Die große Sopranistin Emma Kirkby war da, der Klarinettist Giora Feidman auch, die King's Singers, die Regensburger Domspatzen oder der Windsbacher Knabenchor. Dazu eine lange Reihe prominenter Organisten, allen voran Olivier Latry, Titularorganist an der Kathedrale Notre-Dame in Paris. Latry war schon viermal zu Gast, das nächste Mal wird er 2025 erwartet.
Der Anlass all dieser hohen Besuche? Die Konzertreihe "Musica Sacra" in der katholischen Pfarrkirche Kreuzauffindung in Grafenrheinfeld (Lkr. Schweinfurt), einem überraschend großen, innen einladend hellen, weithin sichtbaren Barockbau, dessen Türme sich wacker gegen die beherrschende Kulisse der Kühltürme des 2015 stillgelegten Atomkraftwerks behaupten.
Gegründet hat die Reihe vor 25 Jahren der Kirchenmusiker Rainer Aberle (61), damals Regionalkantor in Schweinfurt, heute Diözesanmusikdirektor. Die Pfarrgemeinde Grafenrheinfeld, damals dank sprudelnder Kirchensteuereinnahmen ähnlich wohlhabend wie die politische Gemeinde, wollte eine neue Orgel für die Pfarrkirche. Man bat Aberle um Rat. "Man hat mir gesagt, Herr Aberle, Sie brauchen nicht zu sparen", erzählt der Musiker, der auch Orgelsachverständiger ist.
Wenn an Silvester die Trompete erklingt, ist die Kirche gerammelt voll
Die Kirchengemeinde kam mit dem Orgelbauer Claudius Winterhalter im Schwarzwald ins Geschäft, der ein prachtvolles Instrument mit 43 Registern baute, das am 24. September 1999 festlich in Betrieb genommen wurde. "Es war von Anfang klar, mit dem Instrument muss man mehr machen, als nur Gottesdienst-Begleitung", sagt Aberle. So entstand die Reihe "Musica Sacra", die über das ganze Jahr Konzerte anbietet. Ein Renner ist immer der 31. Dezember, aber nur, wenn ein ganz bestimmtes Instrument erklingt: "Wenn Sie an Silvester Trompete anbieten, ist die Kirche gerammelt voll", sagt Aberle.
Sehr beliebt waren auch die "Klangnächte", die Aberle zusammen mit dem Gerolzhöfer Pfarrer Stefan Mai konzipiert hatte: Musik und Texte zu einem bestimmten Thema, etwa Franz von Assisi, im stimmungsvoll ausgeleuchteten Kirchenraum. Zum Konzept von"Musica Sacra" gehört auch, dass abwechselnd internationale Gäste und Ensembles aus der Region präsentiert werden.
Den Anfang des Jubiläumsprogramms machen am 25. Februar (17 Uhr) unter dem Titel "Da Pacem" ("Gib Frieden") die A-Cappella-Gruppe Apollo5 aus Großbritannien und das Calmus Ensemble aus Leipzig mit jeweils eigenen Teilen von Renaissance bis Gegenwart und dem gemeinsam gesungenen "Da pacem Domine" von Arvo Pärt. Zum Hintergrund: Am 25. Februar 2024 jährt sich zum 80. Mal die Zerstörung des Ortes bei einem alliierten Luftangriff.
Zu den weiteren überregional bekannten Gästen zählen das Ensemble Société Lunaire aus Berlin, das sich auf "extravagante Kammermusik von den Höfen der Könige Frankreichs und Preußens" spezialisiert hat, so das Programm (22. September). Oder der Würzburger Domorganist Stefan Schmidt, der auf der Winterhalter-Orgel zu einer bebilderten Grafenrheinfelder Ortschronik improvisieren wird (3. November). Oder der Saarbrücker Robert Hofmann, Solotrompeter der Deutschen Radio Philharmonie, der das Silvesterkonzert bestreiten wird.
Neben dem Einsatz der Orgel liegt Rainer Aberle die Chormusik besonders am Herzen
Im regionalen Teil der Reihe finden sich Aberles Kammerchor Songcraeft (24. März und 7. Dezember) oder Thomas Glasmeyer und sein Puppentheater, der am 21. Juli mit "Peter und der Wolf" bei einem Sommerfest zu erleben sein wird.
Neben der weithin geschätzten Orgel, die es leicht macht, namhafte Organisten in die Provinz zu locken, liegt Rainer Aberle die Chormusik besonders am Herzen. Wie herb die Einbrüche während der Pandemie waren und sind, erlebt er auch im Amt des Diözesanmusikdirektors, das er seit 14 Monaten ausübt. "Da ist viel kaputtgegangen", erzählt Aberle. Wobei die Chöre nur eine der "vielen Baustellen" sind, die er bei Amtsantritt vorgefunden habe. "Es ist im Grunde ein Sanierungsgebiet."
Das liegt auch daran, dass die Umstrukturierung der Diözese natürlich auch die Musikabteilung trifft. Von 24 hauptamtlichen Kantorenstellen bleiben 18, aus fünf Regionalkantoren werden drei, die zudem weitaus größere Gebiete zu betreuen haben als früher. "Glücklicherweise können wir das alles sozialverträglich umsetzen, die meisten Betroffenen gehen in Ruhestand, für andere habe ich neue Funktionen gefunden", so Aberle
Es ist ein Job zwischen Kunst und Controlling: Der Musiker Aberle muss sich gegen den Verwalter Aberle behaupten. "Darunter leide ich am meisten", sagt der Diözesanmusikdirektor, der derzeit mehr mit Tabellen und Zahlenreihen hantiert als mit Partituren. Andererseits macht es ihm auch Spaß, Prozesse und Abläufe neu zu strukturieren und interne Wege zu verkürzen. "Wir kommen voran. Ich erlebe kaum Schranken, wenn ich meine Ideen präsentiere."
Alle Infos zu Programm und Vorverkauf unter www.musica-sacra-grafenrheinfeld.de