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Schweinfurt
Auseinandersetzung im Ankerzentrum: Drei Jahre und drei Monate Haft für einen 30-Jährigen nach Messerangriff
In der Unterkunft bei Geldersheim gibt es öfters Zoff zwischen Algeriern und Afghanen. Für Messerattacken hat das Gericht jedoch kein Verständnis.
Bei einer zur Massenschlägerei ausgearteten Auseinandersetzung zwischen Algeriern und Afghanen Mitte Oktober 2022 war ein 23-jähriger Afghane mit mehreren Messerstichen verletzt worden.
Foto: Silvia Gralla | Bei einer zur Massenschlägerei ausgearteten Auseinandersetzung zwischen Algeriern und Afghanen Mitte Oktober 2022 war ein 23-jähriger Afghane mit mehreren Messerstichen verletzt worden.
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:17 Uhr

Vor knapp vier Wochen saßen vier afghanische Asylbewerber aus dem Ankerzentrum bei Geldersheim vor dem Jugendschöffengericht wegen gefährlicher Körperverletzung. Sie waren auf dem Flur eines Unterkunftsgebäudes ihrem Landsmann zu Hilfe geeilt, der von vier Algeriern handgreiflich angegriffen worden war, von einem der Männer sogar mit einem Messer. Die Nothilfe machte ihnen niemand zum Vorwurf, wohl aber, dass sie anschließend ihrerseits die Algerier mit Schlägen und Tritten bearbeiteten. Die vier Afghanen wurden nach fünfmonatiger U-Haft zu Bewährungsstrafen verurteilt – und kamen auf freien Fuß.

Nun ist das Urteil gegen drei Angreifer gefallen. Die Männer im Alter von 32, 30 und 27 Jahren waren noch nicht lange in der Einrichtung, als sie am Abend des 17. Oktober 2022 einem 23-jährigen Afghanen in seine Unterkunft folgten, weil dieser ihnen gegenüber mit den Händen eine abschätzige Bewegung gemacht haben soll. Sie attackierten ihn im Flur. Der 27-Jährige schlug und trat zu. Der 32-Jährige schaute meist zu – heftig aber verletzt den 23-Jährigen der 30-jährige Algerier. Achtmal stach der Mann, von Beruf Bäcker, zur Überzeugung des Gerichts mit einem Taschenmesser auf den 23-Jährigen ein, so der Vorsitzende.

Videobeweis plus Geständnisse aller drei Angeklagten

Zunächst zeichneten die Verteidiger ein Bild von der Situation im Ankerzentrum, auf dem keineswegs nur Algerier die Bösen und Afghanen die Opfer seien. Zwischen beiden Volksgruppen gebe es häufiger Auseinandersetzungen, die mal von der einen, mal von der anderen Seite ausgingen. Und: Der Geschädigte der Messerstiche sei eine Art Anführer auf afghanischer Seite und auch Kampfsportler, wie er selbst gesagt habe. Letztlich aber lagen am zweiten Verhandlungstag Geständnisse aller drei Angeklagten vor, die nach Auffassung der Staatsanwältin und des Gerichts allerdings nur bestätigten, was die Videokamera aufgezeichnet hatte.

Selbst wenn der Geschädigte zuvor mit einer Geste provoziert hätte, sei dies kein Grund für so einen Angriff, sagte die Staatsanwältin. Sie forderte für den Messerstecher vier Jahre Haft. Für die beiden Mittäter beantragte sie Bewährungsstrafen von einem Jahr und zwei Monaten sowie einem Jahr und neun Monaten – sowie 90 Arbeitsstunden.

Einer soll zugestochen, der andere zugeguckt haben

Die Verteidigerin des eher passiven 32-Jährigen, "der meistens daneben stand und zugeguckt hat", hielt für ihren Mandanten maximal neun Monate Haft auf Bewährung für ausreichend. Die Anwältin des Jüngsten, der eingeräumt hatte, dem Geschädigten einen Tritt und zwei Schläge versetzt zu haben, plädierte ebenfalls auf eine Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung. Der Verteidiger des Messerstechers betonte das Geständnis seines Mandanten. Zu seinen Gunsten müsse man eingeschränkte Schuldfähigkeit aufgrund von Drogenkonsum unterstellen. Zwei Jahre auf Bewährung lautete der Antrag.

Die Antwort des Gerichts: Drei Jahre und drei Monate Haft. "Wer ein Messer gegen einen anderen einsetzt, kann nicht ernsthaft mit einer Bewährungsstrafe rechnen", so der Vorsitzende. Bei Stichen gegen den Oberkörper sei es Zufall, ob das Opfer tot herausgetragen werde, auf der Intensivstation lande oder wie in diesem Fall eher leicht verletzt werde.

Die beiden Mittäter erhielten Bewährungsstrafen von einem Jahr beziehungsweise einem Jahr und fünf Monaten, ihre Haftbefehle wurden aufgehoben, ihre Urteile sind rechtskräftig. Der 30-Jährige kann weiterhin Berufung oder Revision einlegen.

 
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