Es war ein großes Fest der Musik, eine dreistündige musikalische Zeitreise durch die Epochen der Musik der letzten 150 Jahre. Solange, seit 1872, gibt es die Musikschule Schweinfurt schon, die inzwischen eine Musikschule für Stadt und Land und alle Generationen geworden ist. Der Galaabend zum Jubiläum im Konferenzzentrum auf der Maininsel wurde zur eindrucksvollen Leistungsschau und Demonstration der enormen musikalischen Bandbreite, für die die Lehrangebote heute stehen.
Doch nicht nur dies zeichnete die drittälteste und eine der größten Musikschulen im Freistaat aus. All diese Faktoren und der Rückhalt durch die Kommunalpolitik mache die Schweinfurter Musikschule zu einem "Mercedes unter den Musikschulen", so Michael Dröse, 2. Vorsitzender des Verbandes Bayerischer Sing- und Musikschulen, in seinem Redebeitrag. Die Schweinfurter Musikschule wird über einen gemeinsamen Zweckverband von Stadt und Landkreis betrieben und damit sozusagen zur kommunalen Aufgabe. Eine absolute Rarität in der Musikschul-Landschaft.
Die Geschichte der Musikschule ist ausführlich im Programmheft nachzulesen, beim Galaabend, der auch als Livestream zu sehen war, wurde sie vor allem musikalisch erzählt. Schon vor dem Konferenzzentrum wurden die Gäste von der "Unic! Big Band" unter Leitung von Klaus Hammer musikalisch begrüßt. Eine schöne Geste mit Außenwirkung, so wurden auch alle Schweinfurter, die ihren Feierabend an der Mainpromenade verbrachten, ein stückweit einbezogen in die Feierlichkeiten.
"Wir haben alles aufgeboten, um ihnen einen spannenden Abend zu bereiten", so Moderator Bernd Meidel. Er versprach nicht zu viel, denn der Abend wurde ein bunter Mix aus Interviews, Einspielern von und mit "Ehemaligen" und viel Musik unterschiedlichster Genres. Nach einem ersten Ausrufezeichen mit der Fanfare "Also sprach Zarathustra", dargeboten durch das Turmbläser-Ensemble, war der beinahe schon legendäre "Musikschulsong" endlich live zu hören. Dieses Lied war während der coronabedingten Schließung entstanden. Einzeln waren die Mitwirkenden seinerzeit in die Musikschule gekommen, um ihre Beiträge filmen zu lassen, die später zusammengeschnitten wurden.
Musikschul-Song aus Corona-Tagen endlich live auf der Bühne
Nun standen die Lehrkräfte gemeinsam mit den Kindern der musikalischen Früherziehung auf der Bühne, um diesem von Musiklehrer José Antonio Zambrano Rivas geschriebenen und von seiner Kollegin Canan Semel getexteten Song mit bunten Tüchern in der Hand einen großen Rahmen zu verleihen. "Wir lieben musizieren, haben damit ganz viel Spaß, willst du das bei uns lernen, komm wir zeigen dir wie's geht", heißt es im Text. Eine Zeile, die als Motto für die Musikschule durchgehen könnte.
Im Interview gestand Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé, dass er zu Hause gerne singt und einst Blockflöte gespielt hat. "Die Geige und meine Pubertät gingen getrennte Wege", räumte der OB ein, dass sein folgendes Studium der Violine zeitlich begrenzt war, weil es ihn zum Schlagzeug zog. Auch stellvertretende Landrätin Bettina Bärmann hat eine, wenn auch bescheidene musikalische Vita vorzuweisen: "Ich habe es mal mit der Gitarre versucht." In der Einschätzung, "die Musikschule ist eine großartige Einrichtung, vor allem auch, weil sie so gut geführt wird", sind sich beide einig.
Ein kommunalpolitisches Geige-Gitarre-Duo stand nicht auf dem Programm, dafür ein am Klavier dargebotenes und in die Zeit der Gründung der Musikschule passendes Scherzo, bei dem auch die erst sechsjährige Jana Veronika Pfister mit am Klavier saß. Mit 65 Schülerinnen und Schülern, zu unterweisen an Violine, Querflöte, Klarinette und Trompete, fing man 1872 an. Heute werden rund 3300 Menschen aller Altersklassen auf ihrem Weg zu eigenen musikalischen Fähigkeiten oder deren Auffrischung unterstützt.
