Nach einem halben Dutzend übermäßig warmer sowie trockener Jahre und einer Sommerhitze mit bis zu 40 Grad in 2018 und 2019 setzt das Stadtgartenamt auf Sortenreichtum unter den Straßen- und Parkbäumen in "der für die Waldbewohner feindlichen Gegend", so Stadtgärtner Markus Peter. Mit ihm und dessen Chef Axel Meffert (Leiter Servicebetrieb Bau und Stadtgrün) sprach die Redaktion über Überlebenskonzepte für die 25 000 Schweinfurter Stadtbäume.
Die Wärme bring neue Schädlinge
Für Markus Peter und Axel Meffert ist der Klimawandel eine Tatsache. Die Auswirkungen seien in ihrem vollen Umfang nicht abzusehen. In dem sowieso schon trockenen und warmen Schweinfurt habe man längst mit dem jahrzehntelang Umbau des Baumbestandes auf widerstandsfähige Arten begonnen, doch neue tierische wie pflanzliche Schädlinge und auch die Massenvermehrung der "alten Bekannten" beschere als Folge der Erderwärmung immer neue sowie nicht einkalkulierbare Herausforderungen, sagen die beiden.
Vor allem gelte es, die Sommermonate zu überbrücken, denn in diesen würde nochmals weit weniger Regen als zur kalten Jahreszeit fallen, meint Meffert. Ihn beunruhigt der gesunkene Grundwasserspiegel, was auch zur Folge habe, dass man nicht nur ganz junge, sondern auch bereits stattlich gewachsene und 20 Jahre alte Bäume wässern müsse. Als aktuelles Beispiel für neue Baumkrankheiten nennt Markus Peter die Massariakrankheit an den Platanen, weshalb man die Platane aus der Liste der Zukunftsbäume streichen müsse. Ähnlich überraschend und ebenso aktuell sei der Befall der Pappeln durch den Hornissen-Glasflügler. Der Stadtgärtner setzt bei all den Krankheiten, die wohl noch kommen würden, auf Vielfalt, da so der Ausfall einer Sorte nicht gar so arg schmerze.
"Wir fällen Bäume nur, wenn es nicht vermeiden lässt", sagt Axel Meffert. Sinke die Vitalität eines Baums, werde zurückgeschnitten, damit sich der Baum erholen könne. Als Beispiele nennt der Amtsleiter die 150 Jahre alten Roßkastanien in der Alten Bahnhofstraße und jene am Eingang zu den Wehranlagen. Außerdem werde man verstärkt die Luftlanze einsetzen. Druckluft bricht dabei Bodenverdichtungen auf, wodurch die Wasser- und die Luftaufnahme im Wurzelbereich gefördert wird. Außerdem können dann leichter Nährstoffe zugeführt werden.
Bei Neupflanzungen legt Markus Peter Wert auf die Vorbereitung der Pflanzquartiere und auf spezielle Substrate, denn "eher gehört ein 100 Euro teurer Baum in ein 200 Euro teures Pflanzloch, als ein 200-Euro-Baum in ein 100-Euro-Pflanzloch". Gerade im Straßenraum mit einem oft mangelhaften Platzangebot seien möglichst gute Wuchsbedingungen zu schaffen. Bei diesem Punkt fordert der Stadtgärtner ein Umdenken bei den Städteplanern. Für einen Baum sei mindestens eine Fläche in der Größe eines Parkplatzes (zwölf Quadratmeter) einzukalkulieren und nicht nur die vier Quadratmeter im jetzigen Bestand.
Vorgaben durch das Alleenkonzept
Dem vom Stadtrat im Jahr 2018 abgesegneten Alleenkonzept der Gärtner sind alle städtischen Dienststellen zur Förderung des Stadtgrüns verpflichtet. Festgeschrieben ist damit auch die Berücksichtigung der Wuchsbedingungen an den Standorten und der Einsatz von möglichst vielen Baumarten. Das Strategiepapier trägt auch dem Umstand Rechnung, dass viele Straßenbäume zwischen 1920 und 1950 gepflanzt wurden und ihren Vitalitätshöhepunkt erreicht haben, weshalb Neupflanzungen bei der Bestandspflege in den Vordergrund treten.
Die beigefügte Bestandsaufnahme besagt, dass an Schweinfurts Straßen und in den Parkanlagen 6594 Ahornbäume stehen. Außerdem: 1833 Hainbuchen, 1799 Eschen, 1143 Platanen, 2017 Eichen, 911 Robinien, 4006 Linden und 5985 "Sonstige". Ganz überwiegend stehen also Waldbäume am Straßenrand und in den Parkanlagen.
Viele Neupflanzungen
Daran soll sich auch nichts ändern, doch die Gestaltung das Umfeld der Bäume soll verstärkt berücksichtigt werden. So gilt es Kronenhöhe, Größe der Pflanzscheiben, Bedarf an Licht und Sonne sowie an Erdreich und Wasser im Bestand und insbesondere bei Pflanzungen zu berücksichtigen. Konkret geplant sind Baumpflanzungen Am Deutschhof oberhalb des Höllentals, an der Mainlände und an der Gutermann-Promenade, im Zuge der Neugestaltung im Bereich Obere Straße/Martin-Luther-Platz, an der Autobahnzufahrt Schweinfurt/Bergrheinfeld, im neuen Stadtteil Bellevue, auf dem Kasernengelände und auf der Westseite der Maibacher Straße (Höhe Eselshöhe).
Langfristig sind Begrünungen in allen Stadtteilen angeregt, vor allem entlang der Ortsdurchfahrt von Oberndorf, am Hochfeld und im gesamten Bereich zwischen Friedhof und Hauptbahnhof.
Blätter verdürren bei Hitze
Für den kommenden Sommer haben sich die Stadtgärtner auf das Bewässern der Bäume und Sträucher schon vor und während der gesamten Wachtumsperiode eingestellt. Verhindern wird das Stadtgartenamt damit nicht, dass das Gewebe der Blätter bei mehr als 40 Grad zerstört wird und Blätter fallen – nicht wegen Dürre, sondern als Folge der Hitze. Auch deshalb verfolgt der Servicebetrieb mit Interesse Versuche mit fremdländischen Gehölzen in bestehenden Beständen, wovon sich die Landesanstalt für Gartenbau in Veitshöchheim einen stabilen und vielfältigeren Lebensraum verspricht.
Messung der Bodenfeuchte
Einrichten wird das Stadtgartenamt noch heuer Messstellen, die über die Feuchtigkeit in unterschiedlicher Tiefen des Bodens informieren. So wird sich auch zeigen, ob das Gießwasser überhaupt den Wurzelbereich erreicht. Pro Tag werden von den Stadtgärtnern vom Frühjahr bis in den Spätherbst bis zu über 100 Kubikmeter Mainwasser in drei Tankfahrzeugen durch die Stadt gefahren.