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Schwebheim
Illegaler Welpenhandel: Wie das Tierheim Schwebheim den Tieren hilft
Lange Transporte quer durch Europa, eine frühe Trennung von der Mutter – das Leid illegal gehandelter Welpen ist groß. Auch im Tierheim in Schwebheim sind Tiere gestrandet.
Christina Herrmann, Leiterin des Schwebheimer Tierheims, kümmert sich um die drei illegal eingeführten Welpen Sina, Sunny und Simba.
Foto: Anand Anders | Christina Herrmann, Leiterin des Schwebheimer Tierheims, kümmert sich um die drei illegal eingeführten Welpen Sina, Sunny und Simba.
Marcel Dinkel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 19:40 Uhr

Schon aus der Ferne hört man einen Chor aus lautem Bellen und Jaulen. In einem Gehege rennen drei schneeweiße Hunde auf und ab. Die Mischlinge Sina, Sunny und Simba springen aufgeregt an den Gitterstäben hoch, wenn sich Tierheimleiterin Christina Herrmann vor ihren Käfig hockt.

Die ungestümen Geschwisterchen mit den großen Augen haben einen weiten Weg zurückgelegt. Ursprünglich stammen sie aus dem fast 2000 Kilometer entfernten Kosovo. Von dort aus wurden die heute ein Jahr alten Welpen illegal in den Landkreis Schweinfurt eingeschleust und vom Tierheim Schwebheim in Obhut genommen.

Illegaler Welpenhandel ist ein großes Problem

Ein Problem, das sich während der Pandemie immer weiter verschärft hat. "Der illegale Welpenhandel hat während Corona deutlich zugenommen", resümiert Herrmann. Aktuelle Zahlen von Tierschutzorganisationen sprechen fast von einer Verdreifachung der Fälle im Jahr 2021.

Die Organisation "Vier Pfoten" zählte im letzten Jahr 1839 illegal eingeführte Tiere in Deutschland. Darunter 1765 Hunde und 74 Katzen. Mit 539 Beschlagnahmungen allein in Bayern ist der Freistaat landesweiter Spitzenreiter, was illegale Tierfunde angeht.

Doch das sei nur die Spitze des Eisbergs, ist sich Herrmann sicher, das das nur die Tiere erfasse, die in Tierheimen landen. Die Dunkelziffer sei noch weitaus höher.

Wie auch das Leid der Tiere. Welpen wie Sina, Sunny und Simba werden meist zu früh von ihrer Mutter getrennt, sodass die für Hunde so lebenswichtige Sozialisierung nicht stattfindet. Die Folge: Massive Verhaltensprobleme, die bis ins Erwachsenenalter reichen können, erklärt Herrmann.

Nach ihrer Quarantäne dürfen Sina, Sunny und Simba in ein größeres Gehege wechseln, wenn sie bis dahin nicht ein neues Herrchen oder Frauchen finden. Der Preis für einen Hund beginnt bei rund 400 Euro.
Foto: Anand Anders | Nach ihrer Quarantäne dürfen Sina, Sunny und Simba in ein größeres Gehege wechseln, wenn sie bis dahin nicht ein neues Herrchen oder Frauchen finden. Der Preis für einen Hund beginnt bei rund 400 Euro.

Zudem seien viele Welpen von den langen Transporten geschwächt. Meist werden sie weder entwurmt, noch mit wichtigen Impfungen abgegeben. Kennzeichnungen oder Begleitpapiere sind oft gefälscht oder fehlen komplett. Die Folge: Decken die Behörden einen illegalen Handel auf und beschlagnahmen die Tiere, müssen die Tierheime viele kranke Hunde gleichzeitig aufnehmen und versorgen – eine Mammutaufgabe.

Die schneeweißen Dackelmischlinge in Schwebheim haben eine ähnliche Tortur hinter sich. Bis alle nötigen Checks erfolgt sind, müssen die drei deshalb noch in einem Käfig ausharren. Als sie gefunden wurden, hatte sich herausgestellt, dass keiner von ihnen eine nachweisbare Tollwutimpfung besitzt.

Dennoch: In Schwebheim zählen derartige Fälle noch zu den Ausnahmen, meint Herrmann. Die meisten Tiere werden an der bayerischen Landesgrenze aufgegriffen und dann landesweit an Heime verteilt, um Einrichtungen an der Grenze zu entlasten.

