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Schweinfurt
Anzeige gegen Schweinfurter Amtsleiter: Durchsuchung in der Stadtverwaltung
Die Kriminalpolizei ermittelt nach drei Anzeigen wegen des Verdachts von Vermögensdelikten. Welche Vorwürfe erhoben werden und warum ein städtisches Büro durchsucht wurde.
Die Ermittlungen gegen einen Amtsleiter der Stadtverwaltung Schweinfurt wegen des Verdachts von Vermögensdelikten sind fast abgeschlossen. Allerdings wird nun gegen eine weitere Führungskraft aus der Verwaltung ermittelt.
Foto: Anand Anders | Die Ermittlungen gegen einen Amtsleiter der Stadtverwaltung Schweinfurt wegen des Verdachts von Vermögensdelikten sind fast abgeschlossen.
Oliver Schikora
 und  Thomas Starost
 |  aktualisiert: 14.02.2024 12:11 Uhr

Seit Oktober 2020 ermittelt die Kriminalpolizei Schweinfurt gegen einen Amtsleiter der Schweinfurter Stadtverwaltung: Hat er über Jahre Bewirtungsbelege zu Lasten der Stadt falsch abgerechnet? Zudem geht die Kripo weiteren Vorwürfen nach. Neben dem Amtsleiter werden derzeit drei weitere Personen als Beschuldigte in dem Verfahren geführt.

Mittlerweile sind die Ermittlungen ausgeweitet worden, Mitte Mai soll die Kripo weitere Ergebnisse der Staatsanwaltschaft vorlegen. Nach Informationen dieser Redaktion wird gegen eine weitere Person in der Stadtverwaltung in leitender Stellung ermittelt. Im Zusammenhang mit der neuen Ermittlung gab es Ende März eine Bürodurchsuchung in der Stadtverwaltung durch die Kripo und die Staatsanwaltschaft, bei der Akten und E-Mails sichergestellt wurden. Im Mittelpunkt der Ermittlung soll eine Abrechnung einer Veranstaltung stehen.

Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé äußert sich nicht zum Verfahren

Die betroffene Person in der Verwaltung äußert sich ebenso wenig wie Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) offiziell zu den Ermittlungen wegen des laufenden Verfahrens, weist die im Raum stehenden Vorwürfe aber zurück. Ebenso wenig äußert sich der beschuldigten Amtsleiter zum laufenden Verfahren. Aus Sicht des OB gelte für beide die Unschuldsvermutung und man wolle abwarten, welche Ergebnisse die Ermittlungen bringen.

Der betroffene Amtsleiter ist weiterhin im Dienst, eine Suspendierung oder Beurlaubung gab es bisher nicht. Nach Recherchen dieser Redaktion wurden die Erkenntnisse der akribisch geführten Ermittlungen der Kriminalpolizei Schweinfurt Anfang März den Beschuldigten zu Stellungnahmen vorgelegt. Erst nach Abschluss der Nachermittlungen und entsprechender Stellungnahme der beschuldigten Person geht die Akte an die Staatsanwaltschaft, die dann entscheidet, ob Anklage erhoben wird oder nicht. Wann dies geschieht und ob es zu einem Prozess kommt, ist derweil offen.

Die Stadtverwaltung hat offenbar Mitte März durch ihren Personalamtsleiter als geschädigte Partei Akteneinsicht beantragt. Diese wurde aber zum derzeitigen Zeitpunkt abgelehnt, außerdem kann nur ein von der Stadt beauftragter Rechtsanwalt Akteneinsicht beantragen.

Verschiedene Vorwürfe gegen den Amtsleiter werden geprüft

Dem Amtsleiter werden nach Informationen dieser Redaktion mindestens vier verschiedene Vergehen vorgeworfen: Hat er Bewirtungsbelege bei Treffen mit Geschäftspartnern richtig abgerechnet, und haben diese Arbeitsessen mit den auf den abgerechneten Belegen genannten Personen tatsächlich stattgefunden oder waren sie nicht doch eher privater Natur?

Weiter prüft die Kripo die Art und Weise, wie der Eigenkonsum des Amtsleiters in den vergangenen Jahren in einer der städtischen Kantinen abgerechnet wurde. Drittens geht es um die Konditionen eines Vertrages, den er im Namen der Stadt mit einem Dienstleister abgeschlossen hat. Schließlich sollen Abrechnungen aus den Jahren 2018 und 2019 in den Fokus geraten sein – zugunsten verschiedener gemeinnütziger Vereine in Höhe von mehreren tausend Euro. Dieser Betrag soll dann ebenfalls zu Lasten des Etats gegangen sein, den der Amtsleiter zu verwalten hatte.

