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Schwebheim
Auffällig viele Tiere ausgesetzt: Das Tierheim Schwebheim gerät an seine Belastungsgrenzen
In der Region Schweinfurt werden aktuell viele Haustiere ausgesetzt. Für das Tierheim Schwebheim wird das zunehmend zum Problem. Was die Gründe sein könnten.
Marina Neuner, Leiterin des Tierheims Schwebheim, zeigt Hündin Maja, eine dreijährige American Akita.
Foto: Steffen Krapf | Marina Neuner, Leiterin des Tierheims Schwebheim, zeigt Hündin Maja, eine dreijährige American Akita.
Steffen Krapf
 |  aktualisiert: 01.09.2023 05:19 Uhr

Die Freude bei Hündin Maja ist unübersehbar als Marina Neuner ihr Gehege betritt. Die drei Jahre alte Hündin der Rasse American Akita ist eines von vielen Tieren, das derzeit im Tierheim Schwebheim untergebracht ist und das darauf wartet, in ein neues Zuhause zu ziehen. Denn in der Urlaubszeit verschärft sich die Situation in den Tierheimen regelmäßig dramatisch. So auch in Schwebheim, wie Leiterin Marina Neuner und der erste Vorsitzende Johannes Saal berichten.

"Ein Tier in einem Karton irgendwo hinzustellen ist mit Abstand die blödeste Lösung", regt sich Saal auf. Auffällig viele Kaninchen würden in letzter Zeit ausgesetzt, viele der Tiere würden irgendwo in Schweinfurt in Kartons sitzend aufgefunden. Auch von herum hoppelnden weißen Kaninchen am Schweinfurter Marienbach berichtet Saal. Irgendwann landen die Tiere dann im besten Fall im Tierheim.

Kapazitäten für Hunde und Kleintiere nahezu erschöpft

Über die Gründe, warum sich auffällig viele Menschen in letzter Zeit ihrer Haustiere entledigen wollen, kann Saal häufig nur spekulieren. Schließlich fehlt die Kommunikation mit den Halterinnen und Haltern, die ihr Tier aussetzen anstatt es zum Tierheim zu bringen.

Die im November angepasste Tierarztgebührenordnung könne durchaus eine Rolle spielen, erklärt Saal. Auch Corona habe die Situation verschärft. Während der Pandemie hätten sich viele Menschen, während sie etwa im Homeoffice arbeiteten, Tiere zugelegt, meint Saal. "Die Gründe kennen wir aber nicht genau", sagt er. "Wir merken nur, wenn wir an unsere Kapazitätsbelastungen kommen."

Tierheimleiterin Marina Neuner, eine von insgesamt acht Mitarbeitenden, berichtet, dass man in vielerlei Hinsicht an die Belastungsgrenzen stoße. "Bei den Katzen sind wir randvoll." Kürzlich erst wurden knapp zwanzig Katzen an das Tierheim in Haßfurt abgegeben. Nahezu ausgeschöpft seien auch die Kapazitäten für Hunde und Kleintiere. "Für uns ist es alles sehr stressig", erklärt Neuner. "Zum Glück haben unsere zwei Azubis zumindest gerade keine Berufsschule." Jeder Mann und jede Frau würden dringend benötigt, um die vielen Tiere zu versorgen.

Marina Neuner ärgert sich, dass zu viele Menschen sich ein Tier anschaffen, ohne vorher groß darüber nachzudenken, ob sie den Aufwand und die Verantwortung stemmen können.

"Da werden sich Tiere ohne Sinn und Verstand angeschafft."
Marina Neuner, Leiterin des Tierheims Schwebheim

Hilfeschrei an die Politik: Braucht es einen Haustier-Führerschein?

Gerade für Moderassen oder seltene Hunderassen boome der Welpenhandel über das Internet, kritisiert Saal: "Da werden sich Tiere ohne Sinn und Verstand angeschafft." Auch exotische Tiere, wie etwa Reptilien und Amphibien, hätten in den vergangenen zehn Jahren in deutlich gestiegener Anzahl den Weg in hiesige Wohnzimmer gefunden und seien dann häufig im Tierheim gelandet.

Die Aufnahme der Exoten stellt Tierheime vor eine große Herausforderung, da eine spezielle Haltung nötig ist. Meist werden Schlange, Echse und Co. an spezielle Einrichtungen, wie die Reptilienauffangstation in München, von denen es in Bayern allerdings nur sehr wenige gibt, weitergegeben.

Kaninchen wie dieses wurden jüngst in Schweinfurt vermehrt ausgesetzt. Die Tiere landen dann oft im Tierheim in Schwebheim, das an seine Belastungsgrenze stößt.
Foto: Steffen Krapf | Kaninchen wie dieses wurden jüngst in Schweinfurt vermehrt ausgesetzt. Die Tiere landen dann oft im Tierheim in Schwebheim, das an seine Belastungsgrenze stößt.

Hinzu kämen dramatische Fälle, wie der eines Katers mit gebrochenem Bein, erzählt Saal. Der Tierarzt habe hilfesuchend in Schwebheim angerufen, da die Halter das sechs Monate alte Tier aus Kostengründen nicht hätten operieren sondern einschläfern lassen wollen. Das Tierheim rettete den Kater und kam für die über tausend Euro teure Operation auf.

"Bevor alle Stricke reißen, bevor ein Tier ausgesetzt wird, bitte nehmt Kontakt zum Tierheim auf", appelliert Saal deshalb. "In irgendeiner Form wird immer eine Lösung gefunden", sagt er. Einen Hilfeschrei der überfüllten Tierheime gehe von ihm aber auch an die Politik. Er fordert: "Man sollte sich über einen Führerschein fürs Haustier Gedanken machen. In Österreich gibt es das zum Teil schon."

 
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  • Ich bin Uwe Reitz aus Lülsfeld wir hatten 1999 eine junge Hündin in Schwebheim aus dem Tierheim geholt und diese war bis 2016 bei uns wohlbehütet bis zu Ihrem Tod gepflegt und geliebt worde. Nun set dem möchten wir wieder einen Mitbewohner in unserem großen anwesen ein schönes Leben geben. Die ist aber bei dieser Bürokratie nicht möglich da Du ja sogar die Hose runderlassen mußt um auskunft zu geben. Das diese Leute nicht auch noch wissen wollen wie oft Du Sex hast ist eines. Dann muß das Tierheim eben sehen was sie mit diesen bedauerlichen Tieren machen.Ich spende nicht mehr und sehe es auch nicht ein diese zu unterstützen. Schade
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  • Roland Albert
    Ich habe mich ebenfalls aus Schwebheim verabschiedet und bin in Kitzingen "gelandet"
    Da gehts irgendwie anders zu.
    Negative Erfahrungen habe ich ebenfalls mit der Wannigsmühle.
    Manchmal hat man den Eindruck, dass die die Tiere behalten wollen.
    Schau die Fluktuation in Kitzingen an, wie schnell die vermittelt werden (und nicht zurückkommen) und schau dir die anderen Tierheime an, dann kann man sich seine Gedanken drüber machen.
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  • Doris Hauptmann
    Ich bin auch der Meinung, dass ein Führerschein für Haustiere eingeführt werden soll. Was sagt das über unsere Gesellschaft aus, wenn sie so mit den ihr anvertrauten Tieren umgeht?
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