ehemaligen landwirtschaftlichen Anwesens begrünt haben. Alte Eichenbalken stecken dekorativ in den grünen Oasen. "Die sind noch aus dem alten Wohnhaus", erklärt Kerstin Conrad. Denn das musste das Ehepaar mit viel Eigenleistung, aber unterstützt vom Abbruchprogramm des Landkreises, 2015 erst abreißen.
Ehe sich die Conrads an ihr Bauprojekt im Greßthaler Ortskern wagten, hatten sie in Oberbayern gelebt und sich dort ein Haus erarbeitet. Aber die gebürtigen Unterfranken – die Bauherrin stammt aus Greßthal, ihr Mann aus Grettstadt – zog es mit dem kleinen Sohn zurück in die Heimat. "Starke Familienbande", sagt Kerstin Conrad lächelnd.
Vom Haus am Ammersee zurück nach Greßthal – in ein großes Projekt
Sie veräußerten ihr Haus am Ammersee und kauften das Anwesen in Greßthal von einer befreundeten Familie. "Sonst hätten wir uns das hier nicht leisten können", bekennt die Bauherrin. Ziemlich schnell sei alles gegangen – der Kauf im Februar 2015, die Planungsgenehmigung im April, der Abriss des alten Hauses im Juli und schon im April 2016 der Einzug in das an gleicher Stelle neugebaute Wohnhaus in Holzständerbauweise.
"Wir haben bewusst ein Satteldach gewählt", erzählt die Hausherrin, "weil das Haus im Innenort zur Dachlandschaft passen soll." Moderne Holzverkleidung ergänzt die weiße Hausfassade am Anbau und an der Terrasse zum Hof.
Aus dem alten Stall wurden Partyraum und Werkstatt
Auch die Bruchsteinwände über dem freigelegten Eingang zum Gewölbekeller sowie am Nebengebäude – ehemals Stall, heute Partyraum und Werkstatt – sind ein Blickfang. Weil Kerstin Conrads Vater als gelernter Maurer und Bautechniker die Materie beherrscht und auch Handelsfachwirt Frank Conrad handwerklich geschickt ist, wurde beides in Eigenleistung saniert.
Früher gelangte man über eine Außentreppe vom Hof her in das Gebäude, das an einem Hang liegt. Heute geht es ebenerdig vom Hof hinein in das neue Haus, das von der geräumigen Diele aus über ein offenes Treppenhaus zu den beiden Obergeschossen erschlossen wird. Die hinteren Kellerräume mussten wegen der Hanglage gemauert werden. Auf den "Keller" wurden dann von der Zimmerei Poppenhausen die beiden Holzständer-Vollgeschosse und das Dach gesetzt.
Eine Bruchsteinwand schafft auch in der Diele einen Anklang an das frühere Gebäude. Hinter abgeschlagenem Putz kam die 1,70 Meter hohe Mauer zum Vorschein. In der Höhe wurde sie ergänzt, auch durch einen Betonstreifen, was die Modernität hebt.
Gute Dämmung lohnt sich und bringt 21 Grad Grundwärme im Winter
Hier unten liegt neben der Garderobe der Hauswirtschaftsraum, der auch Übergang in die Werkstatt im Nebengebäude ist. Außerdem befindet sich hier der Technikraum mit Pelletheizung und Sacksilo. Über eine Fußbodenheizung werden die Wohnräume beheizt.
Ergänzend wärmt im Wohnbereich ein wasserführender Schwedenofen. Gedämmt wurde das Holzständerhaus mit Holzfaserwolle. "Wir haben im Winter eine Grundwärme von 21 Grad", freut sich Kerstin Conrad. Regenerativen Strom gibt es von der Photovoltaikanlage auf dem Scheunendach.
Auf der 120 Quadratmeter großen Wohnebene im ersten Stock öffnet sich ein großer, heller Wohn-, Ess- und Küchenraum. Der Blick wandert durch die Fenster hinaus auf die zum Hang hin gelegene, westliche Holzterrasse.
Dort arbeitet der Hausherr noch an der Beplankung, dort wird auch die sanft ansteigende Obstbaumwiese sichtbar. "Wir ernten hier alles und machen das Obst ein", erzählt die Bauherrin. Darüber hinaus pflegt sie mit Leidenschaft einen großen Gemüsegarten auf der anderen Hofseite.
Beim Ausbau haben Conrads auf natürliche und heimische Materialien gesetzt
Die moderne Gemütlichkeit des Wohnbereichs mit Eichendielen und hell lasierter Fichtendecke geht über in einen großzügigen Essplatz. "Wir sind hier eine richtige Großfamilie", sagt Kerstin Conrad lachend, zumal sie gerne die Verwandtschaft um sich hat.
In der offenen Küche mit Kochinsel fallen Muschelkalkplatten an der Arbeitsfläche und am Boden auf. "Wir wollten natürliche und heimische Materialien." Vom Küchenbereich aus kann man auch die Terrasse zum Hof betreten. Ein Gäste-WC mit Dusche und ein Kreativraum für die Erzieherin, aber auch für die Kinder, liegen noch auf dieser Ebene.
Die Entscheidung, im Altort zu bauen, haben sie nicht bereut
Ein Stockwerk höher finden sich auf abermals 120 Quadratmetern neben dem großzügigen Familienbad das Elternschlafzimmer mit Ankleide, das Kinderzimmer und ein Büro, das auch als Gästezimmer dient. Für einen eventuellen Dachausbau könnte das Treppenhaus auch einen Stock höher erweitert werden.
Trotz der vielen Arbeit, die rund um Haus und Hof immer wartet, ist die Familie glücklich über ihre Entscheidung, im Altort zu bauen. "Wir genießen das hier wirklich", unterstreicht Kerstin Conrad.
Es gibt landauf landab viele leerstehende Gebäude, die man nutzen könnte, um sie vor
den Verfall zu retten. Leider gerade in ländlichen Bereichen, wo die Ortschaften so langsam ausbluten, da die Jungen immer mehr fortziehen und die Alten allein gelassen werden.