Als am 1. Mai gegen 14 Uhr wieder Ruhe in der Innenstadt Schweinfurts einzog, dürften die Verantwortlichen bei der Polizei und der Stadtverwaltung tief durchgeschnauft haben: Es war ein friedlicher Tag geblieben.
Die Anspannung in der Stadt war am Morgen des 1. Mai spürbar. Mehrere hundert Polizisten waren in Schweinfurt, an jeder Kreuzung sah man Polizeifahrzeuge, am Bahnhof, in der Innenstadt, an den Wehranlagen und am Volksfestplatz wurden Absperrungen aufgebaut. Später flog auch ein Polizeihubschrauber über die Stadt. Angekündigt waren zunächst vier Veranstaltungen, von denen dann aber nur zwei stattfanden: Die DGB-Kundgebung am Marktplatz sowie eine Aktion des Bündnisses "Schweinfurt ist bunt".
Kurzfristig hatte das Bündnis "Schweinfurt auf die Straßen" (SWADS) in der Nacht auf Samstag einen Rückzieher gemacht. Grund war wohl die Niederlage vor dem Verwaltungsgericht Würzburg bei einem Eilantrag. SWADS hatte gegen das von der Verwaltung erlassene Verbot eines sieben Kilometer langen Umzugs und verschiedene Auflagen für die Kundgebung am Volksfestplatz gekämpft, aber verloren. Die Veranstaltung wurde zunächst via Facebook und kurz nach 23.30 Uhr auch gegenüber der Stadtverwaltung abgesagt. SWADS-Sprecher Björn Schmidt bestätigte diese Entscheidung auf Nachfrage dieser Redaktion. Zu dem Gerichtsurteil gab es am Wochenende zunächst keine weitere Stellungnahme des Bündnisses.
Nur wenige Menschen kamen am Volksfestplatz vorbei
Auf den von der Polizei großflächig abgesperrten Volksfestplatz kamen nur vereinzelt Menschen. Das Impfzentrum war am Mai-Feiertag geschlossen. Einem Mann gestattete die Polizei einen stummen Protest im Sitzen. Er empfand unter anderem die Auflagen für die SWADS-Kundgebung im Vergleich zu denen für den DGB auf dem Marktplatz als ungerecht.
Dass das Gelände trotz der nächtlichen Absage so stark gesichert und abgesperrt wurde, begründete die Polizei unter anderem damit, dass nicht sichergestellt sei, dass alle, die eine Teilnahme an der SWADS-Kundgebung geplant hatten, auch wüssten, dass diese nicht stattfinden werde.
Auf dem Marktplatz kamen ab 11 Uhr rund 150 Teilnehmer zur Kundgebung des DGB unter dem Motto "Solidarität ist Zukunft". Verdi-Gewerkschaftssekretärin Marietta Eder forderte einheitliche Tarifverträge für Krankenhäuser und Pflegeheime: "Wir brauchen nicht Applaus für Helden, sondern gerechte Bezahlung für Profis", sagte sie.
Schaeffler-Betriebsratsvorsitzender Jürgen Schenk forderte unter anderem, die "Arbeitnehmer dürfen sich nicht gegeneinander ausspielen lassen". DGB-Kreisvorsitzender Martin Schmidl und DGB-Jugendsekretär Hendrik Toner plädierten für starke Gewerkschaften, um Arbeitnehmerrechte zu schützen. Traditionell wird am 1. Mai das Arbeiterlied "Brüder zur Sonne, zur Freiheit" gesungen – in diesem Jahr kam es vom Band, "doch nächstes Jahr werden wir es umso lauter singen", versprach Martin Schmidl in der Hoffnung auf ein Ende der Corona-Pandemie.
Nach der Veranstaltung auf dem Marktplatz gab es noch eine kurze Aktion des Bündnisses "Schweinfurt ist bunt" auf dem Schillerplatz. "Wir wollen ein Signal setzen für Toleranz und gegen Rassismus", betonte verdi-Bezirksgeschäftsführer Sinan Öztürk. Man gebe "Nazis keinen Raum, in Schweinfurt aufzumarschieren." Die Stadt sei weltoffen und das Bündnis wolle zeigen, "dass wir uns als Gesellschaft nicht spalten lassen."
Lange unklar war, ob die angemeldete Kundgebung der Neonazipartei "Der III. Weg" in den Wehranlagen stattfinden würde. Das starke Polizeiaufgebot dort verwunderte die vielen Spaziergänger und Ausflügler sichtbar. Gegen Mittag wurde dann bekannt, dass die Partei nicht in Schweinfurt, sondern in Sachsen eine Kundgebung durchführte. Aus Reihen des linken Spektrums kam es gegen 13.30 Uhr laut Polizei an den Wehranlagen zu einer Spontanversammlung, die versammlungsrechtlich betreut wurde und störungsfrei ablief.
"Die Polizei zieht ein rundum positives Fazit, das Einsatzkonzept ist gänzlich aufgegangen", heißt es im Bericht des Präsidiums. Die unterfränkische Polizei wurde von Kräften der Bayerischen Bereitschaftspolizei und der Bundespolizei unterstützt. Die Versammlungen des DGB und der Gruppierung "Schweinfurt ist bunt" seien "ohne Störungen verlaufen", schreibt die Polizei.
Im Rahmen des gesamten, mehrere Stunden dauernden Einsatzes seien laut der Pressemitteilung der Polizei im gesamten Stadtgebiet insgesamt 16 Verstöße nach dem Infektionsschutzgesetz festgestellt und angezeigt worden.
Die nächste Herausforderung für die Polizei wartet gleichwohl schon: Für den 8. Mai ist aus der Querdenker-Szene Unterfrankens eine Demonstration am Volksfestplatz angemeldet worden, zu der bis zu 5000 Besucher aus ganz Deutschland erwartet werden. In Sozialen Medien wird bereits dafür geworben. Ob die Veranstaltung genehmigt wird, ist noch offen, die Gespräche zwischen Veranstalter, Stadt und Polizei laufen noch, wie Sozialreferent Jürgen Montag auf Anfrage der Redaktion bestätigte. Die Stadt werde Anfang der Woche einen Bescheid erlassen, gegen den der Veranstalter auch Rechtsmittel einlegen könnte.