
In knapp drei Jahren sollen Eltern einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für ihre Erstklässlerinnen und Erstklässler haben. Doch bis dahin muss sich noch einiges tun: Denn bislang hinkt Bayern in Sachen Betreuungsangebote im bundesweiten Vergleich deutlich hinterher.
Auch die neun Grundschulen in der Stadt Schweinfurt und die 22 Grundschulen im Landkreis müssen sich auf den kommenden Rechtsanspruch vorbereiten. Dieser soll ab dem 1. August 2026 zunächst für alle ersten Klassen gelten und dann schrittweise ausgeweitet werden. Doch wie weit sind die Vorbereitungen in der Region?
Befragung unter Grundschuleltern im Landkreis Schweinfurt
Im Landkreis Schweinfurt hatte sich bereits im vergangenen Jahr eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich mit den organisatorischen und inhaltlichen Fragen der Ganztagsbetreuung beschäftigen soll. Diese sei nun zu Beginn dieses Jahres mit einer ersten Informationsveranstaltung an alle in die Planung involvierten Personen aus den Gemeinden herangetreten, berichtete Kreisjugendpflegerin Anika Heymanns in der jüngsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses des Landkreises.
Eine Befragung unter Grundschuleltern im Landkreis habe indes gezeigt, dass bereits 75 Prozent der Kinder ein Ganztagsangebot nutzen. Dabei hätten jedoch viele Eltern angezeigt, künftig vermehrt Betreuungsangebote in den Morgenstunden zwischen sieben und acht Uhr wahrnehmen zu wollen. "In der Hinsicht muss also auf jeden Fall ein neues Angebot geschaffen werden", so Heymanns. Zudem falle das Betreuungsangebot an Freitagen bislang noch deutlich "dünner" aus als an anderen Wochentagen.
Besonders groß ist laut Umfrage der Wunsch der Eltern nach einer qualifizierten Hausaufgabenbetreuung und pädagogisch hochwertigen Sport- und Freizeitangeboten, sagt Heymanns. Der Haken an der Sache: die Finanzierung. Nur knapp ein Drittel der befragten Eltern sei bereit, mehr als 100 Euro pro Monat für die Ganztagsbetreuung zu bezahlen.
Betreuungsanspruch in den Ferien stellt Schulen vor Herausforderungen
Die aktuelle Ganztagsschule in der Stadt Schweinfurt sei, so wie sie ist, nicht rechtsansprucherfüllend, erklärte Schulamtsleiter René Gutermann in der jüngsten Sitzung des Kultur- und Schulausschusses der Stadt. Künftig müsse der Freitag hinzukommen und es müsse statt bis 15.30 Uhr bis mindestens 16 Uhr betreut werden. "Da gibt es noch einiges an Anpassungsbedarf."
Und auf Stadt und Kommunen kommen weitere Herausforderungen zu. Denn der Betreuungsanspruch gilt, mit Ausnahme von maximal vier Wochen, auch für die Schulferien. Eltern könnten ihre Kinder dann bis zu acht Stunden am Tag, fünf Tage die Woche, in die Ferienbetreuung schicken, erklärte Thorsten Schubert, Leiter des Stadtjugendamts in Schweinfurt, im städtischen Jugendhilfeausschusses.
Auf die Kommunen kämen damit immense Kosten zu. Auch deshalb, weil die Kinder in den Ferien nicht nur den halben, sondern den ganzen Tag betreut werden müssen, so Schubert. Die Stadt rechne mit etwa 1000 Plätzen, die für die Ganztagsbetreuung an den Schulen notwendig wären.
Einen Lichtblick gebe es jedoch. So habe eine Umfrage der Stadt ergeben, dass die Mehrheit der Eltern nur etwa zwei bis vier Wochen einer solchen Ferienbetreuung für ihre Kinder in Anspruch nehmen wollen würde. "Das ist im Endeffekt maximal die Hälfte dessen, was tatsächlich als Rechtsanspruch verfügbar wäre", sagt Schubert. Vorausgesetzt, alle Eltern nehmen zur selben Zeit Urlaub. Wie weit das Betreuungsangebot tatsächlich ausgedehnt werden muss, stehe also noch offen.
Landkreis will mit kreativen Mitteln Personal gewinnen
Fest steht allerdings: Für die Betreuung wird mehr qualifiziertes Personal benötigt. In Zeiten des Fachkräftemangels kein leichtes Unterfangen, das scheint allen Beteiligten klar. Im Landkreis wolle man deshalb kreative Wege gehen, sagt Kreisjugendpflegerin Anika Heymanns. Geplant sei eine Videokampagne, die auf den Bedarf aufmerksam machen und so Interessierte anwerben soll, die sich dann über entsprechende Schulungen pädagogisch nachqualifizieren könnten.
Auch seitens der Stadt zeigt man sich optimistisch: "Wir sind auf einem guten Weg und werden den Weg koordiniert weitergehen, wohl wissend, dass er nicht einfach ist", sagt Schubert. Bereits seit 2002 arbeite die Stadt nun schon an der Ganztagsbetreuung, schaffe neue Räume und erhöhe ihr Angebot sukzessive. Zwischenstand: 70 Kinderganztagsklassen gibt es derzeit in den Schweinfurter Schulen. "Da befinden wir uns im soliden Mittelfeld", so Schubert.
Dennoch führe kein Weg daran vorbei, gemeinsam mit den Trägern des schulischen Ganztags Konzepte zu entwerfen, sagt der Stadtjugendamtsleiter mit Blick auf die Schulen. Dort gebe es die nötigen Räume und das Personal, das in den Ferien Zeit für die Ganztagsbetreuung haben könnte. Für das Frühjahr 2024 ist eine Schülerbefragung geplant, erklärte Schulamtsleiter Gutermann. Am Ende solle ein individuelles Konzept für jede Schule entstehen.
Knapp drei Jahre haben Stadt und Kommunen nun noch Zeit, den kommenden Ansprüchen gerecht zu werden. Andernfalls könnten hohe Schadensersatzansprüche seitens der Eltern drohen.