
Sichtlich angestrengt setzt Heidemarie Voll einen Schritt vor den anderen. Um den steilen Weg die Straße "Schrotberg" hinaufzuschaffen, setzt sie ihre Walking-Stöcke ein. "Eine Dreiviertelstunde brauche ich hier hoch. Ich habe Arthrose, mehrmals die Woche würde ich das nicht schaffen", sagt die 80-Jährige aus Schonungen. Auf Höhe der ehemaligen Bushaltestelle "Kreuzbergring" hält Voll kurz inne, wechselt einige Worte mit Josefine Selsam, die ebenfalls am Schrotberg wohnt.
Auch sie sei bisher gerne mit dem Bus nach Schweinfurt gefahren. Künftig könnte es damit jedoch vorbei sein, befürchtet die 89-Jährige. Denn seit dem 1. Januar werden die Bushaltestellen in der Nähe ihrer Wohnung nicht mehr angefahren. Grund dafür sind umfangreiche Änderungen im Busnetz der Stadtwerke Schweinfurt, die Anfang des Jahres in Kraft getreten sind und seitdem auf viel Kritik stoßen.
Im Fall Schonungen bedeutet das: Die unterschiedlichen Fahrtvarianten der Stadtbusse wurden von vormals acht auf zwei "harmonisiert", bestätigen die Stadtwerke auf Nachfrage. Für Voll, Selsam und die anderen Bewohnerinnen und Bewohner ihrer Siedlung heißt das: Gleich fünf ehemalige Haltestellen in ihrer unmittelbaren Nähe wurden gestrichen.
"Einheitliche Linienführung" als Grund für Streichungen
Seitens der Stadtwerke begründet man die Änderungen mit dem neuen Nahverkehrsplan. Der sei bereits 2022 von Stadt- und Kreistag beschlossen worden und sehe im Busverkehr "einheitliche Linienführungen sowie Hin- und Rückfahrten auf gleicher Strecke" vor, so Stadtwerke-Sprecher Dirk Wapki.
Rundtouren wie die der bisherigen Linie 71 in Schonungen seien damit passé. Die neue Linie 180 spart das Wohngebiet nun komplett aus, hält dafür auf Hin- und Rückfahrt an den gleichen Punkten, die hauptsächlich die Hauptstraße und den Weg zum Schulzentrum abdecken.
Bei Anwohnenden der alten Linie stößt das auf Widerstand. Das Wohngebiet liegt an einem steilen Hang. Der Fußweg in den Ortskern oder zu den nun deutlich weiter entfernten Haltestellen sei gerade für die vielen Älteren sehr beschwerlich, sagt Selsam. Sie fühlten sich nun abgehängt.
"Unsere ganze Siedlung wurde kaltgestellt", kritisiert die 89-Jährige. Bisher habe sie zur nächsten Bushaltestelle zu Fuß zehn Minuten gebraucht, jetzt seien es mindestens 30, bergauf, und mit Einkäufen eher mehr. "Wie soll man das als alter Mensch schaffen?", fragt Selsam.
Auch Gemeinde kritisiert Vorgehen
Auch im Rathaus sieht man die Situation kritisch. "Ich bin verärgert. Wir hätten das auch gerne anders gehabt", sagt Bürgermeister Stefan Rottmann. Doch die Gemeinde sei nicht in die Planungen einbezogen worden. Es sei lediglich "eröffnet worden", dass einige Haltestellen künftig nicht mehr angefahren werden. "Wir hatten da nichts zu entscheiden. Und trotzdem müssen wir uns ständig für Entscheidungen rechtfertigen, die in der Stadt getroffen werden", so Rottmann.

Er könne den Unmut der Anwohnerinnen und Anwohner durchaus verstehen. Dennoch sei er froh, dass die Gemeinde zumindest eine zusätzliche Haltestelle am Schulzentrum habe durchsetzen können. Die sei in den ursprünglichen Plänen der Stadtwerke nämlich nicht vorgesehen gewesen. "Dafür haben wir hart gekämpft", sagt Rottmann. Auch dass das Gewerbegebiet "Tiefer Graben" nun angebunden sei, sehe er positiv.
