Immer öfter geben Richter den Ton an, wenn es um Open-Air-Veranstaltungen und andere Kulturevents unter freiem Himmel geht. Denn was des einen Freud ist bekanntlich des anderen Leid. Bundesweit häufen sich die Klagen von Anwohnern über die Lärmbelastung. Jetzt ziehen auch Anwohner der Freilichtbühne in Sömmersdorf vor Gericht.
Das Verwaltungsgericht Würzburg bestätigt den Eingang einer Klage gegen das Landratsamt Schweinfurt. Die Behörde hat die Baugenehmigungen für den Umbau des am nördlichen Rand von Sömmersdorf gelegenen Theaterspielgeländes zu einem Kulturzentrum mit professioneller Ausstattung und Technik erteilt, damit die Bühne, auf der früher nur alle fünf Jahre die Passionsspiele aufgeführt wurden, verstärkt für kulturelle Veranstaltungen genutzt werden kann.
Genau das wollen Anwohner verhindern. Sie fordern vom Gericht, das Landratsamt Schweinfurt zu verpflichten, bauaufsichtlich gegen den Passionsspielverein als Betreiber der Freilichtbühne einzuschreiten. Das Landratsamt soll entsprechende Maßnahmen anordnen, damit die Anwohner keinem "unzumutbaren Lärm" mehr ausgesetzt sind.
Anwohner stellen klar: Kritik geht nicht gegen Passionsspiele
"Es geht um unsere Gesundheit, um nichts anderes", sagt Klaus Markert, der Sprecher der betroffenen Anwohner. Und er stellt klar: "Es geht nicht gegen die Passionsspiele." Der Vorstand des Passionsspielvereins hatte nämlich bei der Mitgliederversammlung den "worst case" heraufbeschworen, wonach bei einer erfolgreichen Klage Proben auf der Bühne nur noch eingeschränkt erfolgen könnten und damit auch die Passionsspiele so gut wie nicht mehr möglich seien.
"Unsere Klage hat damit nichts zu tun", betont Markert. Die Regelung, wieviel Aufführungen und Proben auf der Bühne stattfinden dürfen, habe das Landratsamt erlassen. "Und sie gelten schon jetzt, unabhängig vom Ausgang unserer Klage." Die Kritik der Anwohner habe sich von jeher nur gegen Veranstaltungen in den Jahren dazwischen gerichtet. "Wir wollen die Passionsspiele und sonst nichts."
Konflikt schwelt seit 2018
Klaus Markert legt zwei dicke Aktenordner auf den Tisch. Der gesammelte Schriftverkehr der vergangenen Jahre. Offen schwelt der Konflikt seit 2018, die Ursache aber reicht viel weiter zurück. Genau genommen ins Jahr 2010, als in Workshops die Idee entstand, die Bühne umzubauen und den Zuschauerraum mit einer festen Überdachung zu versehen. Ein vielfältiges Kulturprogramm sollte entstehen und das kleine Sömmersdorf sich als Kulturdorf im Landkreis Schweinfurt etablieren.
Markert sagt, öffentlich sei nie davon die Rede gewesen, dass dann auch zwischen den Passionsspielen Veranstaltungen auf der Bühne stattfinden sollen. Erstmals sei ihm das 2016 bekannt geworden. Da war der erste Bauabschnitt, die Vergrößerung der Bühne, schon abgeschlossen und die Planungen fürs Zeltdach liefen.
Markert sagt auch, schon seit 2011 gebe es ein Nutzungskonzept mit jährlichen Musik- und Kulturveranstaltungen bis ins Jahr 2033. Er habe es im Landratsamt bei der Einsicht der Baugenehmigung für die Bühnenerweiterung entdeckt. Der Öffentlichkeit sei dieses aber nicht bekannt gemacht worden. 2017 habe man sogar noch geleugnet, dass ein solches Konzept überhaupt existiere, behauptet Markert.
Bei seinen Recherchen in der Behörde sei er zudem auf ein Schriftstück gestoßen, das ihn erstaunte: Ein Gutachter habe im Zuge der Baugenehmigung für die Überdachung schon 2015 die Prognose abgegeben, dass eine Nutzung der Bühne für Konzerte "nur in eingeschränktem Umfang bei Darbietungen mit deutlich reduzierter Lautstärke" möglich sei. Trotzdem seien aber Open-Air-Veranstaltung wie die Abba-Show oder Herr der Ringe und die Hans-Zimmer-Filmmusik durchgeführt worden.
