Es ist Krieg in Europa und beinah täglich wachen wir mit neuen Schock-Nachrichten aus der Ukraine auf. Plötzlich ist die Bedrohung ganz nah. Ängste vor dem Krieg und Zukunftssorgen haben bei vielen Menschen in den vergangenen Tagen einen neuen Stellenwert erreicht. Doch wie geht man damit um, wenn einen die Angst scheinbar vereinnahmt und die Sorgen nicht aufhören?
Der evangelische Pfarrer Heiko Kuschel der Citykirche in Schweinfurt spricht täglich mit vielen Menschen. Für sie ist er Zuhörer, Ratgeber und Trostspender in einem. Auch Angst ist in den Gesprächen immer wieder ein Thema. Pfarrer Kuschel, verrät fünf Tipps, wie man mit dem bedrückenden Gefühl besser umgehen kann.
1. Tipp: Die Angst annehmen und logisch hinterfragen
Das Wichtigste ist, sich die eigene Angst bewusst zu machen und sie als etwas Normales anzunehmen, so Kuschel. Die aktuellen Geschehnisse auf der Welt seien nun mal bedrückend und beängstigend. Ist man sich der Angst bewusst, sollte man diese logisch hinterfragen. Wie wahrscheinlich ist es, dass der Krieg auch nach Deutschland kommt? Wie hoch ist die Gefahr vor einer nuklearen Eskalation wirklich? Oft helfe schon eine rationale Einordnung, das beklemmende Gefühl etwas loslassen zu können.
Wer noch einen Schritt weiter gehen wolle, rät Kuschel, der könne seine eigenen Ängste und deren Einordnung aufschreiben.
2. Tipp: Den ständigen Konsum negativer Nachrichten unterbrechen
"Doomscrolling" nennt es sich, wenn man sukzessiv negative Nachrichten konsumiert. Wer Ängste hat, versuche diese oft durch immer neue Informationen zu bestätigen. Zwar sei es wichtig, informiert zu sein, man müsse aber auch den Absprung schaffen, sagt Kuschel. Das ständige Auseinandersetzen mit negativen Nachrichten führe langfristig in eine emotionale Abwärtsspirale. "Es ist wichtig, den Notknopf zu drücken und sich einfach mal zurückzuziehen", erklärt der Pfarrer.
3. Tipp: Einfach mal lachen oder singen
Gegen die Angst und bedrückte Stimmung helfe manchmal nur eins: Lachen oder Singen, sagt Kuschel. In Krisenzeiten könne daswahre Wunder vollbringen. Nicht umsonst ist in Berufsgruppen, die sich täglich mit dem Leid anderer konfrontiert sehen, schwarzer Humor häufig ausgeprägt. "Selbst in den größten Ängsten etwas zu finden, worüber man lachen kann", sei laut Kuschel eine sehr gute Methode. Lachen kann im Körper Anspannungen lösen und Endorphine freisetzen. Diese unterdrücken die Ausschüttung des Stresshormons Adrenalin.
4. Tipp: Offen über eigene Ängste sprechen und diese teilen
Man hört es immer wieder: In jeder Krise steckt auch eine Chance. Das bekräftigt auch Pfarrer Kuschel. Es sei wichtig, mit anderen über die eigenen Ängste zu sprechen und sich mit Freunden, Bekannten oder in der Familie auszutauschen. Dabei erkenne man oft, dass man mit seinen Sorgen nicht alleine ist. Diese Erkenntnis helfe, depressiven Stimmungen vorzubeugen, so Kuschel.
5. Tipp: Professionelle Hilfe suchen, wenn die Angst einen vereinnahmt
Hat man das Gefühl, dass einen die negativen Emotionen und Ängste das alltägliche Leben stark einschränken und man selbst aus der Abwärtsspirale nicht herauskommt, sollte man sich professionelle Hilfe suchen. Es sei sehr wichtig, den Punkt zu erkennen, an dem die eigene Kraft nicht mehr ausreiche, erklärt Kuschel. Psychologische Beratungsdienste, seelsorgerische Angebote oder Notrufnummern könnten dann eine geeignete Anlaufstelle sein.