
Im Jahr 1872, vor 150 Jahren, wurde in Schweinfurt eine Musikschule gegründet. Seitdem ist viel passiert, hat sich viel verändert und gewandelt. Eines ist geblieben: Die Freude daran, Musik zu machen und sie zu hören. Warum Musik wichtig ist und was die Musikschule vorhat, erzählen Verwaltungsleiter Thomas Barisch und Andrea Schärringer, die musikalisch pädagogische Leiterin.
Andrea Schärringer: Das ist die Hauptfrage. Gerade die Beschäftigung mit der Musik von Kindesbeinen an fördert ein Wohlempfinden und ein Wohlgefühl. Das versuchen wir auch hier zu entwickeln. Wenn ein Kind zu uns kommt und ein Instrument hört, soll das ein glückliches, ein gutes Gefühl bei ihm auslösen. Der nächste Schritt ist dann, ein Instrument zu erlernen. Das macht Freude, lenkt von Alltagsdingen ab. Klar gehört auch ein bisschen Anstrengung dazu. Aber das bringt einen dann einen Schritt weiter. Wir wollen versuchen, dieses Glücksgefühl bei unseren Schülern zu entwickeln.
Thomas Barisch: Musikmachen ist einfach eine tolle Sache, gerade für Kinder und Jugendliche. Das muss man nicht rechtfertigen. Bei uns ist das jetzt auch übrigens für Erwachsene möglich. Aber Musizieren verstärkt auch andere Kompetenzen. Da gibt es viele Untersuchungen.

Barisch: Wir stellen langjährigen Schülern auf Antrag einen so genannten Kompetenznachweis aus, den viele später bei Bewerbungen für alle möglichen Berufe beilegen. Sie haben Teamfähigkeit gezeigt, sind an etwas drangeblieben. Sie haben sich angestrengt, mit anderen gemeinsam etwas erreicht.
Schärringer: Die Arbeitgeber sehen auf einen Blick, dass der Bewerber Leistungsbereitschaft gezeigt hat und konstant an einer Sache dran geblieben ist. Das unterscheidet den Bewerber oft von anderen, die alles mögliche mal ausprobiert haben.
Schärringer: Alle sind willkommen, egal woher sie kommen, welchen Hintergrund sie haben. Egal, ob sie Talent mitbringen. Wir wollen ihnen einen Zugang zur Musik verschaffen. Das Ziel ist, den Schüler da abzuholen, wo er ist. Und ihn dann, seinen Fähigkeiten angemessen, zu fördern. Wir versuchen nicht, aus jedem Schüler eine Spitze zu machen. Diesen Leistungsgedanken haben wir nicht. Er soll etwas lernen, etwas mitnehmen. Wichtig ist für uns, dass die Schüler nach ihrer Ausbildung ihr Musikwissen mit in den Alltag nehmen. Vielleicht weiter Musik machen, ihre Kinder ein Instrument lernen lassen, zum Beispiel. Und, dass sie Lust haben, in Konzerte zu gehen. Wir versuchen auch, unsere Schüler dazu anzuregen. Wir wollen sie auch interessieren für Komponisten und Musikrichtungen.
Barisch: Der erste Kontakt mit der Musikschule ist oft im Vorschulalter. Eltern-Kind-Gruppen, die klassische musikalische Früherziehung. Dank unserer Organisationsform, der Zusammenarbeit von Stadt und Land, können wir das in 19 Gemeinden anbieten. Wir arbeiten auch mit Kindergärten zusammen. Da kann man oft schon sehen, welches Instrument sich für ein Kind eignen würde, was ihm gefallen würde.