2018 wurde die Überdachung gebaut und im gleichen Jahr mit den Passionsspielen eingeweiht. Von da an sei es vorbei gewesen mit der Ruhe. Zuerst der "ständige Baulärm", so Markert, dann die Proben für die Passion und die 18 Aufführungen und im Jahr danach dann die Open-Air-Shows mit allen Vor- und Nacharbeiten auf dem Gelände. "Es war eine Belastung ohnegleichen." Die Proben habe bis dahin ja niemand auf dem Schirm gehabt, so Markert, denn sie seien im Genehmigungsverfahren überhaupt nicht berücksichtigt worden.
Anwohner drohte mit Untätigkeitsklage
2018 war Markert erstmals im Landratsamt vorstellig geworden. Passiert sei nichts. Anfang 2020 habe er dann mit einer Untätigkeitsklage gedroht. Denn aus Sicht der Anwohner verstieß die tatsächliche Nutzung der Bühne gegen das mit der Baugenehmigung 2012 eingereichte Nutzungskonzept. Darin stand laut Markert, dass der damalige Vorstand des Passionsspielvereins dem Landratsamt zugesagt habe, alle Veranstaltungen auf der Bühne – ausgenommen die Passionsspiele – bis 22 Uhr zu beenden. Doch gleich die erste große Eigenproduktion, die Don-Camillo-Aufführung 2016, habe schon bis Mitternacht gedauert.
Das Landratsamt erließ laut Markert erst im November 2021 einen Maßnahmenkatalog. Musikshows wie das Abba-Musical sind danach nicht mehr zulässig, weil durch das Mitsingen und Mitklatschen des Publikums die erlaubte Lautstärke überschritten werde. Für alle anderen Veranstaltungen gelten starke Beschränkungen zwischen 20 und 22 Uhr. Auch für die Robert-Seemann-Halle machte die Behörde Auflagen. Unter anderem dürfen tagsüber nur zwei Fenster geöffnet werden, zwischen 20 und 22 Uhr ist nur noch Pausenlüften erlaubt.
Bei der Mitgliederversammlung des Passionsspielvereins gab es gegen diese Beschränkungen lautstarke Empörung. Der Vorstand jedoch sagte, "wir haben die Kröte geschluckt". Weshalb also klagen nun einige Anwohner? Laut Markert glaubt man aus den Erfahrungen der Vergangenheit heraus nicht daran, dass die Auflagen eingehalten werden. Vor allem aber wolle man gewährleistet wissen, dass auch die Proben und Bauarbeiten auf dem Passionsgelände in die Beurteilung des Lärms einfließen.
Markert macht ein aktuelles Beispiel auf: Im Juli/August wird der Passionsspielverein Robin Hood auf die Bühne bringen. Sechs Aufführungen sind angesetzt. Im Veranstaltungskalender der Gemeinde stehen aber zusätzlich noch 13 Proben-Wochenenden mit insgesamt 39 Tagen und eine komplette Probenwoche. Nicht mitgerechnet die Lärmbelastung durch den Bühnenbau, der von Mitte Januar bis Ende April gedauert hat. Selbst am Ostersonntag sei gehämmert, gesägt und geklopft worden. Mit den sechs Aufführungen sei es also nicht abgetan. "Es ist wesentlich mehr als das, über was man spricht."
Auch im Corona-Jahr gab es Veranstaltungen auf dem Passionsspielgelände
Selbst im Corona-Jahr 2021 habe man keine Ruhe finden können, so Markert. Das Freigelände war aufgrund der Beschränkungen für Innenräume an verschiedene Veranstalter vermietet worden. Auch der Pfarrer nutzte das Passionsgelände für Gottesdienste. Hinzu kommen laut Markert die Veranstaltungen in der Robert-Seemann-Halle, deren Lärmpegel sich bei offenen Fenstern seit Bau des Zeltdachs stark erhöht habe, weil der Schall durch die gewölbte Konstruktion verstärkt werde. "Das ist wie in einer Bahnhofshalle, das ist ein unerträglicher Lärm."
