zurück
Schweinfurt
60.000 Euro für einen Fernwärme-Anschluss? Warum die Stadtwerke Schweinfurt in der Kritik stehen
Die Schweinfurter SPD fordert die Stadt auf, die Anschlusskosten der Fernwärme für Schweinfurter Hausbesitzer zu reduzieren. Warum sind diese teils sehr teuer?
Die Stadtwerke Schweinfurt stehen beim Thema Fernwärme derzeit in der Kritik. Es gibt Einzelfälle, bei denen die Anschlusskosten einen mittleren vierstelligen Betrag kosten. Der Stadtrat wird im Frühsommer entscheiden, ob die Anschlusskosten stärker subventioniert werden sollen, wie es die SPD fordert.
Foto: Anand Anders | Die Stadtwerke Schweinfurt stehen beim Thema Fernwärme derzeit in der Kritik. Es gibt Einzelfälle, bei denen die Anschlusskosten einen mittleren vierstelligen Betrag kosten.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 13.05.2024 02:44 Uhr

Klimaneutralität bis 2035, das ist das Ziel der Stadt Schweinfurt. Vor allem die Heizungen in öffentlichen wie privaten Gebäuden müssen dafür klimaneutral werden. Der Ansatz dafür: Fernwärme aus dem Gemeinschaftskraftwerk GKS. Doch mehrere Bürger berichten nun von Angeboten durch die Stadtwerke, bei denen die Anschlusskosten so hoch sind, dass Fernwärme unattraktiv wird.

Hingewiesen auf das Problem hat die SPD-Fraktion, die einen Antrag an Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) stellte, dass die Stadt die von den Stadtwerken festgesetzten Anschlusskosten stärker subventioniert. Bekannt sind drei Fälle, bei denen die Rede von Anschlusskosten zwischen 16.900 und 60.000 Euro war. Bis vergangenes Jahr gab es eine Anschluss-Pauschale von 2545 Euro.

Im Hauptausschuss des Stadtrats stellte SPD-Stadtrat Ralf Hofmann bei der Vorstellung des Antrags fest, seine Fraktion habe "in ein Wespennest" gestochen. Denn: Es sei von weiteren Fällen berichtet worden, bei denen die Anschlusskosten für Fernwärme in Schweinfurt so hoch seien, dass eine Umstellung auf diese Heizungsform nicht wirtschaftlich sei und man sich meist wieder für eine Erdgas-Heizung entschied. Hofmann betonte: "Die Fernwärme sollte in Schweinfurt Priorität genießen. Die Bevölkerung braucht Planungssicherheit und Perspektiven."

Betroffene empfinden Gespräche mit Stadtwerke zu Fernwärme als "Abratungsgespräch"

Auch bei der Redaktion haben sich Betroffene gemeldet, die aber ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchten. In einem Fall in einem Stadtteil wurde von den Stadtwerken in einer Straße gegenüber dem infrage kommenden Gebäude eine Fernwärmeleitung verlegt. Die Diskussion mit Beratern der Stadtwerke erstreckte sich über Jahre. "Dass wir im Vorfeld der Verlegung von Fernwärme in der Nachbarstraße nicht angefragt wurden, hat erstaunt", so der Betroffene.

Er hatte vor längerer Zeit bei einem anderen Haus im Bereich der Innenstadt einen Fernwärmeanschluss legen lassen, ist mit der Technik zufrieden. Doch nun empfand er im Gespräch mit den Stadtwerken die Kommunikation als "Abratungsgespräch". Erst nach mehrmaligem Nachfragen seinerseits habe er im Dezember 2023 eine konkrete Summe für die Anschlussgebühren genannt bekommen. Sie lautete: 60.000 Euro.

In der Bauerngasse in der Schweinfurter Innenstadt haben die Stadtwerke im vergangenen Jahr neue Fernwärmeleitungen verlegt.
Foto: Anand Anders | In der Bauerngasse in der Schweinfurter Innenstadt haben die Stadtwerke im vergangenen Jahr neue Fernwärmeleitungen verlegt.

Wie diese Summe sich zusammensetzte, wurde ihm nicht erläutert, es gibt auch kein schriftliches Angebot. "Es geht um die Transparenz. Wie setzt sich der Preis zusammen?", so der Hausbesitzer, der sich nun, weil die bestehende Heizung erneuert werden musste, für eine Gas-Brennwert-Heizung entschied.