Für die Anwohnenden ein schwacher Trost. "Ich bin jetzt 87 und hatte überlegt, meinen Führerschein abzugeben. Das geht jetzt nicht mehr, jetzt werde ich fahren, solange ich kann", sagt Horst Selsam, Ehemann von Josefine Selsam. "Man wird zum Autofahren im Alter gezwungen. Das ist der Gipfel der Unverschämtheit, den die Stadtwerke sich da geleistet haben", sagt Nachbar Josef Reubelt.
Ihm stoße besonders sauer auf, dass die Stadtwerke die Anwohnenden im Vorfeld nicht über die Änderungen informiert hätten. Stattdessen hätten Anfang Januar plötzlich Schilder an den Haltestellen darüber informiert, dass diese nicht mehr angefahren werden. "Da hätte man doch vorher mal darüber reden können. Stattdessen wurden wir einfach vor vollendete Tatsachen gestellt", sagt der 83-jährige Reubelt.
Seitens der Stadtwerke wolle man nun reagieren. "Aufgrund der erhaltenen Rückmeldungen" prüfe man "Alternativen gemeinsam mit der Gemeinde Schonungen und dem Nahverkehrsbeauftragten", heißt es. Nähere Angaben macht das Unternehmen nicht. Nur so viel: "Der Zeitrahmen hängt neben der Entscheidung der Stadtwerke Schweinfurt maßgeblich von denen der weiteren Beteiligten ab. Zusätzlich muss seitens der Gemeinde geprüft werden, ob und welche baulichen Maßnahmen umgesetzt werden können, um eine andere Linienführung zuzulassen."
Auf Nachfrage im Schonunger Rathaus wird klar: Dort ist von dem Vorhaben bislang offenbar nichts bekannt. "Auf uns ist seitens der Stadtwerke bisher niemand noch einmal offiziell zugegangen", sagt Stefan Rottmann.
Noch befremdlicher ist, dass man an anderer Stelle die flexiblen Buslinien durch eine starre "Steigerwaldbahn" ersetzen möchte.
Im Artikel ist die Rede von Älteren. Für diese ist eine eine gute Anbindung nicht nur am Wohnort, sondern auch am Zielort wichtig. Deswegen ist eine Verknüpfung von "Landbussen" mit den "Stadtbussen" in SW am Rossmarkt oder Zeughaus besonders bedeutsam.
Die (älteren) Leute erst mit irgendwelchen Verbindungen zu Bahnhöfen der "Steigerwaldbahn" zu bringen, dann am peripheren Bahnhof in SW aussteigen lassen und schließlich über komplizierte innerstädtische Umstiege ans Ziel zu kommen ist eine schlechte Lösung.
In Schonungen, wie im Landkreis ist eine bedenkliche Entwicklung zum Nachteil des ÖPNV zu beobachten.
Wir Schonunger sind sehr dankbar dass wir neben dem Bahnhaltepunkt eine Stadtbusverbindung haben. Übrigens die ÖPNV Verbindungen des Landkreises Schweinfurt mit den neuen Linienführungen in Verbindung mit dem Callheinz sind sehr gut. In Verbindung mit dem neuen Nahverkehrsverbund Mainfranken können sie aktuell für 9,-€ /Tag in ganz Unterfranken mit Bus und Bahn fahren - das gab es noch nie!
an Kundenunfreundlichkeit kaum noch zu überbieten. Ich schlage vor, beide Herren mal mit zwei vollen Einkaufstaschen in SChonungen den Berg rauf laufen zu lassen.
Die Herren gehören geteert und gefedert für diese neue Linienführung, die man gelinde gesagt nur als Schwachsinn bezeichnen kann. Ich wünsche Frau Schneider viel Erfolg im Stadtrat, um die alten Haltestellen für die Senioren wieder einzurichten.