Zum Beispiel im Schweinfurter Zupforchester, das – bereichert um eine Querflöte – Musik zum Träumen bot. Es war Musik mit "Kopfkino-Garantie", denn bei dieser sanften Musik erzeugen nicht nur die Titel Fernweh und Urlaubsstimmung. Wie groß die Bandbreite ist, wie viele musikalische Trümpfe die Musikschule auszuspielen vermag, zeigten sich schon im musikalischen Block vor der Pause. Dem Zupforchester folgte das Blockflötenorchester und die mit viel Gefühl von Anna Volz gesungene Arie aus "Die Hochzeit des Figaro".
Für mystische Momente sorgte die mehrfach ausgezeichnete Sidney Richter mit ihrer Harfe. Viel Beifall gab es auch für "Shalom". Das vom ehemaligen und 2018 verstorbenen Schulleiter Karl Haus geschriebene Stück feiert mit Klarinette und Klavier die Lebensfreude. Die Umbaupausen wurden immer wieder genutzt, um Menschen, die die Musikschule prägten, oder deren Karriere mit den ersten Musikstunden in Schweinfurt begann, in vorher aufgezeichneten Einspielern ein Forum zu geben.
Bernd Geith schilderte, wie er 1978 Schulleiter wurde und wie Oberbürgermeister Kurt Petzold und Landrat Karl Beck in ihren Gremien Überzeugungsarbeit für einen gemeinamen Musikschul-Weg von Stadt und Landkreis leisteten und es zur Gründung des Zweckverbandes kam. Brigitte Nöprick, Klavierlehrerin und stellvertretende Schulleiterin, berichtete, wie sie aus der DDR in den Westen flüchtete, um ihre schwere TBC-Erkrankung mit hiesigen Möglichkeiten therapieren zu lassen und ihre musikalische Laufbahn voranzubringen. "An der Musikschule Schweinfurt gab es zeitweise 1200 singende Kinder", so Nöprick. "Es gäbe keine großen Stars, wenn die Musikschulen nicht wären", betonte sie die Wichtigkeit, dass "alle Kinder in allen Dörfern mit Musik in Berührung kommen" und so vielleicht eine lebenslange Liebe zur Musik geweckt werde.
Mit einer flott swingenden Fagott-Ensemble-Version von Randy Newmans "You can leave your hat on", das durch die Interpretation von Joe Cocker zum Welthit wurde, endete der erste Teil des Abends. Jörg Schöner, Sohn des 1980 verstorbenen Schulleiters Karl Schöner, hatte dafür dem Song nach dem Motto "Seit 150 Jahren gibt es diese Schule" einen deutschen Text verpasst. Auch der "Fränkische Patscher", geschrieben von seinem Vater, kam zu musikalischen Ehren.
Nach der Pause zeigte das Sinfonieorchester der Musikschule unter Leitung von Josè Antonio Zambrano Rivas, auf welch hohem Qualitätslevel es unterwegs ist. Edward Griegs "Peer Gynt" kam durch die wohligen Töne der "Morgenstimmung" und die musikalischen Eruptionen aus "In der Halle des Bergkönigs" zu Ehren. Violinistin Evelyn Feser lieferte in Beethovens "Romanze für Violine und Orchester" eine eindrucksvolle Visitenkarte ab.
Nach dem Akkordeonorchester, das mit "Samba Number one" unter Leitung von Gerriet Heuthen gefiel, war die musikalische Zeitreise im Hier und Jetzt angekommen. Vier junge Damen der immer wieder mit Preisen ausgezeichneten Pop-Gesangsklasse lieferten mit ihrer Version von Billie Eilishs' "Bad Guy" ein MTV-reifes Spektakel für Ohren und Augen ab.
"Bei uns ist für jeden etwas dabei, es geht um lebenslanges Lernen und die Freude an der Musik", so Verwaltungsleiter Thomas Barisch und die musikalisch pädagogische Leiterin Andrea Schärringer im Kurzinterview. "Talente gib es viele, man muss sie entdecken, Musikschulen sind ein guter Ort dafür." Solchen Talenten gehörte im opulenten Gänsehaut-Finale mit Abba-Songs noch einmal die Bühne. Spätestens bei "Thank your for the Music" brannten die Handy-Taschenlampen im Saal. Der Abend hätte nicht passender enden können.