Barisch: Es gibt eine "lost generation", Menschen, die noch nie in Kontakt mit klassischer Musik gekommen sind. Das ist schade. Die Kinder gehen aber sehr unbefangen mit Musik um. Sie trennen nicht zwischen Pop und Klassik, ernster und Unterhaltungsmusik. Sie lassen sich darauf ein.
Schärringer: Viele Eltern haben Berührungsängste, glauben, das ist schwere Kost. Oder befürchten, diese Musik nicht zu verstehen. Was nicht stimmt. Wir versuchen, in unseren Konzerten auch immer eine Mischung zu haben. Stücke mit Wiedererkennungswert, aber auch neue Instrumente, neue Musikrichtungen. Die Mischung macht's.
Barisch: Klavier ist das meistgebuchte Instrument. Dann kommt die Gitarre. Blockflöte wird auch gut nachgefragt und auch Streichinstrumente.
Schärringer: Geige fasziniert, das merkt man immer wieder beim Tag der offenen Tür. Viele bleiben bei der Geige stehen, wollen so ein Instrument mal in die Hand nehmen. Ganz neu haben wir jetzt noch die Veeh-Harfe. Dieses Instrument war beim Tag der offenen Tür sehr begehrt.
Barisch: Sehr groß. Von der Klassik bis zum Pop. Vor einen paar Jahren sind wir in den Pop-Gesang eingestiegen mit Canan Semel. Das war vorher als Fach so nicht studierbar. Das ist jetzt auch Jugend-Musiziert-Fach. Wir haben uns der Pop-Musik geöffnet: mit Angeboten wie Bandarbeit, E-Gitarre, E-Bass, Schlagzeug. Wir sind übrigens dankbar, dass die Träger, Stadt und Landkreis, uns immer freie Hand bei der Fächer-Auswahl, bei der pädagogischen Arbeit lassen.
Schärringer: Die Pop-Klasse von Canan Semel ist schon ein Aushängeschild der Schule. Natürlich auch, weil so viele Preisträger daraus kommen. Was Thomas Barisch über die Zusammenarbeit mit den Trägern gesagt hat, kann ich nur unterstützen. Es ist gut, dass wir freie Hand haben. Wir sind an den Eltern, Kindern und Schulen dran, sehen, wo der Trend hingeht.

Barisch: Das Konzept heißt Musikgeragogik. Also quasi Unterricht für alte Menschen. Wir arbeiten mit verschiedenen Senioren- und Pflegeheimen zusammen. Drei Kolleginnen haben sich extra dafür ausbilden lassen. Sie gehen in ganz unterschiedliche Gruppen, die die Einrichtungen zusammenstellen. Das Angebot kommt gut an. Wir kommen an unsere Kapazitätsgrenzen.
Schärringer: Es wird gemeinsam gesungen, oft Volkslieder oder alte Schlager. "Rote Rosen aus Athen", "Im Frühtau zu Berge", zum Beispiel. Viele Menschen erwachen richtig, blühen auf. Eine Demenzgruppe hatte viel Freude am Weihnachtslieder-Singen. Sie konnten die Texte von allen Strophen. Musik, bekannte Lieder, das löst ganz viel positive Emotionen aus.
Barisch und Schärringer: Noch mehr Wertschätzung für unser Team. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich ein großes Lob verdienst. Wir haben gut ausgebildete Lehrer, die ein ehrliches Interesse an den Schülern haben. Das merken Eltern, das merken Einrichtungen. Der Unterricht ist stabil, wir sind ein verlässlicher Partner. Das ist sicher auch ein Teil unseres Erfolgsgeheimnisses.
Folgende Konzerte sind geplant: Ein Galakonzert am Freitag, 8. Juli, um 19 Uhr, im Konferenzzentrum auf der Maininsel, das Sommerkonzert am Samstag, 16. Juli, um 19 Uhr, auf der Open-Air-Bühne am Kessler Field und ein weiteres Open-Air-Konzert am Samstag, 23. Juli, um 19 Uhr, auf der Bühne vor der Kunsthalle. Reservierungen unter Tel.: (0 97 21 )5 15 99 oder per Mail an musikschule@schweinfurt.de