Nach Recherchen dieser Redaktion legten die Zeugen in dem Fall umfangreiche Unterlagen vor und wurden von Seiten der Kripo teils mehrere Stunden vernommen. Es gibt unter anderem eine "Eidesstattliche Versicherung" eines Zeugen gegenüber der Kripo und der Staatsanwaltschaft zur Bestätigung, dass sich die Vorfälle so zugetragen haben, wie von diesem geschildert. In manchen Bereichen sollen sich nach Informationen dieser Redaktion die Verdachtsmomente durch die Ermittlungen erhärtet haben.

Oberbürgermeister Remelé erstattete erst Anfang Oktober Anzeige

Die drei gestellten Anzeigen gingen zu unterschiedlichen Zeitpunkten bei der Kriminalpolizei ein. Die letzte war die von Oberbürgermeister Sebastian Remelé, der am 1. Oktober 2020 die Polizei über die Vorwürfe gegen den Amtsleiter informierte. Remelé war Mitte Juli 2020 von seiner Büroleiterin in Kenntnis gesetzt worden. Nach Informationen dieser Redaktion gab es mehrere Gespräche mit dem Amtsleiter. Als eine von der Stadt gestellte Frist, die Vorwürfe extern durch eine Selbstanzeige von einer unabhängigen Behörde wie der Kripo prüfen zu lassen, verstrichen war, erfolgte die Anzeige durch den OB.

Gleichwohl verzögerten sich auch die Ermittlungen zunächst. Weder im August 2020 nach der Anzeige des Strafrechtlers Michael Schulze von der Schweinfurter Kanzlei RSCW (sie liegt der Redaktion vor), noch nach der des OB Anfang Oktober wurden die Zeugen sofort einbestellt. Das lag damals auch daran, dass Kripo-Mitarbeiter teilweise zum Gesundheitsamt abgestellt waren zur Kontaktpersonen-Nachverfolgung im Rahmen der Corona-Pandemie. Als die Ermittlungen im Spätherbst begannen, wurden sie aber nach Informationen dieser Redaktion sehr genau und detailliert geführt.

Rechnungsprüfung des betroffenen Amtes listet verschiedene Probleme auf

Die Stadtverwaltung hat außerdem eine Sonderprüfung des betroffenen Bereichs durch die städtische Rechnungsprüfung in Auftrag gegeben, die Anfang März in nicht öffentlicher Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses vorgestellt wurde. Mindestens zwei Teilnehmer erklärten unabhängig voneinander, dass in diesem Bericht eine ganze Reihe von Problemen in diesem Bereich aufgelistet wurden, die allerdings dienstrechtlicher Natur sind oder daran liegen, dass es für bestimmte Handlungsweisen keine klaren Vorgaben bzw. Kontrolle innerhalb der Verwaltung gab.

Nicht nur von Seiten der Stadtrats-Fraktionen gibt es Kopfschütteln über den Fall, auch nach wie vor innerhalb der Verwaltung. Mehrere Mitarbeiter äußern in Hintergrundgesprächen mit dieser Redaktion ihr Unverständnis darüber, dass nicht von Anfang an die Ermittlungen über die Kripo geführt wurden und erst nach Monaten Anzeige gegen den Amtsleiter erstattet wurde.

 
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Kommentare
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  • ammi187@gmail.com
    Unglaublich, die Staatsdiener kriegen fette Gehälter und machen sich nebenbei noch die Taschen voll.
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  • bauri
    Fett sind aber auch die Bonuszahlungen für Mitarbeiter in der Automobilbranche zu den sonst schon recht passablen Monatslöhnen. Davon können normale Staatsdiener zur träumen!
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  • Auf eigenen Wunsch entfernt.
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  • stefan.behringer@web.de
    War da nicht erst vor wenigen Jahren so was ähnliches mit dem Personalamtsleiter, der dann suspendiert worden war?
    Vielleicht gibt es da ein strukturelles Problem bei der Stadt?!
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  • Walger14591609
    In der Tat spricht viel für ein strukturelles Problem, könnte also bis in die Zeit vor Remelé zurückreichen. Trotzdem hat sich da niemand Rathaus mit Ruhm bekleckert. Außer die mittlerweile bestimmt maximal frustrierten mutigen Whistleblower.
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  • ginola245@gmail.com
    Auf eigenen Wunsch hin gelöscht.
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  • stefan.behringer@web.de
    Dann ist er ja sehr weich gelandet.
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  • bauri
    Eine Frühpensionierung bedeutet nicht unbedingt, dass er als Beamter seine vollen Pensionsbezüge erhält. Das kann auch eine empfindliche Reduzierung der lebenslangen Pension sein.
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    Der Artikel liest sich als könnte sich diese Sache zu einem größeren Skandal ausweiten! Mit Vorwürfen gegenüber der Stadt und ihren Vertretern wird im Artikel jedenfalls nicht gespart.

    Trotzdem sollte man wirklich abwarten was ermittelt wird.
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