zurück
130 Jahre steht der Turm an der Peterstirn
Schweinfurt Die Peterstirn gehört zu den schönsten Flecken, die die Stadt Schweinfurt zu bieten hat. Seit die Winzerfamilie Dahms den Turmbau erworben hat, ist das Gelände zumindest bei den Weinfesten wieder für jedermann zugänglich.
Von unserem Redaktionsmitglied Gerd landgraf
 |  aktualisiert: 03.12.2006 22:29 Uhr
Der Peterstirnberg ist ganz eng mit den Anfängen der Stadt verknüpft. Auf der Höhe oberhalb des heutigen Turmbaus stand einmal die 1003 erstmals erwähnte Burg der Schweinfurter Markgrafen. Für damalige Zeiten muss es ein riesiges Bauwerk gewesen sein: 170 Meter lang und bis zu 60 Meter breit. Gewaltig war auch die Macht der Schweinfurter Markgrafen. Sie reichte von der Rhön bis nach Eichstätt.

Dem Grafen Berthold hatten die Kaiser Otto II. und III. das Herzogtum Bayern versprochen, doch Kaiser Heinrich II. scherte sich nicht darum. Bertholds Sohn Hezilo zog gegen den Kaiser, wurde geschlagen. Die Schweinfurter Markgrafen, die Babenberger, sanken ab in Richtung Bedeutungslosigkeit.

Weil die Schweinfurter Burg auf ihr Betreiben hin nicht geschleift wurde, gründete Hezilos Mutter unterhalb der Burg (das jetzige Turmgelände gehörte dazu) ein Nonnenkloster. Von der Klosterkirche St. Peter hat der Berg noch heute seinen Namen. Vor 1155 wurde das Nonnen- in ein Mönchskloster der Benediktiner umgewandelt. Dieses bekam den lateinischen Namen Stella Petri. 1263 kam das mittlerweile heruntergekommene Kloster an den Deutschen Orden, 1437 erwarb dann die Stadt die gesamte Peterstirn und ließ die Bauten weitgehend abtragen. Aus der Peterstirn wurde ein Weinberg.

Als 1853 die Eisenbahn gebaut wurde, erwarb der Staat den größten Teil der Peterstirn als Füllgrube, um hier das Material zur Auffüllung des Bahnkörpers zu gewinnen. Die Familie Sattler kaufte seit 1872 dann Teile der Peterstirn, legte wieder Weinberge an. 1874 krönte Carl Sattler die Aussichtskuppe mit dem Karlsturm, wie ihn die Schweinfurter nannten. Mit diesem Bauwerk erinnerte Sattler an den Krieg 1870/71.

1895 kam das Anwesen in den Besitz der Familie Lebküchner (Weingroßhandlung). Im Kriegssjahr 1943 wurde auf dem Grundstück eine Vernebelungsanlage installiert, ein Häuschen für den Offizier und eine Baracke für die Mannschaft angelegt.

Vor zehn Jahren kaufte die Familie Dahms den Turmbau. Den Weinberg bewirtschaftet sie schon weit länger. Sanitäre Anlagen wurden installiert, eine Unterstellhalle gebaut und alsbald das erste Weinfest auf der Peterstirn gefeiert.

Seither geht die Renovierung der Gemäuer Schritt für Schritt weiter. Der Treppenturm wurde saniert, das untere Turmzimmer für kleine Weinproben hergerichtet. Die Mannschaftsbaracke wurde zur Weingutsverwalterwohnung umgebaut. Heuer soll eine Weinprobierschenke in dem historischen Anbau neben dem Treppenturm eingeweiht werden.

Etwas ganz besonderes ist im oberen Turmzimmer zu finden. Vor vier Jahren wurden die dortigen Deckengemälde (bezuschusst vom Land Bayern) hergerichtet. Sie stammen von den Malern Johann Ernst Sattler und Hans Thoma, einem der wichtigsten Vertreter der deutschen Malerei des 19. Jahrhunderts, von dem etliche Werke auch im Museum Georg Schäfer ausgestellt sind. Thoma hatte seinen Freund Sattler 1874 besucht. Beide wohnten auf Schloss Mainberg, das Sattlers Großvater erworben hatte. Im Laufe dieses Besuches entstanden die Decken- und Wandgemälde im oberen Turmzimmer.

Zum Abschluss der Arbeiten schrieb Thoma: "Mutig, ohne viel Plan, fing ich an der Decke an und malte einen Kranz von insektenflügeligen Amoretten. Dann malte ich in die Ecken die vier Winde. Währenddessen trieb sich Sattler an den Wänden herum und malte Marmorsäulen und Amore, die Weinlese halten. In halber Arbeit, nachdem er überall angefangen hatte, sollte ich fertig machen. Es war mir arg, es war alles unten herum so ganz anders als ich die Decke gemacht hatte."

Thoma vollendete das Werk und meinte: "Wir sahen beide zu spät ein, dass so eine Arbeit nur einem Kopfe entspringen kann."

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top