Die große Glasfront erinnert an das frühere Scheunentor, das hohe, steile Dach gleicht dem alten Vorbild. An die Stelle einer Scheune im fränkischen Dreiseithof hat Bauherr Steffen Sauer im Altort von Sömmersdorf sein Familienhaus gebaut.
Im neuen Nebengebäude werden seine Schwiegereltern einziehen und im vorderen Haus wohnt seit langem seine Großmutter. Vier Generationen werden also den ehemaligen Bauernhof beleben. Das energetisch Besondere dabei: Ein Solar-Wasserstoff-System mit einem Ganzjahres-Stromspeicher versorgt die neuen Gebäude. Am Tag der Innenentwicklung, 24. und 25. September, sind diese zu besichtigen.
"Ich bin gern mittendrin und dabei"
Das Anwesen der Großeltern zu übernehmen und als gebürtiger Sömmersdorfer wieder zurück in seinen Heimatort zu kommen, war für Steffen Sauer klar. "Ich bin gern mittendrin und dabei", erklärt der 30-jährige Familienvater. Unter anderem als Feuerwehrvorstand hat er im Dorf Verantwortung übernommen.
Ihm ist der Gedanke des Flächensparens wichtig, die Vermeidung von neuer Versiegelung. Und er weiß, dass bei einem generationenübergreifenden Wohnprojekt alle profitieren.
Die alte Sandsteinscheune hatten Sauer und seine Frau Sarina ursprünglich erhalten wollen. "Eine Loft-ähnliche Wohnung hatte unser Architekt Benedikt Gerber (Mühlhausen) zunächst entworfen", erklärt der Bauherr. Aber bei den geschätzten Kosten von 1,5 Millionen Euro war es für die Eltern zweier kleiner Mädchen gar keine Frage mehr: Abriss und Neubau war geboten. Wobei die Kubatur der alten Scheune wieder aufgenommen wurde.
Mit Hilfe von Familie und Freunden, "mit Hubsteiger, Kran und Muskelkraft", so sein Vater Harald Homrighausen, wurden ab Frühjahr 2020 Scheune und zwei Nebengebäude abgetragen. Eichenbalken und Steine wurden für spätere Verwendung zwischengelagert. Ein noch intaktes Fachwerk-Ensemble ist im Hof bereits als Teil eines künftigen Freisitzes aufgestellt. Ein kleiner Teil des Bauschutts kam auf die Rothmühle-Deponie, mit Unterstützung des Abbruch-Programms des Landkreises.
In Grenzbebauung entstanden ab Frühjahr 2021 die neuen, L-förmig zueinander stehenden Gebäude. Wobei das neue Wohnhaus im Gegensatz zur früheren Scheune sechs Meter Richtung Hof rückte. Ein Rest der sandsteinernen Scheunenmauer blieb stehen, sie umrundet den neu entstandenen Innenhof hinter dem Haus.
Isolierendes Wärmeverbundsystem auf den Ziegelsteinen
"Wir haben auf die alte Grenze gebaut, weshalb aber auch keine Mauer wirklich gerade ist", nennt Sauer ein Problem. Bei allen Arbeiten war daher das Vermessungsbüro Gemmer und Leber (Werneck) dabei: "Das war extrem wichtig und hilfreich".
Entlang der Brunnengasse und im rechten Winkel zum neuen Haupthaus ist im Nebengebäude die einstöckige, 70 Quadratmeter große Wohnung der Schwiegereltern errichtet. Hinter der Holzfassade aus vorgegrauter Douglasie sorgt ein isolierendes Wärmeverbundsystem auf den Ziegelsteinen dafür, dass die Werte für ein Niedrigenergiehaus KfW 40+ erreicht werden.
Auf dem Flachdach dieses Nebengebäudes sind bereits große Wasserstofftanks aufgestellt. Sie gehören zu dem innovativen Wasserstoff-Langzeit-Speichersystem der Firma HPS (Berlin), das Sauer so begeisterte. Über eine Photovoltaikanlage auf seinem neuen, 48 Grad steilen Hausdach erzeugt er Strom. Mit dem Stromüberschuss wird eine Elektrolyse bewirkt, die Spaltung von Wasser in Wasser- und Sauerstoff. Der Wasserstoff wird in den Tanks gespeichert. Wenn im Winter die Sonne nicht genug Kraft hat, um die Batterie zu laden und das Haus vollständig alleine zu versorgen, wird aus dem gespeicherten Wasserstoff durch eine Brennstoffzelle Strom rückerzeugt.
Die Anlage mit einer 6000 kW-Heizleistung, untergebracht im Technikraum im Nebengebäude, braucht dennoch eine Grundheizung. Dafür wird eine Wärmepumpe ebenfalls auf dem Flachdach installiert. Auch diese ist mit der PV-Anlage gekoppelt und im Hausinnern mit der Fußbodenheizung verbunden. "Mein Ziel ist es, energetisch autark zu werden", sagt Sauer.
Neubau mit KfW 40+Standard staatlich gefördert
Für die Anlage kann der Bauherr das bundesweite Förderprogramm KfW 433 in Anspruch nehmen. Außerdem wird sein Neubau mit KfW 40+Standard ebenfalls staatlich gefördert.
Ökologisches Bauen verwirklichte der Qualitätsingenieur außerdem durch die Holzständerbauweise, die die Zimmerei Poppenhausen erstellte. Als Aufsatz auf die links und rechts gemauerten Erdgeschoss-Hausteile wurden die Holzwände aufgesetzt. Auf massiven Stahlstreben liegt das Dach: Eine sogenannte Brettstapeldecke mit Balken aus zehn Zentimeter geleimten Brettern.
Wer durch das große Glastor die neue Wohn-Scheune betritt, wird von der Helligkeit des Raumes eingenommen, von der Höhe von etwa zehn Metern und vor allem vom vermeintlich schwebenden Holzkasten im Luftraum. Es ist das Elternschlafzimmer, das unter dem First aufgehängt wurde. Über eine Galerie im Obergeschoss ist es betretbar. Hier oben liegen zudem die beiden Kinderzimmer, ein Hauswirtschaftsraum und das Familienbad. Eine Terrasse mit Blick zum Innenhof ergänzt die Wohnfläche.
Mit enormer Eigenleistung ist die ganze Familie seit zwei Jahren fast täglich auf der Baustelle. Das Ziel heißt, im Frühjahr 2023 einzuziehen.