Die von der SPD in ihrem Antrag angesprochenen Fälle liegen in der Krummen Gasse und der Rückertstraße. In einem Fall ging es um 16.900 Euro, in dem anderen um 24.000 Euro Kosten für die Anschlüsse.

60.000 Euro für einen Fernwärme-Anschluss? Warum die Stadtwerke Schweinfurt in der Kritik stehen

Im Hauptausschuss des Stadtrats entwickelte sich bei dem Thema eine rege Diskussion. Stadtwerke-Chef Thomas Kästner ging auf die individuellen Fälle aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht ein, sondern gab einen grundsätzlichen Überblick über die Herangehensweise beim Thema Fernwärme. Den Fortschritt beim Ausbau sieht Kästner als "positiv". Man lege derzeit Wert auf Nachverdichtung des Netzes und habe durchaus Nachfrage von privaten wie gewerblichen Interessenten.

Aber: "Die Baukosten sind massiv gestiegen", verweist Kästner auf ein Problem, das in den vergangenen Monaten den Ausbau des Netzes wie den Anschluss der Häuser extrem verteuerte. Jeder Fall sei anders, betonte Kästner, der auch darauf verwies, dass die in einem Infoblatt zu lesenden Anschlusskosten von 4000 Euro ein Durchschnittswert für den Standardanschluss in einem Neubaugebiet seien, der nicht für alle Anschlussnehmer gleichermaßen gelte.

"Aufgrund der aktuellen Rahmenbedingungen werden die Anschlusskosten derzeit individuell ermittelt. Dabei werden den Kunden in Abhängigkeit von Anschlusslänge, Komplexität und erwarteten Wärmebedarf indikative Kosten mitgeteilt", heißt es von den Stadtwerken in der Sitzungsvorlage. Gerade in der Innenstadt seien aus verschiedenen Gründen höhere Kosten zu erwarten, zum Beispiel wegen der Leitungen im Untergrund. Wichtig sei auch, dass sich die Anschlussnehmer vor der Verlegung der Hauptleitung in der Straße für Fernwärme entscheiden, um kalkulieren zu können. Kästner verwies auch auf Fördermöglichkeiten durch den Bund sowie das Programm der Stadt Schweinfurt.

Fraktionsübergreifende Forderung nach einer schnelleren kommunalen Wärmeplanung

Ein wichtiges Thema in der Diskussion war auch die kommunale Wärmeplanung, die unter anderem Klaus Rehberger, Stefanie Stockinger-von Lackum (beide CSU), Johannes Petersen (SPD), Ayfer Rethschulte (Grüne) und Christiane Michal-Zaiser (proschweinfurt) so schnell wie möglich von der Verwaltung einforderten.

Grundsätzlich hat die Stadt bis Mitte 2028 Zeit, eine kommunale Wärmeplanung vorzulegen. Da offen ist, wie hoch die Förderung des Freistaates Bayern ausfällt, wurde keine Planung in Auftrag gegeben. "Die Wärmeplanung sollte unbedingt von der Stadt selbst vorangetrieben werden", betonte Stefanie Stockinger-von Lackum. Die Fernwärmeanschlüsse selbst seien der zweite Schritt.

Die Stadt plant, das Thema Wärmeplanung und GKS aufzuarbeiten und im Gremium im Frühsommer noch einmal vorzustellen. Erst dann wird über den SPD-Antrag entschieden.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Oliver Schikora
Ayfer Rethschulte
Baukosten
Christlich Soziale Union Bayern Werneck
Diskussionen
Euro
Fernwärme
Gemeinschaftskraftwerk Schweinfurt
Hauseigentümer
Klaus Rehberger
Ralf Hofmann
SPD-Fraktion
Sebastian Remelé
Stadt Schweinfurt
Stadtwerke Schweinfurt
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Thomas Diener
    Außer der Ausrede das alles teurer wird ist den Stadtwerken Schweinfurt nichts eingefallen.
    Und immer wieder der Hinweis auf Fördermöglichkeiten :
    Das sind Steuergelder , welche die Allgemeinheit bezahlt um solche Bürokratien wie
    Stadtwerke zu finanzieren !
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Peter Koch
    Vermutlich ist in den Kosten berücksichtigt, dass aufgegrabene Strassen mehrmals einen neuen Belag brauchen bis dessen Farbton dem Bauausschuss taugt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten