Seit rund vier Monaten ermittelt die Kriminalpolizei Schweinfurt gegen einen Amtsleiter der Schweinfurter Stadtverwaltung: Hat er über Jahre Bewirtungsbelege zu Lasten der Stadt falsch abgerechnet? Zudem geht die Kripo weiteren Vorwürfen nach. Neben dem Amtsleiter werden vier weitere Personen als Beschuldigte in dem Ermittlungsverfahren geführt.
Es handelt sich nach Informationen dieser Redaktion um vier Vergehen, die dem Amtsleiter vorgeworfen werden: Hat er Bewirtungsbelege bei Treffen mit Geschäftspartnern richtig abgerechnet, und haben diese Arbeitsessen mit den auf den abgerechneten Belegen genannten Personen tatsächlich stattgefunden oder waren sie nicht doch eher privater Natur?
Weiter prüft die Kripo die Art und Weise, wie der Eigenkonsum des Amtsleiters mindestens in den vergangenen zehn Jahren in einer der städtischen Kantinen abgerechnet wurde. Drittens geht es um die Konditionen eines Vertrages, den er im Namen der Stadt mit einem Dienstleister abgeschlossen hat.
Schließlich sollen zwei Abrechnungen aus den Jahren 2018 und 2019 in den Fokus geraten sein – zugunsten zweier gemeinnütziger Vereine in Höhe von zirka 7000 Euro. Dieser Betrag soll dann ebenfalls zu Lasten des Etats gegangen sein, den der Amtsleiter zu verwalten hatte.
Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) betonte auf Nachfrage erneut seine Position, sich nicht zum laufenden Verfahren zu äußern. Es gelte die Unschuldsvermutung und man wolle abwarten, welche Ergebnisse die Ermittlungen bringen. Eine Suspendierung oder Beurlaubung des Amtsleiters gab es bisher nicht. Der Mitarbeiter selbst äußert sich zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen nicht.
Zeugen legten der Kripo umfangreiche Unterlagen vor
Nach Recherchen dieser Redaktion legten die Zeugen in dem Fall umfangreiche Unterlagen vor und wurden von Seiten der Kripo teils mehrere Stunden verhört. Es gibt unter anderem eine "Eidesstattliche Versicherung" eines Zeugen gegenüber der Kripo und der Staatsanwaltschaft zur Bestätigung, dass sich die Vorfälle so zugetragen haben, wie von diesem geschildert.
Die drei gestellten Anzeigen gingen zu unterschiedlichen Zeitpunkten bei der Kriminalpolizei ein. Die letzte war die von Oberbürgermeister Sebastian Remelé, der am 1. Oktober 2020 die Polizei über die Vorwürfe gegen den Amtsleiter informierte.
Remelé war Mitte Juli 2020 von seiner Büroleiterin Anna Barbara Keck in Kenntnis gesetzt worden. Nach Informationen dieser Redaktion gab es mehrere Gespräche mit dem Amtsleiter. Als eine von der Stadt gestellte Frist, die Vorwürfe extern durch eine Selbstanzeige von einer unabhängigen Behörde wie der Kripo prüfen zu lassen, verstrichen war, erfolgte die Anzeige durch den OB.
Gleichwohl verzögerten sich die Ermittlungen. Weder im August 2020 nach der Anzeige des Strafrechtlers Michael Schulze von der Schweinfurter Kanzlei RSCW (sie liegt der Redaktion vor), noch nach der des OB Anfang Oktober wurden die Zeugen sofort einbestellt.
Die Ermittlungen werden vom Fachkommissariat 3 der Kripo Schweinfurt in enger Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Schweinfurt geführt, wie das Polizeipräsidium auf Anfrage erklärte. Bei der Kripo haben Fälle, in denen Untersuchungshaft nötig ist oder Beweismittelverlust droht, Priorität. Dies sei im Fall des Amtsleiters nicht gegeben. Das Präsidium betont, "dass die Ermittlungen der Kripo stets neutral erfolgen und gerade in Wirtschaftsangelegenheiten Ermittlungsverfahren regelmäßig eine hohe Komplexität und eine umfangreiche Beweiserhebung beinhalten".
Kripo-Mitarbeiter teilweise zum Gesundheitsamt abgestellt
Zwischen dem 19. und 23. Oktober 2020 war ein Sachbearbeiter aus dem zuständigen Kommissariat beim Gesundheitsamt im Rahmen der Unterstützung der Contact-Tracing-Teams (CTT) eingesetzt, bestätigt das Präsidium. Seit 18. Januar ist ein anderer Beamter des Kommissariats beim Gesundheitsamt zur Nachverfolgung von Kontaktpersonen der Kategorie 1 eingesetzt. Dass diese Amtshilfe die Ermittlungen verzögert haben könnte, verneint das Präsidium entschieden: "Einfluss oder Auswirkungen auf das genannte Ermittlungsverfahren hat und hatte diese Amtshilfeleistung nicht. Das Polizeipräsidium Unterfranken stellt stets und für alle polizeilichen Bereiche sicher, dass die temporäre personelle Unterstützung der Gesundheitsämter keine Auswirkung auf die Einsatzfähigkeit der unterfränkischen Polizei hat."
Die Vorlage des Ermittlungsberichtes an die Staatsanwaltschaft wird nach Recherchen dieser Redaktion in den nächsten Wochen erwartet.