Markert kündigt deshalb schon jetzt an, den geplanten Neubau der Robert-Seemann-Halle am jetzigen Standort wegen seiner Nähe zum Wohngebiet nicht zu akzeptieren. "Dagegen werde ich auch vorgehen."
Der Verein sollte mal über den eigentlichen Gedanken der Veranstaltungen nachdenken, denn dagegen haben die Anwohner nichts! Die Fördermittel wurden sicher nicht von den Anwohnern beantragt.
War das Landratsamt SW bei einer z. B. ABBA-Aufführunf da?
Anwohner wehrt euch
+R als wären da jeden Tag Fußballspiele und Veranstaltungen. Das ist bei weitem nicht so,
beide sollten einmal bei der Wahrheit bleiben. Denn bevor beide auf machten und sich gegen die Vereine bzw. die Passionspiele wanden, wahren beide auch in diesen vertreten
und haben alles unterstützt. Also was soll das ganze Theater. Auf geht Sömmersdorfer wehrt euch.
Ihm wird man es nicht recht machen können! Und die Faktenlage sollte das Landratsamt prüfen und offenlegen wie es sich gehört und nicht ein Freizeitadvokat!
Das Dorf sollte stolz sein auf diese herausragenden Möglichkeiten und auf die vielen Menschen die ihre Freizeit für die Allgemeinheit opfern!
Das Dorf sollte zusammen stehen und diese kulturellen Highlights stärken!
Und das Dorf sollte eine Sammlung machen, die Gewinne zusammentragen , damit Herr Markert nach Rütschenhausen ziehen kann.
Klar gibt es Rechte und Gesetze! Diese haben auch Gültigkeit! Aber wenn es andere Möglichkeiten gibt sollten alle ausgeschöpft werden, damit diese Veranstaltungen durchgeführt werden können!
Und ohne Probe oder Kulisse geht mal nix!
Ganz klar!
Schön dass Sie nicht widersprechen, dass es was persönliches ist und dazu in die Trickkiste gegriffen wird...
Wenn man selbst nicht betroffen ist, kann man leicht reden.
Ich verstehe den Unmut der Anwohner.
Jeder Veranstaltungsmüll muss nun wirklich nicht zu Lautstärke umgewandelt werden. Ich stelle gar die Lügenpassion in Frage, genau wie mancher Historiker..,
Warum baut man so ein Vorhaben in der Nähe eines Wohngebietes.
13 Probenwochenende, hämmern u sägen am Ostersonntag, eine Frechheit!
Auch ein Passionsspielverein hat sich gefälligst nach Anordnungen und Vorschriften zu halten. Ich finde es nicht in Ordnung wie sie die nicht einverstandenen Anwohner als böse Nachbarn bezeichnen. Diese haben ja keine Einwände gegen die Passionsspiele die alle 5 Jahre statt finden sollen. Es gibt halt in Deutschland ein Emissionsschutzgesetz wo sich jeder Veranstalter, auch die sogenannten Frömmsten, an den Vorschriften zu halten haben. Weiterhin ist sogar ein Groß Parkplatz von der Gemeinde Euerbach in Planung. Jetzt braucht der Passionsspielverein halt Einnahmen um die immensen Investitionen wieder rein zu hohlen. Open-Air-Shows , Die Don-Camillo-Aufführung und andere. Man sollte aber auch an die unmittelbaren Nachbarn denken.
„Markert kündigt deshalb schon jetzt an, den geplanten Neubau der Robert-Seemann-Halle am jetzigen Standort wegen seiner Nähe zum Wohngebiet nicht zu akzeptieren. "Dagegen werde ich auch vorgehen."
Die Halle wird keine neue - das wird nur ein Ersatz für etwas, das bereits da war - aber auch das stört den Nachbarn auf einmal!
Neben einer Veranstaltungshalle herrscht nunmal ein gewisser Geräuschpegel - das sagt der Name schon - „Veranstaltung“!
Außerdem war die Ausweitung von Veranstaltungen auch in passionsspielfreie Jahre die Voraussetzung und Bedingung dafür, dass das neue Dach öffentliche Fördermittel erhalten hat!
Er hat mir die Gründe der klagenden Anwohnerinnen/Anwohner viel verständlicher gemacht.
Danke auch für die dadurch sehr ausgewogene Berichterstattung, nicht nur bei dieser Thematik!
Meiner Meinung nach Ihr "Markenzeichen", da in anderen Medien eher selten.