Gleich zwei Jubiläen wurden am Wochenende in der Grafenrheinfelder Pfarrkirche gefeiert: Der 20. Geburtstag der romantisch-symphonischen Winterhalter-Orgel und untrennbar damit verbunden das 20-jährige Bestehen der Konzertreihe klangkunst. Das Geburtstagsständchen kredenzte kein Geringerer als Olivier Latry, weltbekannt für atemberaubendes Orgelspiel und geniale Improvisationen.
Seit 1999 sorgen der Förderverein Musica Sacra und die Katholische Kirchengemeinde für Kultur vor der dörflichen Haustür mit sehr vielen schönen Konzerten. Und doch war dieser Orgelabend etwas ganz Seltenes: ein delikates konzertantes Meisterwerk, ein Abend mit vielen unfassbar kostbaren Klangmomenten. Bereits zum dritten Mal zu Gast in der Pfarrkirche, gab es diesmal kein gewaltiges Orgelbrausen von der Empore, vielmehr bewegte sich Olivier Latry mit fast traumtänzerischer Leichtfüßigkeit über die Pedale. Kraftvoll das Spiel seiner Hände, mal zart, dann wieder rasant, mit höchster Spielfreude und makelloser Technik, gut sichtbar für das Publikum durch die gesponserte Videoübertragung von der Empore auf die Großleinwand im Altarraum.
Von den Wiener Klassikern zu den französischen Komponisten
Eine ungewöhnliche Auswahl zeigte das spannende Programm: Abwechslungsreich und klangfarbenprächtig abgestimmt auf die Winterhalter-Orgel ging es von den Wiener Klassikern Haydn, Beethoven und Mozart zu den französischen Komponisten. Ganz klar im Mittelpunkt aber stand Johann Sebastian Bach. Noch kurz vor dem Brand hat Titularorganist Latry an der gewaltigen Cavaillé-Coll-Orgel der Pariser Kathedrale Notre-Dame eine Bach-CD eingespielt. Das Stück "Passacaille et fugue en Ut mineur" daraus erklingt auch an diesem Orgelabend, dazu gibt es drei Bearbeitungen: das filigrane "Marche du veilleur de nuit" (Widor) und die zwei Zugaben "Mein gläubiges Herr, frohlocke" aus der Bach-Kantate BWV 68 in einer Bearbeitung von Olivier Latry und die Bach-Sinfonia "Wir danken dir, Gott, wir danken dir" aus der Bach-Kantate BWV 29, bearbeitet von Marcel Dupré.
Die ganze Brillanz seiner Kunst zeigte sich dann noch einmal in den Improvisationen über "Gegrüßet seist du Königin". Das hatte sich Rainer Aberle, selbst ein hervorragender Organist, gewünscht. Genial, wie Latry hier mit dem Facettenreichtum spielte, den ihm die "Königin der Instrumente" offerierte und Aberle damit zutiefst rührte: "Nie mehr werde ich vergessen, wie Sie, Herr Latry, heute unsere Orgel gespielt haben", und gleichzeitig anspornte: "Ab morgen werde ich noch mehr üben". Zum Ende dieses eineinhalbstündigen Orgelabends standen alle Zuhörer von ihren Plätzen auf und feierten Olivier Latry, der sich sympathisch-zurückhaltend von der Empore herunter verbeugte, mit ausgiebigem Applaus und Beifallsrufen. Anschließend wurde im Haus der Begegnung weitergefeiert, musikalisch umrahmt von Serena Hart am Marimbaphon.
Fazit der Laudatoren, Dekan Werner Kirchner und Landrat Florian Töpper: Weiter so bei diesem mutigen und großartigen "nachhaltigen Wirken für die Kultur im ländlichen Raum".