Tiere brauchen Zuwendung

Dass die Welpen ein neues Zuhause finden, ist trotzdem alles andere als gewiss. Wenn die Tiere hier ankommen, seien viele zunächst scheu und müssten dann noch aufwendig behandelt werden. "Das ist nicht so toll für sie", sagt Herrmann. "Gerade am Anfang brauchen Hunde viel Zuwendung." Glücklicherweise hätten die drei Mischlinge wenig von ihrer Freundlichkeit gegenüber Menschen eingebüßt, so die Tierpflegerin.

In speziellen Spielräumen können sich die Tiere regelmäßig austoben.
Foto: Anand Anders | In speziellen Spielräumen können sich die Tiere regelmäßig austoben.
"Wir sind kein Hundeverleih."
Christina Herrmann, Tierheimleiterin in Schwebheim

Auch in Schwebheim ist während der Pandemie die Nachfrage nach Hunden gestiegen, sagt Herrmann. Im Lockdown haben Leute sogar hier angerufen und wollten Tiere ausleihen, sagt sie. "Das haben wir natürlich nicht gemacht. Wir sind kein Hundeverleih."

Im Gegenteil: Das Tierheim strebt eine Langzeitvermittlung der Tiere an. Dabei schaue man genau hin, ob ein Zuhause auch das passende sei, sagt Herrmann. Damit es den Tieren gut geht, brauchen sie viel Wertschätzung. Hierbei ist das Tierheim auch auf ehrenamtliche Tierpatinnen und Paten angewiesen, die sich regelmäßig mit ihnen beschäftigen.

Eine gute Alternative für jemanden, der oder die gerne einen eigenen Hund hätte, es sich aber nicht leisten kann, einen Vierbeiner in der Wohnung zu halten. Das Tierheim sucht regelmäßig nach Gassi-Gehern und Tierpatinnen, die sich nach einer kurzen Einführung mit den Tieren im Heim beschäftigen können, sagt Herrmann.

Die schwarze Katze Susi hat sich mit ihren Freunden einen kuschligen Platz an der Heizung gesichert.
Foto: Anand Anders | Die schwarze Katze Susi hat sich mit ihren Freunden einen kuschligen Platz an der Heizung gesichert.

Dieses Angebot gilt auch für Katzenfreunde. "Die Katzen freuen sich darüber, wenn jemand zum Streicheln vorbei kommt", sagt Herrmann. Rund 50 Katzen und Kater sind zurzeit im Heim untergebracht. In den kommenden Monaten erwarten die Pflegerinnen und Pfleger, dass diese Zahl weiter zunimmt.

Für die Junghunde Sina, Sunny und Simba, stehen die Chancen hingegen gut, eine dauerhafte Familie zu finden. Alle drei seien gesund und verlieren langsam ihre Scheu, sagt Herrmann. Ein Geschwisterchen habe man schon erfolgreich vermitteln können. Was die kommenden Monate betrifft, hofft die Tierheimleiterin nun, dass die über Corona angeschafften Hunde nach den Lockerungen nicht doch wieder im Heim abgegeben werden.

Tierpaten und Gassigeher

Alle volljährigen Tierfreundinnen und Tierfreunde können eine Tierpatenschaft im Tierheim Schwebheim übernehmen. Paten beteiligen sich mit einem selbst festgelegten Beitrag an den Unterhaltskosten ihres Tieres und haben, soweit Lust und Zeit, direkten Kontakt mit ihm. Auch eine Bürobelegschaft, eine Firma, ein Kindergarten oder eine Schulklasse kommen für eine Patenschaft infrage.
Hundefans können sich auch als Gassigeherinnen und Gassigeher beim Tierheim anmelden. Nach einer Einführung erhalten diese einen Gassigeherausweis. Die Schulung ist eine Voraussetzung für das Ausführen der Hunde und findet in regelmäßigen Abständen statt. Das nächste Gassi–Seminar findet am 20. März auf dem Gelände des Tierheims statt. Fragen beantwortet das Tierheim: info@tierheim-schwebheim.de, Telefon (09723) 7770.
Quelle: Tierheim Schwebheim
 
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